Sonntag, 31. Mai 2015

52/52 Challenge: Jeden Tag aufs Neue

Und die Nr. 40.
Diese Kurzgeschichte ist mitten in der Nacht entstanden. Ich dachte, ich setzte mich mal mit meinem Block ans offene Fenster und zünde Kerzen an und schaue mal, was dabei herauskommt.
Viel Spaß beim Lesen. :)

Wort: Tag
Wörter: 699

Jeden Tag aufs Neue

Stell dir vor, du könntest dir jeden Morgen kurz vor dem Aufwachen aussuchen, was an dem Tag passieren soll. Du dürftest dir nicht wünschen, was passiert, nein. Aber du hättest eine Auswahl und könntest ganz frei entscheiden, was passieren soll. Wofür würdest du dich entscheiden?
Würdest du das gewöhnliche Leben eines einfachen Menschen leben? Würdest du dich für die verrückten, ungewöhnlichen Ereignisse entscheiden? Würdest du dich gegen eine Tragödie entscheiden? Würdest du dich für diesen einen Moment, der absolut alles ändert, entscheiden? Würdest du dich für den schönen, leichten Weg entscheiden? Oder würdest du auch schmerzhafte Dinge in Kauf nehmen? Würdest du dich für jeden Tag für etwas anderes entscheiden oder stets das selbe Leben wählen?
Stell dir vor, es wäre wirklich so und du würdest dich bloß nach dem Aufwachen nicht mehr daran erinnern und jede Nacht würdest du dich aufs Neue, ohne jegliches Vorwissen, entscheiden.
Könntest du diese Entscheidung treffen? Würdest du es wollen, diese Wahl? Oder würdest du lieber über jeden Moment einzeln frei bestimmen?
Ich kann euch sagen, dass es im Endeffekt fast egal ist. Ich habe mein Leben auf so viele unterschiedliche Weisen gesehen und kenne so viele verschiedene Möglichkeiten, so vielfältige Variationen, das ich beinahe vergesse, welches Leben ich tatsächlich lebe.
Seid froh. Seid froh, dass ihr nicht alles wisst und nicht alles sehen könnt. Seid froh, denn ihr würdet sonst immer wieder bereuen und wärt nie zufrieden. Ihr würdet stets denken, hätte ich mich doch anders entschieden! Ihr würdet stets grübeln, was anders wäre, wenn ihr einen anderen Weg gewählt hättet.
Mag sein, dass es verführerisch klingt, alle Türen offen stehen zu haben, alles tun zu können und das immer wieder aufs Neue. Aber letztendlich könntet ihr euch trotzdem immer nur für einen Weg entscheiden und ihr könntet nichts rückgängig machen.
Wäre es wirklich besser, alle Möglichkeiten für einen Tag zu kennen? Wäre es nicht am Ende nur hinderlich? Ich weiß es nicht.
Ich lebe das Leben, für das ich mich jeden Tag neu entscheide. Ich weiß, welches Leben ich auch leben könnte. Ich kenne alle Möglichkeiten und könnte jederzeit etwas ändern. Aber könnte das nicht jeder, wenn er es wirklich wollen würde?
Am Anfang war ich fasziniert und voller Begeisterung, als ich sah, was alles sein könnte und mir bewusst wurde, dass es allein in meinen Händen lag und viele Leute eine solche Chance nicht haben.
Heute bin ich abgestumpft und schon beinahe gelangweilt. Jeden Tag könnte ich etwas ändern, könnte alles ändern und ich tue es, weil es spannend ist, aber irgendwann ist mir die Freude daran vergangen. Ich begann mich zu fragen, ob ich ein Ziel habe und ob ich dieses mit all diesen Möglichkeiten vor Augen je würde erreichen können.
Manchmal schließe ich die Augen und wähle blind, weil es keinen Unterschied macht. Natürlich hat es Konsequenzen, so wie alles, aber am nächsten Tag kann ich wieder alles ändern und am Tag darauf wieder und wieder und wieder, bis zu dem Tag, an dem ich sterbe.
Bei denen, die vor dem Aufwachen nicht all diese Möglichkeiten sehen oder es danach wieder vergessen, ist es eigentlich genauso. Bloß wissen sie es nicht und sie sehen nie alles.
Ich beneide sie. Sie wissen noch, was eine wirkliche Entscheidung ist, was große Veränderungen sind, wie sehr Momente zählen. Ich habe das alles vergessen. Ich wünschte, ich könnte auch vergessen, dass ich all diese Möglichkeiten kenne oder zumindest herausfinden, was denn nun für mich der eine richtige Weg ist.
Doch wahrscheinlich ist genau das der Sinn, der hinter meiner Fähigkeit oder wie immer man es nennen mag, steckt. Es gibt ihn nicht, den einen Weg. Du kannst bloß einen Weg gehen, ja, aber du kannst diesen Weg immer wieder verändern, kannst abbiegen, noch einmal zurückgehen, rennen oder schleichen, was immer du willst. Es wird nicht aufhören, bis du stirbst.
Jeder Tag ist ein Neuanfang, eine neue Chance und das musst du nutzen. Nicht wie ich. Ich mache es falsch. Ich habe mich in all den Möglichkeiten verloren, sehe zu viel, denke zu viel. Vielleicht sollte ich auf mein Gefühl vertrauen, mir vor meinem Herzen den Weg weisen lassen. Vielleicht ist das der eine richtige Weg, auch wenn es den gar nicht gibt.

Samstag, 30. Mai 2015

52/52 Challenge: Schattenkrieg - Löwe

Die Nr. 39. :)
Fortsetzung von Schattenkrieg - Der General

Wort: Löwe
Wörter: 680

Schattenkrieg - Löwe

Es war alles, wie immer, ein vollkommen normaler Schultag. Es war Pause und es war laut und eine Reihe Leute, die sich seine Freunde nannten, hatten sich um einen Jungen versammelt. Sie saßen zusammen an ein paar Tischen in der Aula, hingen ab. Tatsächlich waren sie seine Freunde, alle, jeder Einzelne.
Mehr oder weniger zumindest. Er mochte sie, sie waren toll, so verschieden und interessant. Er mochte es, ihre Geschichten zu hören und auch ihrem Schweigen zu lauschen. Und sie mochten ihn, bewunderten ihn und redeten gerne mit ihm.
Manchmal war es anstrengend, aber es war wundervoll, denn sie alle waren wundervoll. Er wusste es einfach. In jedem von ihnen steckte etwas ganz Besonderes.
„Und du denkst wirklich, dass ich es dann hinbekomme?“, fragte ihn ein Mädchen und strich sich nervös ihre schwarzen Haare hinters Ohr.
„Aber klar. Wenn du es willst, kannst du alles schaffen“, lächelte er.
„Dankeschön“, flüsterte sie mit leicht geröteten Wangen.
Nachdem er ihr geholfen und gut zu geredet hatte, half er der nächsten Person und danach der nächsten und der nächsten. Er tat es nicht aus Eigennutz. Okay, ein kleines bisschen vielleicht schon. Denn es machte ihn glücklich. Nichts machte ihn glücklicher, als anderen zu helfen und da sie alle zu ihm kamen, konnte er nicht anders. Wenn er jemanden glücklich machen konnte, warum sollte er es nicht tun? Er wollte es.
Natürlich konnte er nicht alles tun, aber irgendwie helfen konnte man eigentlich immer, also gab er stets sein Bestmögliches.
„Manchmal kommt es mir vor, als hättest du schon deine eigene Sekte“, bemerkte sein bester Freund, als sie sich gerade zum Sportunterricht in der Umkleide umzogen.
Er lachte verlegen und kratzte sich an der Wange. „Ist es wirklich so schlimm?“, fragte er und war ehrlich verunsichert.
Sein bester Freund legte ihm eine Hand auf die Schulter und schaute ihm in die Augen. „Ich frage mich nur, wo du bei allem noch Zeit für dich hast.“ Dann ging er schon mal vor in die Sporthalle.
Er hielt im Schuhe binden inne. „Ich brauche Zeit für mich?“, fragte er sich leise selbst und lachte leicht. Sein Herz war viel zu groß, um es nur für sich alleine zu haben.

Rekrut 1, Löwe
Er hat immer jemanden um sich, meist mehrere Leute. Er sagt zu keiner Bitte ''Nein''. Er hilft immer, wo er kann und ist stets freundlich, zuvorkommend und hilfsbereit. Er hat für jeden ein offenes Ohr und es kümmert ihn, egal wie klein das Problem sein mag. Er hat ein unvorstellbar großes Herz. Deshalb ist er der Löwe, weil er das Herz eines Löwen hat.
Für sein Alter ist er recht klein. Er spielt Handball.
Fazit: Er hat sich genau so entwickelt, wie es geplant war. Mit seinem großen Herzen wird er die Gruppe stabil und zusammen halten. Es wird nicht schwer sein, ihn zu rekrutieren.
Der General seufzte. Der Junge war erst vor einem Monat 16 Jahre alt geworden. Den wollten sie ernsthaft in den Krieg gegen die Schatten und die Krankheit schicken? Damals waren sie zwar auch alle sehr jung gewesen, aber nicht so jung. Wie verzweifelt war das Militär eigentlich?
Na ja, ihm blieb leider keine Wahl. Die Präsidentin, nein, Luchs hatte ihn darum gebeten und das Fortbestehen der Menschheit hing davon ab.
Er ließ sein Smartphone zurück in die Innentasche seiner Jacke gleiten, als die ersten Schüler die Sporthalle verließen. Da bei der Akte auch ein Bild von dem Jungen dabei gewesen war, war es leicht, Löwe zu erkennen.
Ohne weiter nachzudenken, ging er auf den Jungen zu. „Hallo. Ich wurde vom Militär geschickt, um dich für eine spezielle Sondereinheit zu rekrutieren. Sie beobachten dich schon seit einer Weile und es hat sich herausgestellt, dass du der perfekte Kandidat bist. Mein Codename ist ''General'', deiner ''Löwe''. Hier ist meine Marke. Wir werden jetzt zusammen in ein Restaurant fahren, wo ich dir alles weitere erkläre. Auf dem Weg kannst du deine Eltern anrufen.“
Der Junge konnte nur überrascht schauen und nicken. Etwas anderes blieb ihm gar nicht übrig. Keine halbe Stunde später hatte die Sondereinheit ihren ersten Rekruten.

Freitag, 29. Mai 2015

52/52 Challenge: Die Goldfische

Und hier ist auch schon die Nr. 38.
Schreibe im Moment an 42. :) Ziellinie ist in Sicht, würde ich sagen. :D

Fandom: Free!

Wort: Fisch
Wörter: 1601

Die Goldfische

Es war am Jahrestag des Taifuns. Es war ein Samstag und wie jeden Tag wechselte ich die Blumen der Vase, die auf dem Goldfisch Grab stand. Die Goldfische, die mir der alte Fischer einst geschenkt hatte... Der alten Fischer, der damals von dem Taifun getötet worden war, weshalb ich noch immer etwas Angst vor dem Ozean hatte. Etwas war wohl untertrieben, ich hatte ziemlich große Angst. Aber zum Glück musste ich so gut wie nie im Meer schwimmen.
Ich schloss die Augen und dachte an jenen Tag zurück. Allein die Erinnerung ließ mich erzittern. Ich hatte noch immer keinen Weg gefunden, damit klarzukommen, damit abzuschließen. Konnte man das überhaupt?
Manchmal dachte ich dann an Rin, dem etwas ganz ähnliches passiert war. Was ihm passiert war, war sogar noch schlimmer. Er hatte seinen Vater an einen Sturm, ans Meer verloren. Ich hatte ihn immer dafür bewundert, wie stark er war, das durchzustehen. Er hatte einen Weg gefunden, damit umzugehen und wollte Olympischer Schwimmer werden, so wie sein Vater es sich einst erträumt hatte.
Im Vergleich mit seinem erschien mir mein Trauma klein und unbedeutend. Doch das änderte nichts daran, dass es mir schmerzte, an den alten Fischer zu denken.
Ich erhob mich seufzend und erschrak, als ich Haru neben mir stehen sah. „S-Seit wann bist du denn hier?“, brachte ich hervor.
„Seit ein paar Minuten“, erwiderte er, sah mich aber nicht an, sondern schaute auf das Grab. Ganz am Anfang hatte ich gedacht, dass er es vielleicht albern finden könnte, aber das hatte er natürlich nicht. Und jetzt fand er es auch nicht albern, oder? Es waren so viele Jahre vergangen. Eigentlich sollte ich längst damit abgeschlossen haben, oder? War doch peinlich, dass ich wegen sowas Angst vor dem Ozean hatte...
Ich biss mir auf die Unterlippe. Haru und ich kannten einander wie niemand anderen und wir verstanden einander wie niemand anderes. Er fand es ganz bestimmt nicht peinlich. Er verstand mich.
Und doch war da ein leiser Zweifel. Ein Zweifel, der aber absolut nichts mit Haru zu tun hatte, zumindest nicht auf diese Weise. Ich zweifelte nicht an ihm. Ich zweifelte an meinen Gefühlen, wobei zweifeln nicht ganz das richtige Wort war. Nein, ich zweifelte nicht. Ich wusste, was ich fühlte, auch wenn es mir noch nicht sehr lange bewusst war.
„Gehen wir rein“, sagte ich zu Haru und ging vor zur Haustür. Ich zog mir gerade die Schuhe aus, da betrat auch er das Haus. Meine Eltern waren mit den Zwillingen in einen Vergnügungspark gefahren. Mir war nicht so danach zu mute gewesen. Außerdem hatte ich mich schon mit Haru verabredet. Vielleicht wäre er gerne hingegangen? Wir hätten zusammen gehen können...
„Ich mach uns Tee.“ Noch bevor er seine Schuhe aus hatte, war ich schon in der Küche und setzte den Tee auf. Mein Herz schlug ein klein wenig zu schnell. Es wurde immer schlimmer. Eigentlich war er mein Ruhepol, doch in letzter Zeit war ich besonders in seiner Nähe super nervös. Daran hatte ich gemerkt, dass sich etwas an meinen Gefühlen zu ihm verändert hatte. Als ich dann das erste Mal von ihm geträumt hatte, wusste ich, dass ich mehr für ihn fühlte, als Freundschaft.
Für mich ging das völlig in Ordnung. Es war eben das, was ich fühlte und irgendwie überraschte es mich nicht einmal sonderlich. Ich kannte Haru so gut, wir kannten einander so gut. Natürlich liebte ich ihn.
Trotzdem wusste ich absolut nicht, was er darüber dachte. Sicher war ihm aufgefallen, dass etwas an mir anders war. Aber was Zwischenmenschliches betraf, brauchte er lange, um etwas zu erkennen. Er kannte mich genauso gut, wie ich ihn kannte und er war ein sehr guter Beobachter, aber ihm entgingen oft die offensichtlichsten Dinge.
Auf einem kleinen Tablett trug ich die kleine Teekanne und zwei Tassen zum Tisch. Haru hatte sich bereits hingesetzt. Ich setzte mich ebenfalls und schenkte in beide Tassen etwas ein. Er nahm seine gleich in die Hände und pustete. Ich musste lächeln. Wie versunken er immer wirkte. In jeder Kleinigkeit schien er vollkommen aufzugehen, auch wenn er nichts so leidenschaftlich tat, wie das Schwimmen.
Ich pustete ebenfalls, damit der Tee ein klein wenig schneller abkühlte. Er roch wundervoll. Es war ein Beruhigungstee. Sowas brauchte ich jetzt definitiv.
„Du denkst noch oft an das, was damals passiert ist, oder?“, fragte Haru.
Ich erwiderte seinen Blick und nickte. „Ist das seltsam?“
Haru schüttelte mit dem Kopf. „Nein, es ist menschlich.“
„Meinst du? Ich finde, nach all den Jahren, sollte ich endlich mal damit abschließen“, murmelte ich und nahm rasch einen Schluck von dem Tee. Ich verbrannte mir etwas die Zunge, was ich mir nicht anmerken zu lassen versuchte. Das endete damit, das Haru mir ein Glas kalten Saft brachte. Ich hatte zwar gesagt, dass ich es nicht brauchte, aber manchmal war er wirklich schrecklich fürsorglich. Na ja, ich war nicht besser, wenn es ihm in irgendeiner Weise schlecht ging.
Wir tranken den Tee aus, redeten ein bisschen über die Schule und das Schwimmtraining, dann gingen wir hoch in mein Zimmer, um ein bisschen an der Konsole zu zocken. Haru liebte diesen neue Spiel, bei dem wir uns in einer Unterwasserwelt befanden. Ich konnte es ihm nicht verdenken, es war wirklich cool, wobei er vermutlich nur an das ganze Wasser dachte.
Nach ein paar Runden sagte er mir, dass er noch wohin müsse und verabschiedete sich ziemlich plötzlich. Ich war etwas verwirrt. Aber so war Haru nunmal. Wahrscheinlich waren Makrelen irgendwo im Sonderangebot. Wäre nicht das erste Mal, dass er deshalb alles stehen und liegen ließ.
Etwas niedergeschlagen schloss ich die Tür. Heute wollte ich eigentlich nicht alleine sein. Ob ich Nagisa anrufen sollte? Ich wusste, dass er sofort kommen würde. Aber konnte ich seine aufgedrehte Art gerade aushalten? Ich bezweifelte das irgendwie. Ich brauchte Haru.
Ich machte mir erstmal noch eine weitere Tasse von dem Beruhigungstee. Wenn nichts anderes half, Tee half immer. Und Schokolade. Schokolade half auch immer.
Haru war kaum eine Stunde weg, da klingelte es an der Tür. Hatte er Nagisa angerufen, damit der sich um mich kümmerte? Möglich war es. Rücksichtlos war Haru nämlich ganz bestimmt nicht.
Doch als ich die Tür öffnete, stand Haru vor mir. „Haru!“, sagte ich überrascht, verwirrt und erfreut gleichzeitig.
Er sah mich direkt an. „Wenn die Fische noch leben würden, würde das etwas ändern?“ Verwirrt wusste ich zuerst nicht, wovon er sprach und dann wollte ich lachen, aber ich unterdrückte es. Er sah so ernst aus. „Goldfische leben leider nicht sehr lange, Haru.“
„Das stimmt nicht! Ich habe schon gestern in einem Laden gefragt. Es kommt sehr darauf an, wie sie gehalten werden und die, die du damals bekamst, waren schon alt“, erklärte er. Erneut war ich überrascht, wie wichtig ihm das Alles war. Das hatte ich nicht gewusst. War das wegen mir? Weil es mir so wichtig war?
Mir traten schon die Tränen in die Augen, da holte er etwas hinter seinem Rücken hervor. „Sie müssen schnell in ein größeres Aquarium. Sie können zu den anderen Fischen, die Ren und Ran zu ihrem letzten Geburtstag bekommen haben. Ich hab auch deswegen im Laden gefragt.“
Jetzt kamen mir wirklich die Tränen. Ehe ich mich versah, hatte ich schon die Arme um ihn geschlungen und dann... küsste ich ihn. Ich tat es einfach, aus dem Gefühl heraus, aus dem Bauch heraus. Ich war selbst überrascht. Aber es fühlte sich absolut richtig an. Nichts war daran falsch, rein gar nichts.
Und Haru... erwiderte den Kuss. Er erwiderte den Kuss!
Als wir uns voneinander lösten, sah auch er überrascht aus. Ich wollte wieder wachen und ich weinte noch immer etwas vor Rührung.
„Du bist so wundervoll, Haru“, flüsterte ich und er wurde tatsächlich etwas rot.
„Die Fische müssen in das Aquarium“, murmelte er mit abgewandtem Kopf.
„Oh. Ja, klar, lass uns hoch gehen.“ Für einen Moment hatte ich die Fische ganz vergessen.
Wir gingen also hoch und ließen die zwei Goldfische zu denen von Ren und Ran, die sich in einem Aquarium in ihrem Zimmer befanden.
Ich betrachtete die zwei Goldfische, wie sie durchs Wasser schwammen, wie ihre Schuppen glänzten. Sie sahen denen von damals sehr ähnlich.
„Danke“, hauchte ich und sah Haru neben mir an. Er hatte ebenso die Fische betrachtet wie ich. Ich glaube, er wünschte sich oft, selber ein Fisch zu sein. Vielleicht war er es in einem anderen Leben gewesen. Der Gedanke kam mir gar nicht so absurd vor, wenn man bedachte, wie er sich im Wasser bewegte und wie sehr er es liebte.
„Ich wollte einfach irgendetwas tun“, sagte er, den Blick noch immer auf die Fische gerichtet.
Ich griff nach seiner Hand und schob meine Finger in seine. Er zog seine Hand nicht zurück oder ähnliches. „Das hast du. Du hast etwas getan“, lächelte ich. „Ich glaube, du hast es geschafft, dass die Erinnerung an den Fischer jetzt endlich etwas erträglicher für mich ist.“
Ich atmete tief durch und da drückte er meine Hand. Als ich ihn ansah, reckte er sich zu mir hoch und küsste mich.
Seitdem waren wir sowas ähnliches wie zusammen. Wir waren ein Paar. Wir verhielten uns einander gegenüber so und auch anderen gegenüber. Ich wusste, dass Haru gedanklich manchmal noch sehr mit Rin beschäftigt war. Mit Rin war er vorher zusammen gewesen, nicht ganz so öffentlich, aber es war für alle klar gewesen, wie viel die Zwei einander bedeuteten.
Doch Rin war nach Australien gegangen und jetzt war ich mit Haru zusammen. Und ich würde Haru glücklich machen, so wie er mich mit den Goldfischen glücklich gemacht hatte, so wie er mich mit seiner bloßen Anwesenheit glücklich machte.

Donnerstag, 28. Mai 2015

52/52 Challenge: Schattenkrieg - Der General

Nr. 37. \o/
Es geht voran. ;D
Dies wird, wie ich das ja schon einmal hatte, die erste Kurzgeschichte von mehreren zusammenhängenden sein. Keine Ahnung, ob diese Idee außerhalb dieser Challenge irgendeine Chance hat, aber im Moment gefällt sie mir auf jeden Fall sehr gut und fügt sich wunderbar in die Challenge. :)

Wort: General
Wörter: 761


Schattenkrieg - Der General

Er saß in seinem Büro, den Drehstuhl zur Wand gedreht. Die Wand war bedeckt mit eingerahmten Fotos, die er gedankenverloren anstarrte. So viele Menschen, so viele Geschichten, so viele Erinnerungen... Er starrte all die unterschiedlichen Gesichter an und dachte daran, wie sie geredet, gelacht und geweint hatten. Er dachte an die gemeinsamen Momente und das, was davor und danach in ihrem Leben gewesen war oder zumindest hätte sein können. Es waren nur Wenige dabei, die tot waren, aber es waren doch Einige.
Er stieß ein langgezogenes Seufzen aus und wandte sich wieder seinem Schreibtisch zu, auf dem ein Brief lag. Es war nicht besonders lang. Doch er musste auch gar nicht lang sein, der Inhalt und vor allem die Unterschrift der Präsidentin höchstperönlich reichten vollkommen aus, um ihn aus der Bahn zu werfen.
Vor zwei Jahrzehnten war er Mitglied einer speziellen Sondereinheit gewesen. Mit gemischten Gefühlen dachte er an diese Zeit zurück. Als er direkt nach der Schule zum Militär gegangen war, hatte er noch keine Ahnung gehabt. Damals hatte er es getan, weil das in seiner Familie so üblich war und ihm die Vorstellung irgendwie gefallen hatte. Tatsächlich war er auch ein wirklich guter Soldat gewesen und sehr schnell aufgestiegen, was er wohl auch mit seinen familiären Verbindungen innerhalb des Militärs zu verdanken hatte, obwohl das natürlich immer alle abstritten. Aber ihn hatte das nie gestört. Er war auch nie sonderlich stolz darauf gewesen, aber es war okay gewesen.
Es war nach wie vor okay, denn er arbeitete noch immer fürs Militär, wenn auch inzwischen ausschließlich im Büro und er war damit sehr zufrieden, war mit seinem Leben zufrieden. Er war stolz auf das, was er selbst erreicht hatte und ließ sich da nicht von anderen reinreden.
Wie er aber jetzt auf diesen Brief blickte, fühlte er sich mit einem Mal wieder zwanzig Jahre jünger und es verursachte ihm eine Gänsehaut, gleichzeitig setzte es seinen Körper mit einem prickelndem Kribbeln unter Strom. Es war viel schreckliches passiert damals, aber es war auch sehr aufregend gewesen. Es war das größte Abenteuer seines Lebens.
Und jetzt sollte dieses Abenteuer nach zwanzig Jahren plötzlich weitergehen.
Er wusste absolut nicht, was er damit anfangen sollte. Es kam ihm total unwirklich vor. Vielleicht war es ein Traum. Vielleicht war das diese Midlife Crisis, von der immer die Rede war und er wünschte sich bloß, dass er einen solchen Brief bekommen würde.
Aber nein, dafür fühlte es sich viel zu real an und niemals würde er sich das wünschen, was in diesem Brief stand:
General,
ich ersuche dich um Hilfe. Einzig du bist zu dem fähig, um das ich dich bitten muss. Es tut mir im Herzen weh, dir diese Last auf die Schultern zu laden, aber mir bleibt keine andere Wahl. Unser aller Leben hängt davon ab.
Ja, ganz richtig, General, sie sind zurück. Die Schatten sind zurück und mit ihnen die Krankheit. Es ist furchtbar. Ich erhielt die Nachricht erst gestern und ich schreibe dir mit der Eilpost und benutze den Code, den wir damals entwickelt haben, denn du weißt ja, die Geheimhaltung ist von höchster Wichtigkeit.
Um zu meinem Anliegen zu kommen: Leite eine Sondereinheit, so wie du es damals getan hast. Ich weiß, dass du im Herzen noch immer jung bist und das werden auch die Tests zeigen, denen sie dich erneut unterziehen werden. Dir werden junge Soldaten unterstellt, so wie damals. Führe sie, General. Tue es für mich und für die gesamte Menschheit.
In Liebe,
Luchs
Auch ohne die Unterschrift der Präsidentin hätte er sofort erkannt, dass der Brief von ihr kam. Doch sie hatte es offiziell machen müssen, um die höchste Geheimhaltungsstufe fordern zu können.
Er seufzte erneut und schloss die Augen. Er würde also wieder in den Krieg gegen die Schatten ziehen, zusammen mit einem Haufen Kindern. Es würde schrecklich werden und aufregend. Er freute sich nicht, aber er war gespannt und er würde seine Pflicht bestellen. Wenn Luchs ihn darum bat, konnte er nicht anders, auch wenn er sich nach allem, was damals passiert war, eigentlich geschworen hatte, es hinter sich zu lassen.
Doch das Schicksal hatte wohl andere Pläne. Vielleicht würde er dieses Mal die Ungereimtheiten aufdecken, die ihm und seinen Kameraden damals aufgefallen waren. Vielleicht würde er es dieses Mal schaffen, hinter die Fassade zu blicken.
Und wenn nicht er, würden es vielleicht seine Soldaten schaffen.
In jedem Fall würde er dieses Mal dafür sorgen, dass keiner seiner Leute starb und wenn er dafür mit dem Leben bezahlen würde. Niemals wieder würde er zu lassen, einen seiner Leute an die Schatten oder die Krankheit zu verlieren.


Buchprojekt: Der Verstoßene - Die Chroniken von Elisem

Der Verstoßene – Die Chroniken von Elisem

Mein erstes, richtiges Buchprojekt, an dem ich sehr intensiv gearbeitet habe und das eigentlich soweit fertig ist, dass ich es an Verlege schicken will. (Bloß dafür muss ich erstmal noch ein Exposé schreiben, also das Exposé Buch, das ich mir gekauft habe, durchlesen. Und dann noch ein anderes Buch über Verträge schließen etc. durchlesen.) Rein vom Geschriebenen her will ich aber jetzt erstmal grundsätzlich nichts mehr verändern.

So. Was ist das denn nun für ein Buch?
Ein Fantasy-Buch, in dem die Liebesgeschichte sehr im Vordergrund steht.
Das fasst es ganz grob gesagt zusammen, ist natürlich viel zu allgemein und da steckt sehr viel mehr hinter. (Ich habe auch geplant, eine richtige Reihe daraus zu machen, weshalb auch einige Fragen ungeklärt bleiben.)

Kurzbeschreibung (mein erster Versuch...):
Evelyns Tante, die sie sehr gerne hatte, ist überraschend gestorben, ihre Eltern streiten in letzter Zeit des öfteren und die Freundschaft zu ihrer besten Freundin Bea droht zu zerbrechen. Mit der Therapie kann sie sich nicht so wirklich anfreunden und auch die Schulkönigin Dafina, die denkt, sie könnte über alle Schüler herrschen, nervt sie.
Als Anthony an ihre Schule kommt, bekommt ihr Leben mit einem Mal eine ganz neue Bedeutung. Langsam aber sicher ändert er alles. Er ist verschlossen und geheimnisvoll und steht irgendwie unter Dafinas Fuchtel, auch wenn er sich eindeutig dagegen wehrt.
Evelyn spürt eine tiefe Verbindung zu Anthony und er scheint auch in Bezug auf sie etwas zu empfinden, aber Dafina und er selbst stehen den Gefühlen der Beiden im Weg.
Doch Evelyn macht es sich zur Aufgabe, Anthony kennenzulernen und sein Geheimnis herauszufinden, ihm zu helfen. Sie hat das Gefühl, es tun zu müssen, auch dann noch, als Anthony vor ihr davonläuft.

Für einen ersten Versuch ist das ganz gut, würde ich behaupten. ;D
Bzw. klingt das interessant? Würdet ihr das Buch lesen wollen, wenn ihr so eine vielleicht etwas zu lange Kurzbeschreibung lesen würdet?
Ich muss das wahrscheinlich noch üben...
Aber, was die Kurzbeschreibung auf jeden Fall nicht tut, ist zu viel zu verraten und das ist schon mal gut, würde ich behaupten.
Aber vielleicht sollte ich doch schon ansatzweise erwähnen, was es mit Elisem auf sich hat...

Aber gut, ich will ja auch nichts spoilern, also schreibe ich jetzt auch mal nichts zum Titel, weil das in der Geschichte aufgeklärt wird. :) Und ich will sie ja, wie geschrieben, verlegen lassen und dann könnt ihr es ja lesen. ;D

Inspiration:
Die Geschichte, durch die ich überhaupt erst zu allem gefunden habe, was ich heute lebe und liebe – Twilight. Und ja, das gebe ich ganz offen zu, weil, warum auch nicht!? Es ist eben eine Tatsache und ich bin der Story und der Autorin sehr dankbar, weil ich sonst wohl nie meine Liebe zum Schreiben und zu Englisch und zu Büchern und Fantasy usw. (wieder) entdeckt hätte und das wäre doch sehr, sehr schade.
Ich schreibe sehr gerne Fantasy und sehr gerne Liebesgeschichten und ich bin mir ziemlich sicher, dass das deswegen so ist, weil ich das Schreiben durch Twilight (wieder) entdeckt habe und ich finde, das ist gut so. Es liegt mir und beides hat etwas sehr magisches.
Der Verstoßene – Die Chroniken von Elisem ist schon stark von Twilight beeinflusst, würde ich behaupten. Aber es ist dennoch, natürlich, sehr anders, weil es eine eigene, meine eigene Geschichte ist und vor allem am Ende nimmt es eine ganz andere Wendung.

Mit diesem Buchprojekt habe ich mir meine erste, ganz eigene Welt erschaffen und ich liebe sie und will sie unbedingt noch weiter ausbauen und noch ein, zwei Fortsetzungen schreiben!
Vermutlich werde ich heute etwas anders an das Ganze rangehen, wie ich es vorher getan habe, weil man sich gerade beim Schreiben immer weiter entwickelt, aber wenn ich mir mein Geschriebenes nochmal durchlese, schlägt mein Herz höher, weil ich es selbst so wundervoll finde.

Arbeitszeit:
Wie lange ich insgesamt gebraucht habe, weiß ich gar nicht. Wo fängt man da eigentlich an zu rechnen?
Ich weiß, dass ich am Ende der Sekundarstufe I, also etwa in der 8. oder 9. Klasse die ersten Anfänge für die Story geschrieben habe. Der Titel stand sehr früh fest, soweit ich mich erinnere und auch die Grundidee und das ist auch alles die ganze Zeit über so geblieben.
Jetzt bin ich schon mit dem Abi fertig und 19 Jahre alt. Es ist also schon sehr viel Zeit vergangen, aber ich habe ja auch nicht durchgehend geschrieben.
Wie oft ich alles überarbeitet habe, weiß ich auch nicht mehr. Bestimmt 2-3 Mal oder sogar noch mehr.

Ich werde euch mal auf dem Laufenden halten, wenn sich was entwickelt bezüglich Exposé und vor allem zum Verlag schicken. Spätestens wenn mein Buch verlegt ist oder ich mich über Verlage aufregen muss, wird es dazu auf jeden Fall einen Post geben.^^

Mittwoch, 27. Mai 2015

52/52 Challenge: Vergessen, wer man war - Sein, wer man ist

Die 36. Kurzgeschichte. \o/
Dieses Mal wieder Fanfiktion.^^
Fandom: Noragami

Wort: Vergessen
Wörter: 954


Vergessen, wer man war - Sein, wer man ist

Es war die Nacht nach dem Reinigungsritual.
Kofuku hatte Yato und Yukine ein Zimmer in ihrem Haus zur Verfügung gestellt. Es hatte ein Bett, eher ein Futon. Es war nicht so schön wie bei Hiyori, aber es war nirgends so schön wie bei Hiyori. Doch weder Yato noch Yukine wollten sich beschweren. Sie hatten das Reinigungsritual überlebt, das war gerade alles, was zählte.
Yukine sah hinüber zu Yato. Er lag still da und schlief. Yukine sollte auch schlafen. Wie Yato war auch er restlos erschöpft. Aber er schaffte es einfach nicht einzuschlafen. Sonst lag das ja oft an der Dunkelheit. Doch er lag mit Yato zusammen auf dem etwas größeren Futon. Die Dunkelheit war es gerade nicht, die ihm Angst machte. Es war die Zukunft. Die Zukunft, die er nicht hatte. Die Zukunft, die...
Ihm traten Tränen in die Augen. Er drehte sich von Yato weg und zog die Beine an seine Brust, soweit das möglich war. Eine Hand presste er sich auf den Mund, um sein Schluchzen zu unterdrücken. Ein Wimmern entwich ihm dennoch und er konnte seinen Körper nicht daran hindern, zu zittern.
„Yukine, du kannst mit mir reden. Genau dadurch ist das Alles überhaupt erst passiert. Also rede mit mir“, bat Yato leise. Er hatte sich zu Yukine umgedreht. Geschlafen hatte er gar nicht, sondern darauf gewartet, dass Yukine etwas sagte. Aber offenbar musste er selbst den Anfang machen.
„Es ärgert mich einfach alles so unheimlich“, brachte Yukine hervor. „Alles. Ich bin tot und ich weiß nicht einmal, warum oder wer ich war. Ich werde nie älter werden und nie Freunde haben. Ich habe keine Zukunft. Ich...“
„Yukine, sieh mich an. Sieh mich an“, forderte Yato sanft. Nach ein paar Sekunden drehte Yukine sich widerwillig zu seinem Meister um. Die grob weg gewischten Tränen glänzten noch auf seinen Wangen.
Yato widerstand dem Drang seine Hand auf Yukines Wange zu lege. Als sein Meister sollte er solche Gefühle nicht haben. Oder? Er wusste es nicht. Er wusste schon lange nicht mehr, was richtig und falsch war, hatte es nie wirklich gewusst, würde es wohl nie wirklich wissen. Yukine würde wahrscheinlich zurückschrecken und das durfte er nicht riskieren. Nicht, nachdem sie gerade das Reinigungsritual überlebt hatten.
„Mag sein, dass du alles vergessen hast, was du je gewesen bist. Aber das ist auch eine Chance, jemand Neues zu werden. Du kannst jetzt sein, wer du willst. Sein, wer du bist“, erklärte er dem Jungen vor sich, der schniefte.
„Aber wer bin ich denn, Yato?“, fragte er mit dünner Stimme.
Yato holte tief Luft. „Du bist meine Waffe. Du bist ein Teil von mir. Aber nicht nur das. Du bist mein zweites Stück. Ich weiß, dass ich mit dir alles schaffen kann. Jetzt musst nur noch du auch daran glauben“, sagte er ernst und lächelte liebevoll.
Peinlich berührt wich Yukine Yatos Blick aus. Seine Wangen waren etwas gerötet. „Ich hab nicht gewusst, dass ich dir so viel bedeute“, nuschelte er.
„Du bedeutest mir sogar noch viel mehr“, flüsterte Yato, sodass Yukine es kaum hörte. Doch er hörte es und schaute Yato überrascht wieder an. Dieser versuchte unschuldig zu schauen, aber er wusste schon länger, was Sache war, vielleicht sogar von Anfang an.
„Ist das denn... okay?“, fragte Yukine vorsichtig und etwas ungläubig, nachdem er so halbwegs realisiert hatte, dass Yato diese Worte gerade wirklich gesagt hatte.
Yato zuckte mit den Schultern. „Die Meister und ihre Shinki haben eigentlich immer eine sehr enge Bindung. Es ist nicht so ungewöhnlich.“ Erst nachdem er das gesagt hatte, fiel ihm auf, dass Yukine gar nicht zurückgeschreckt war oder ähnliches. Er lag noch immer dicht bei Yato. Vielleicht nur, weil er die Dunkelheit fürchtete. Aber auch sonst war seine Reaktion ziemlich gelassen gewesen, mehr noch, fast schon erleichtert.
„Yukine, fühlst du auch etwas für mich?“
Erneut erschrak Yukine vor dieser Direktheit seines Meisters, aber so war Yato eben. Es war mit eines der Dinge, die ihn zu einem Arschloch machten. Aber auch mit eines der Dinge, die ihn zu jemand Tollem machten. Yato war wirklich ziemlich widersprüchlich. Aber auch das mochte Yukine irgendwie an ihm. Er mochte irgendwie alles an ihm und gleichzeitig mochte er alles an ihm nicht. Gefühle waren wohl auch ziemlich widersprüchlich.
„Ich weiß nicht. Ja, vielleicht“, gestand er leise und ohne Yato ins Gesicht zu sehen. Trotz der Dunkelheit konnte Yato sehen, dass Yukines Wangen dunkelrot angelaufen waren. Er musste ein Kichern unterdrücken. Yukine war einfach zu süß.
Bevor der Blonde diesen schönen Moment noch auf irgendeine Weise kaputt machen konnte, zog Yato ihn in seine Arme und legte seine Lippen auf die von Yukine.
Jetzt musste er endgültig aussehen wie eine Tomate, dachte Yukine und schloss die Augen. Er erwiderte den Kuss, versuchte sich zu entspannen, sagte sich selbst, dass es okay war. Das hatte Yato ja gesagt. Aber na ja, wie viel konnte man schon auf Yatos Wort geben?
Doch in diesem Fall war es egal, wenn Yato einfach nur selbstsüchtig war. Dann nutzte er Yatos Selbstsucht eben genauso aus. Wenn er schon nichts anderes ''Verbotenes'' tun durfte, dann zumindest das. Und er wollte es. Er wollte von Yato gehalten, geküsst, geliebt werden. Yato war alles, was er hatte und alles, was er brauchte. Das wusste er jetzt.
Und Yato war überglücklich. Niemals hätte er gedacht, dass es doch soweit kommen würde. Doch hier war er und küsste Yukine und er schreckte nicht zurück oder schob ihn weg oder ähnliches. Nein, er erwiderte den Kuss, schüchtern und unsicher, aber er erwiderte ihn. Nie zuvor war Yato so erleichtert und so glücklich gewesen. Jetzt konnte er endgültig neu anfangen, mit Yukine an seiner Seite. Yukine, der alles war, was er hatte und alles, was er brauchte.

Dienstag, 26. Mai 2015

52/52 Challenge: Glaubst du an Frieden?

Nr. 35. \o/
Und ja, ich muss jetzt jeden Tag eine Kurzgeschichte hochladen, um es bis zum 12.6. fertig zu schaffen. ;D Und ich sollte auch etwa jeden Tag eine Kurzgeschichte schreiben.^^ Aber ich denke, das lässt sich machen.
Viel Spaß beim Lesen. :)

Wort: Krieg
Wörter: 869


Glaubst du an Frieden?

„Glaubst du an Frieden, Elia?“ Neji sah ihn von der Seite an. Elia konnte seinen Blick auf sich spüren, brennend und kribbelnd, warm und kitzelnd. Er wollte am liebsten sein Gesicht ganz von Neji wegdrehen und gleichzeitig wollte er es ihm zu wenden, um ihm direkt in die offenen Augen sehen zu können.
Er tat keins von Beidem, sondern heute weiterhin geradeaus. Sie saßen auf einem Hügel, von dem aus sie über einen kleinen Teil der Stadt blicken konnte. Es wirkte still und verlassen und weit weg, aber Elia wusste, dass irgendwo in dieser Stadt immer ein Licht brannte, was sowohl ein beruhigender als auch ein trauriger Gedanke war.
„Glaubst du an Frieden?“, wiederholte Neji eindringlicher. Er hatte Elia schon einmal eine ganz ähnliche Frage gestellt. Elias Antwort würde auch ähnlich ausfallen, wie die auf die damalige Frage.
„Ich weiß es nicht, Neji. Ich weiß es wirklich nicht. Nach allem, was ich inzwischen gesehen habe. Nach allem, was ich jetzt weiß... Es ist ein schöner Gedanken – Frieden. Und vielleicht, unter bestimmten Bedingungen, wäre es möglich, aber es ist wohl sehr unwahrscheinlich, dass all diese Bedingungen eintreten. Dafür sind es einfach zu viele und selbst wenn, da diese Bedingungen sich stetig ändern, würde der Frieden irgendwann wieder brechen“, sagte er leise und seufzte.
„Ich denke, es ist eine Sache des Willens“, meinte Neji schlicht und schaute nun ebenfalls wieder den Hügel hinunter auf die Stadt.
Jetzt war es Elia, der ihn von der Seite ansah. Solange Neji seinen Blick nicht erwiderte, musterte Elia ihn und wie so oft hatte er wieder das Gefühl, Neji zum ersten Mal tatsächlich zu sehen. Man könnte glauben, Neji wäre ein Camelion, so oft wie sich neue Seiten an ihm offenbarten. Elia hatte nicht das Gefühl, ihn jemals richtig kennen zu können und irgendwie machte ihn das traurig.
Auf der anderen Seite machte es Neji natürlich auch unheimlich interessant.
„Was meinst du damit, es wäre eine Sache des Willens?“, fragte Elia etwas irritiert. Das war wohl so eine Angewohnheit von Neji, in Rätseln zu sprechen und nie sofort alles zu verraten. Meist war das ja ziemlich nervig. Allerdings machte auch das Neji wiederum unheimlich interessant.
„Na alles“, erwiderte Neji schlicht und wandte Elia sein Gesicht zu, woraufhin er grinste. Elia wurde etwas rot, was ihm peinlich war, aber wegzusehen wäre noch peinlicher, also hielt er dem Blick stand. Auch dann noch, als Neji sich ihm mit seinem ganzen Körper zuwandte.
Er holte tief Luft, bevor er sprach: „Wir kämpfen doch jeden Tag um Frieden, jeder einzelne von uns. Wir führen alle unsere ganz eigenen Kriege und die großen Kriege, das sind nur Projektionen, von dem, was tagtäglich, ja minütlich in uns passiert. Und die Dämonen, die Zerstörer der Universen sind auch nur Manifestationen von den inneren Dämonen, gegen die jeder kämpft. Das wurde von den Leuten meiner Welt sogar wissenschaftlich bewiesen.“
„Also müssten wir nur alle unseren inneren Frieden finden und alle Kriege würden aufhören?“, schlussfolgerte Elia etwas ungläubig. Es klang so leicht, zu leicht.
„Ja, wir müssten nur alle unseren inneren Frieden finden und alle Kriege würden aufhören“, stimmte er zu, doch er sagte es nicht hoffnungsvoll, sondern monoton. Er glaubte nicht daran, dass das jemals möglich sein würde. Den Blick hatte er dabei auf seine Hände in seinem Schoß gerichtet.
Auch Elia schaute auf seine Hände und dann auf die Stadt.
Es würde immer Kriege geben, weil die Menschen immer mit sich selbst und anderen in Konflikt geraten würden. Demnach würde es auch immer Dämonen geben, weil Kriege stets Leid und Schmerz und Opfer und Niederlagen bedeuteten und daran nährten sich Dämonen. Es würde niemals enden.
„Wofür kämpfen wir dann überhaupt?“, fragte Elia leise. Er schaute Neji an, hoffte irgendwie in seinem Gesicht eine zufriedenstellende Antwort zu finden.
Neji lächelte, halb traurig, halb amüsiert. „Das frage ich mich auch manchmal.“ Er schaute kurz auf die Stadt, dann wieder in Elias Gesicht, in seine Augen. „Aber dann fällt mir ein, dass das alles ist, was uns am Leben hält. Alles, was uns lebendig macht. Wir müssen kämpfen, müssen Kriege führen und wenn wir dabei an Frieden denken, ist das schon mal besser, als wenn wir einfach so Chaos stiften und zerstören. Das meinte ich mit dem Willen. Wir wollen Frieden, das ist alles was zählt, auch wenn es wohl nie etwas daran ändern wird, dass es Kriege gibt.“
Elia nickte kaum merklich. Die Antwort war wirklich in Nejis Gesicht, in seinen Augen. Er glaubte nicht an den Frieden, zumindest nicht an den tatsächlichen Frieden. Er glaubte nicht, dass vollkommener Frieden jemals für immer möglich war. Aber er glaubte daran, dass man um Frieden kämpfen konnte, kämpfen musste. Denn würde man es nicht tun, war schon von vornherein alles verloren.
„Du hast Recht. Die Hoffnung und der Glauben sind alles, was zählt. Das müssen wir aufrecht erhalten. Daran müssen wir festhalten.“ Elia lächelte nun ebenfalls. Es war ein hoffnungsvolles Lächeln.
Er schaute wieder auf die Stadt und wusste, er würde sein Bestes geben in diesem Krieg, in den er da unfreiwillig hineingeraten war. Er würde sein Bestes geben und es würde vielleicht nicht genug sein, aber es war alle Male besser als gar nichts.


Montag, 25. Mai 2015

52/52 Challenge: Drachenkristall

Die Nr. 34.
Das ist irgendwie nicht ganz so geworden, wie ich es gerne gehabt hätte... Aber na ja, sollte ich die Idee je richtig ausarbeiten, werde ich das auch mit diesem Teil tun.
Drachenfeuer
1. Seelenfeuer
2. Seelenschwert
3. Drachenseele

Wort: Kristall
Wörter: 1638

Drachenkristall

Die Reise dauerte viele, viele Tage, sogar mehrere Wochen. Wir brauchten keinen ganzen Monat, nur fast. Aber das lag auch nur daran, dass diese Idioten tatsächlich darauf bestanden hatten, mit mir zu kommen. Ich brauchte sie nicht und dennoch hatten sie einfach keine Ruhe gegeben.
Trotz meiner Seelen- und damit auch Gefühllosigkeit wusste ich, was natürlich noch, was Höflichkeit und Freundlichkeit waren. Mehr noch, ich konnte sogar jede Emotion sehr gut kopieren und es so aussehen lassen, als würde ich sie tatsächlich fühlen. Aber wofür sollte ich das tun? Sie wussten alle, dass ich keine Seele mehr besaß. Ich wollte meine Energie nicht für so etwas unnützes verschwenden. Auch für sie wollte ich eigentlich keine Energie verschwenden. Es ärgerte mich ungemein, dass sie mir keine Wahl ließen. Aber weil auch dieser Ärger verschwendete Energie bedeutete, musste ich es wohl oder übel hinnehmen.
Mit Seele wäre ich ihnen wahrscheinlich sehr dankbar gewesen. Tja, aber ich hatte ja keine mehr. Also beschwerte ich mich bei jeder Gelegenheit, ohne mich wirklich aufzuregen, versteht sich und hoffte irgendwie, sie dadurch eventuell doch noch zu vertreiben. Aber nein, sie blieben natürlich stur. Dumme, gefühlvolle Menschen.
Na ja, Hauptsache ich erreichte mein Ziel und das tat ich schlussendlich. Darauf konzentrierte ich mich. Das Ziel war ohnehin das Allerwichtigste. Es war alles, was zählte. Alles, was ich war. Wenn ich meine Mission, die Drachen zu töten, erfüllt hatte, war mein Schicksal vollendet und ich würde eines wohlverdienten Todes sterben.
Ich freute mich nicht darauf. Ich freute mich darauf, die Drachen zu töten, natürlich. Aber was meinen Tod betraf, hatte ich keinerlei Gefühle. Was sollte ich auch groß fühlen? Es war eine unausweichliche Tatsache, die für jeden Menschen am Ende ihres Lebens, am Ende ihres Schicksals stand.
Der Aufstieg über die Berge, hinter denen sich das Tal befand, war der schwerste Teil der ganzen Reise. Ich stieß ein klein wenig an meine Grenzen, da ich keinerlei Erfahrung mit dem Klettern hatte. Einmal mehr hasste ich mein Anhängsel für ihre Existenz.
Doch wieder zählte nur, dass ich es letztendlich schaffte. Auch niemand der anderen stürzte ab oder ähnliches, aber das spielte keine Rollen. Sollten sie doch sterben, schließlich hatten sie sich aus freien Stücken dazu entschieden, mir zu folgen und das quasi gegen meinen Willen.
Aber das war ja nicht das, worauf ich mich konzentrierte. Nein, ich sah jetzt das Tal vor mir. Das Tal der wahnsinnigen Drachen. Hier in der Gegend gab es Gerüchte darüber. Seit Jahrhunderten hatte niemand mehr dieses Tal betreten und auch kein Drache war in all der Zeit gesichtet worden, aber einige Wanderer berichteten von seltsamen Geräuschen und Lichtzeichen. Ich hatte eine alte Zeichnung des Tals gefunden. Die Berge, die das Tal umgaben, wiesen viele, sehr große Höhlen auf. Das war wohl der Grund, warum die Drachen sich damals in dieses Tal geflüchtet hatten, obwohl die Umgebung ansonsten keine guten Lebensbedingungen aufwies.
Dementsprechend war ich nicht verwundert, dass ich keinen Drachen sah, als ich in das Tal hinabblickte. Zeit für den Abstieg.
Der musste allerdings an einer ganz bestimmten Stelle stattfinden. Denn mir war noch etwas anderes zu Ohren gekommen. Der Drachenkrieger, der für die Menschen gekämpft hatte, hatte einen großen Zauber durchgeführt. Dieser Zauber hatte die Lebensenergie der Drachen auf einen Punkt konzentriert und zwar einen riesigen Kristall. Das verhinderte, dass die Drachen einfach hinfliegen konnten, wohin sie wollten. Der eine Drache, der mein Heimatdorf angegriffen hatte, musste den Zauber irgendwie umgangen haben. Und genau das war das Zeichen dafür, dass ich den Kristall zerstören und damit ein für alle Male alle Drachen töten musste.
Die Abstiegsstelle, die zu der deutlich kleineren Höhle mit dem Drachenkristall führen sollte, war schnell gefunden. Der Drachentöter hatte sie damals eigenes erschaffen und markiert. Dementsprechend war auch der Abstieg deutlich leider als der Aufstieg.
Es war zu einfach.
Der Höhleneingang war verschüttet. Es gab noch einen anderen, für den Fall, dass so etwas passieren sollte. Er führte durch einen großen unterirdischen See. Der Eingang zu diesem Weg war zum Glück nicht verschüttet und er war zu klein für einen Drachen. Überhaupt sah ich kein Anzeichen für auch nur einen Drachen. Vielleicht waren sie bereits alle gestorben. Aber sicher war sicher. Ich würde den Kristall zerstören.
Es schien ein leichtes Unterfangen zu werden. Die anderen staunten über die riesige Höhle mit dem See. Ich sah bloß das andere Ende der Höhle. Wie das Schwert war auch der Kristall hinter einer Wand versteckt, die nur Drachenkriegern zugänglich war.
Doch bevor ich auch nur die Hälfte des Weges zurückgelegt hatte, sprang mich mit einem Mal etwas von der Seite an. Nicht etwas, jemand. Ein Er, der etwas kaltes, scharfes an meine Kehle drückte.
„Kein Schritt weiter!“ Seine Stimme war durchdringend, aber weich. Weich, weil er noch sehr jung zu sein schien, höchstens 16 Jahre alt. Würde er sich nicht mit seinem ganzen Gewicht an mich klammern und hätte er mich nicht überrascht, wäre es ein Leichtes gewesen, ihn aus dem Weg zu räumen. Da er aber genau das getan hatte, verlor ich beinahe das Gleichgewicht, aber nur beinahe.
„Wer bist du denn?“, stieß ich hervor. Das Mädchen, deren Schwarm ich war, stützte mich von der Seite, damit ich nicht doch noch umfiel. Ein schnelles Reaktionsvermögen hatte sie, das musste man ihr lassen.
„Ich bin dein schlimmster Albtraum, Drachentöter!“ Seine noch beinahe kindliche Stimme war zu süß. Auch wenn er sehr entschieden sprach, konnte ich ihn nicht ernst nehmen und wollte Lachen.
„Ach ja? Und was willst du tun? Mich umbringen? Dann tue es“, meinte ich amüsiert.
„Mach dich nicht über mich lustig! Ich weiß alles über dich! Die Drachen können dich spüren, sie haben mir alles erzählt! Du willst sie alle umbringen, aber ich werde das verhindern!“, erwiderte er wütend. Jetzt musste ich wirklich lachen. Es hallte in der großen Höhle wieder.
Beleidigt löste sich der Junge von mir und sprang ein Stück zurück, seine Waffe hoch erhoben. Es hatte Ähnlichkeit mit einem Dolch, schien aber aus Stein gefertigt zu sein.
„Was willst du tun, Knirps? Den Überraschungsmoment hast du ja jetzt verstreichen lassen.“ Abwartend sah ich ihn an. Er musterte mich bloß, ohne etwas zu sagen.
„Du bist kalt“, stellte er schließlich fest. „Deine Seelenlosigkeit macht dich kalt.“ Sein Blick war... mitleidig? Traurig? Er schaute mich an, als würde er mich bedauern. Mehr noch, als würde er mich retten wollen.
Ich musste wieder lachen. Was dachte der Knirps sich? „Lass mich einfach durch.“ Ich streckte einen Arm aus und schob ihn zur Seite. Ein brennender Schmerz zog sich plötzlich durch meinen Arm. Ich stöhnte auf, sowohl vor Schmerz als auch vor Schreck. Was...? Ich sah meinen Arm an. Blut Tropfte von meinen Fingern, mein Blut. Er hatte mit seinem Steindolch meinen Unterarm aufgeschlitzt.
Dank meiner Heilfähigkeiten schloss sich der Schnitt bereits wieder langsam. Das änderte aber nichts an der Erniedrigung.
„Dir ist es also ernst“, stellte ich fest. Er presste bloß die Lippen aufeinander und starrte mich an.
Die Minuten verstrichen.
Schließlich trat er dicht auf mich zu und sagte: „Dein Geist ist verdorben. Du hast deine Seele eingetauscht und dadurch alles verloren, was von Bedeutung ist. Du hast das Drachentöterschwert an dich genommen, einen Drachen getötet und bist hier hergekommen, um den Drachenkristall zu zerstören und damit alle anderen Drachen ebenfalls zu töten. Du hast keine Ahnung, was du eigentlich tust, folgst etwas, von dem du denkst, es wäre ein Instinkt. Du kennst weder die Drachen noch ihre Geschichte. Du bist blind und fehlgeleitet. Einer der letzten Drachenkrieger, ein Monster.“
Ich zog die Augenbrauen zusammen. Es hatte geklungen, als würden mehrere Stimmen zu mir sprechen und nicht bloß eine. Die Stimmen der Drachen?
„Du bist genauso wahnsinnig wie diese Drachen“, sagte ich verärgert. „Was machst du überhaupt hier? Lass mich durch und wir bringen dich zurück dorthin, wo du hingehörst.“
„Du verstehst es nicht! Du darfst die Drachen nicht töten! Dein Schicksal ist es, ihr Erretter zu sein!“
„Mein Schicksal ist es, die Drachen zu töten“, widersprach ich und ging an ihm vorbei. Dieses Mal griff er mich nicht an. Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken. Die anderen folgten mir nicht. Sie riefen mir etwas hinterher, aber ich hörte sie nicht.
Ich legte meine Hand auf die Wand, sprach die Worte, die ich in den Aufzeichnungen des damaligen Drachentöters gefunden hatte und die Höhlenwand erbebte und verschwand. Der Kristall leuchtete. Es schien, als wäre er mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt, in der sich weiße Fäden hin und her bewegten. Waren das... die Seelen der Drachen?
Ich hob mein Schwert, um den Kristall zu zerstören. Die Aufzeichnungen des damaligen Drachentöters hatten mir ebenfalls verraten, dass er sein Schwert mit einem Zauber belegt hatte, der den Kristall zerstören konnte.
Doch dann hielt ich mitten in der Beweung inne. Ich weiß nicht, warum. Ich tat es einfach. Langsam streckte ich meine Hand dem Kristall entgegen. Ich wollte... Ich musste... Irgendetwas regte sich in mir, pulsierte, kämpfte. Mein Kopf schmerzte. Alles schmerzte. Ich spürte meine Beine nicht mehr. Ich...
Meine Hand berührte den Kristall und ich schnappte nach Luft.
Ich sah den Jungen. Der Junge, der mich eben angegriffen hatte. Er... Er lebte bei den Drachen, lebte mit ihnen zusammen und sie... sie liebten ihn, behandelten ihn wie eins ihrer Drachenkinder. Oh, ja, sie hatten Drachenkinder. Es waren nicht viele und sie sahen dürr und abgemagert aus, aber sie tollten dennoch glücklich umher und...
Mir wurde schwindelig und schwarz vor Augen. Was war los? Was... Meine Brust schmerzte. Mein Herz zog sich zusammen. Ich schmeckte Tränen und spürte sie meine Wangen hinablaufen. Ich spürte... Alles.
Das-Das waren die Drachen. Sie... Ihre Gefühle... Ihre Seelen, ihre Gedanken strömten durch meinen Körper und füllten das aus, was der Dämon aus mir herausgerissen hatte. Sie gaben mir zurück, was ich verloren hatte. Sie-
Ich verlor das Bewusstsein und kippte zur Seite.

25.05.2015 - Freundschaften

Dear Sweet Heart.

Mit Freundschaften ist das so eine Sache. Wie mit eigentlich allem.
Ich hatte schon mehrere beste Freundinnen, aber aus irgendeinem Grund ist es immer auseinander gegangen, meist einfach weil wir uns auseinander gelebt haben. Mich macht das manchmal sehr traurig, weil ich all diese Menschen sehr gerne hatte und sie jederzeit wieder mit offenen Armen in meinem Leben willkommen heißen würde, was vielleicht nicht sehr schlau wäre, aber ich könnte nicht anders. Nur werden diese Leute wohl nie zurückkommen, einfach weil es nicht passt...
Na ja, ich brauche auch nicht wirklich eine beste Freundin/besten Freund, auch wenn es sehr schön wäre, jemanden zu haben, der einfach immer da ist und für den man so wichtig ist.
Solche besten Freundschaften haben für mich aber bisher auch immer eine gewisse Abhängigkeit von dieser Person bedeutet und das will ich auch einfach nicht mehr.
Die Freunde, die ich jetzt habe, sind toll. Ich bin glücklich, sie zu haben, wirklich. Aber ich sehe sie nicht oft bzw. kann sie nicht oft sehen oder habe sie sogar noch nie Angesicht zu Angesicht gesehen. Das ist auch gar nicht unbedingt schlecht. Dadurch hat man sich mehr zu erzählen, wenn man sich denn mal sieht und ich bin auch nicht jemand, der ständig Kontakt zu anderen Menschen braucht, im Gegenteil. Ich brauche sehr viel Zeit für mich, von daher ist es sogar gut, dass ich so eine gewisse Distanz zu meinen Freunden habe.
Aber es gibt doch auch Momente, wo ich mich dann ziemlich einsam fühle und höchstens eine Umarmung etwas helfen könnte. Und dann stelle ich mir auch so viele Dinge vor, die ich mit meinen Freunden tun könnte, aber entweder habe ich für diese Dinge einfach nicht die richtigen Freunde oder sie sind viel zu weit weg...
Das mit der Entfernung ist ja auch so eine Sache. Einen Großteil meiner Freunde kenne ich durch das Internet und habe hauptsächlich dann auch nur darüber Kontakt mit ihnen. Auch das stört mich ja nicht so wirklich, im Gegenteil. Ich finde es sogar sehr schön und entspannt und man lernt einander kennen, ohne Vorurteile wegen Aussehen und ähnlichem zu haben. Das hat man im Reallife einfach nicht.
Aber warum müssen diese wundervollen Leute dann immer so verdammt weit weg wohnen!? Das ist doch...!
Als ich mich ganz am Anfang so im Internet rumgetrieben habe, hatte ich nie das Bedürfnis, die Leute auch mal zu treffen oder so. Das Schreiben hat völlig ausgereicht und ich habe auch am Anfang auf Twitter nicht verstanden, was die immer mit der Entfernung wollen. Aber jetzt verstehe ich es sehr gut!
Wirklich toll wird es ja dann, wenn die Leute gar nicht mal sooo weit weg wohnen und die Möglichkeiten, zueinander zu kommen, einfach mal so dumm (gemacht) sind, dass es trotzdem total schwer wird, einander zu sehen. Nyaaaaaa. (Danke an die Deutsche Bahn und die Fernbusse an dieser Stelle. >.<)
Ja, das musste ich mal los werden. Und jetzt weiß ich kein Ende für diesen Post, ähm...
Es gibt auf jeden Fall viele Leute, die ich super gerne mal treffen würde und die ich als meine Freunde sehe, auch wenn ich sie nur durchs Internet kenne. Auch mit meinen näher bei mir wohnenden Freunden mache ich natürlich sehr gerne was und ja, irgendwo liegt es bei denen natürlich schon sehr auch in unseren Händen, einfach mal was zu tun. Aber dann hat man keine Zeit und dann ist dies und das und überwinden, die anzuschreiben, muss man sich ja auch erstmal und so weiter.
Na ja, ich bin ja Verfechterin von diesem ''Irgendwie wird das schon''. Weil ''irgendwie'' wird es bestimmt, nur ob es dann auch gut wird, ist die andere Frage. ;D
Aber ich habe Hoffnung und Vertrauen und werde das auch nicht aufgeben. Ich weiß, dass ich mich auf die Leute, die ich meine Freunde nenne, verlassen kann, wenn's drauf ankommt und gerade meine Internetfreunde sind eigentlich immer für mich da und das ist das Wichtigste. :)

Samstag, 23. Mai 2015

52/52 Challenge: Der Traum von ewiger Nacht

Die Nr. 33. :)
Ebenfalls eine Fortsetzung und zwar zur Kurzgeschichte Die Nachtjägerin.
Viel Spaß beim Lesen. :)

Wort: Nacht
Wörter: 1521

Der Traum von ewiger Nacht

Sie saß auf einer Mauer. Vor ihr erstreckte sich die Stadt. Sie sah aus wie ein Meer aus Häusern, zwischen denen sich Straßen hindurchschlängelten wie kilometerlange Algen oder Aale. Die Aale hatten unzählige Augen, die Straßenlaternen, während nur in einigen Häusern noch einzelne Fenster erleuchtet waren.
Wenn die Straßen Aale oder Algen waren, waren die Häuser Steine in dem Meer, einige größer andere kleiner. Doch irgendwie wirkten sie eher wie Monster, die still auf ihren Einsatz warteten und wenn ein Fenster erleuchtet war, war das ein offenes Auge.
Sie schüttelte leicht mit dem Kopf. Was für absurde Gedanken. Besonders, da sie doch wusste, dass in der Dunkelheit der Nacht wahre Monster lauerten. Die Augen schließend atmete sie tief ein, fühlte sie Nacht. Das Blut in ihren Adern rauschte, ihr Herz schlug schneller. Sie war wach, bereit, lebendig. Die Nacht machte sie dazu. Durch das Nachtdämonenblut, das sie als kleines Kind zu sich genommen hatte, war sie selbst zu einem Teil der Nacht geworden.
Der schwarze Anhänger an ihrem Hals wurde warm. Kurz schloss sie die Faust um ihn und der vertraute, silberne Schleier legte sich über ihr Sichtfeld. Dadurch war es ihr möglich, all die Wesen der Nacht zu sehen und zu fühlen.
Sie hörte Schritte hinter sich. Dämonen hatten keine feste Gestalt, sondern konnten sich verwandeln, in was sie wollten, vorausgesetzt sie waren stark genug. Sich in einen Menschen zu verwandeln, war das Schwerste, was nur die Allermächtigsten beherrschten.
Der Nachtdämon hinter ihr war so jemand. Er besaß genug Macht, um die Gestalt eines Menschen anzunehmen. Genug Macht, um sogar fast vollkommen wie ein Mensch zu wirken. Als er sich neben ihr auf der Mauer niederließ, hätte selbst sie aus dem Augenwinkel denken können, er wäre ein Mensch und kein Nachtdämon.
Doch wenn sie auch nur ein bisschen genauer hinsah, erkannte sie die Anzeichen, die ihr schon von klein auf beigebracht worden waren. Die schattenhafte Aura, die große, tiefschwarzen Pupillen, die außer dem Weiß keine andere Augenfarbe zu ließen und einen leichten, schimmernden Schlitz in ihrer Mitte aufwiesen, ähnlich wie die Augen von Katzen. Außerdem konnten Menschen sie normalerweise nicht sehen oder fühlen. Es sei denn jemand verabreichte ihnen eine bestimmte Droge oder ein Nachtdämon berührte sie und zog sie somit auf die dunkle Seite.
„Wie ich sehe hast du tatsächlich auf mich gewartet, Nachtjägerin.“ Er lächelte, ohne sie anzusehen.
Sie presste die Lippen aufeinander und sagte nichts. Was sollte sie auch sagen? Schließlich hatte er in gewisser Weise recht.
„Solltest du nicht Nachtdämonen jagen? Deine Quote wurde doch sicherlich erhöht, oder? Wie hoch ist sie? 30 pro Nacht, 40?“ Er lachte leicht.
Sie spürte den Griff des Dolches in ihrer Hand, vertraut, aber kalt. Sie war kalt. Da war eine Kälte, eine Dunkelheit in ihr, die sie nicht zu überwinden vermochte und vielleicht wollte sie das auch gar nicht.
„Du hast es also endlich eingesehen. Du bist genauso ein Teil der Nacht, wie wir. Und du wünschst dir genauso die ewige Nacht, wie wir. Dann müsstest du nie mehr schlafen und hättest viel mehr Zeit. Und die Nachtdämonen? Die tun dir sowieso nichts, wenn du sie in Ruhe lässt. Wir sind ja schließlich vom selben Blut.“ Er lachte wieder, ein vergnügtes Lachen, das in der stillen Nacht widerhallte.
Analia senkte den Kopf und schwieg weiter. Zum wiederholten Mal stellte sie sich vor, wie es wäre. Wie es wäre, nie mehr müde zu sein. Nie mehr von der Sonne geblendet, vom Licht abgeschreckt und noch müder gemacht zu werden. Nie mehr störende Helligkeit. Nie mehr das Gefühl, fehl am Platz zu sein. Nie mehr kämpfen. Endlich Frieden.
Ja, wenn ewige Nacht sein würde, wären die Tagdämonen besiegt und es würde keinen Krieg mehr zwischen Nacht- und Tagdämonen geben. Und die Menschen, die Menschen waren ja sowieso nur mit hineingezogen worden, weil sie als Werkzeuge dienten. Die Nachtdämonen hatten grundsätzlich absolut kein Interesse an den Menschen.
Hatte sie Interesse an den Menschen? Ein Bild von Rina blitzte in ihrem Kopf auf. Sie mochte Rina sehr. Sie waren irgendwie zusammen. Irgendwie... Es würde für Analia immer nur ein Irgendwie geben. Mit Max hatte sie es versucht. Sie hatte es wirklich versucht, aber es hatte nicht funktioniert. Sie konnte keine feste Beziehung mit einem Menschen führen, weil sie selbst nicht ganz ein Mensch war. Es würde niemals funktionieren.
Kurz dachte sie auch an ihren Zwillingsbruder Andrian. Er hatte damals Tagdämonenblut bekommen und war der Tagjäger. Er konnte sich unsichtbar machen, damit die Menschen ihn nicht sahen. Doch er fühlte sich lebendig im Licht, so wie die Menschen es taten. Während Analia stets vom Mond, den Sternen und der Dunkelheit angezogen wurde, wurde er von der Sonne und ihrem warmen Licht angezogen. Sie würde nie den Tag lieben und tagsüber leben können, niemals. Und wenn dieser Krieg ewig wüten würde, würde sie bis zu ihrem Lebensende Nachtdämonen jagen.
Das war einfach nicht das Leben, das sie wollte. Aber eigentlich wusste sie gar nicht so genau, was sie überhaupt wollte. Ewige Nacht, das klang sehr verlockend.

Das erste Tageslicht fiel durch das Fenster ihres Zimmers, als sie den Vorhang zuzog, damit ja kein Licht hinein kam. Sie wollte sich gerade umziehen, da wurde ihre Zimmertür aufgerissen. Rina würde so etwas niemals tun und Max hatte ihre Privatsphäre immer zu achten versucht, noch mehr seit sie nicht mehr zusammen waren. Also konnte es nur Andrian sein.
„Was willst du?“, fragte sie seufzend.
„Du hast heute Nacht keinen einzigen Nachtdämonen getötet!“, stieß er hervor.
„Na und“, meinte sie schulterzuckend.
„Na und!? Du weißt doch, dass das ein Ungleichgewicht bedeutet! Und wenn ich heute keinen Tagdämon töte, um das Gleichgewicht beizubehalten, wird das als Duldung eingestuft und das ist ein sehr schweres Vergehen!“
„Willst du mir jetzt einen Vortrag halten, oder was?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust.
„Willst du eine Abtrünnige werden, oder was?“, konterte er aufgebracht. Andrian war einer dieser pflichtbewussten Sorte. Nie würde er die Regeln biegen oder gar brechen und das Gleichgewicht, oh, das Gleichgewicht war das Allerheiligste.
„Lass mich einfach in Ruhe, okay?“, sagte sie und drehte ihm den Rücken zu, um sich umziehen zu können.
„Das kann nicht dein Ernst sein!“ Eine Weile wartete er noch, ob sie noch etwas sagen oder tun würde, doch das passierte nicht. Daraufhin stürmte er aus dem Zimmer und knallte die Tür. Sie hörte ihn fluchend vor sich hinmurmeln.
Vielleicht hätte er nach dem Grund fragen sollten. Er hätte vielleicht eine Lösung gewusst oder Analia den Blödsinn, den sie dachte, ausreden können. Doch wie pflichtbewusst er auch war, er war auch sehr impulsiv.
Sie schlüpfte unter ihre Bettdecke und schloss die Augen. Die Erschöpfung, die jeder Tagesbruch mit sich brachte, ließ sie sehr schnell einschlafen.
Irgendwann wachte sie auf. Es war noch Tag, das spürte sie. Warum war sie dann aufgewacht? Weil sie jemanden mit sich im Raum, neben ihr im Bett gespürt hatte. Es war Rina, die völlig fertig aussah und schlief, als hätte sie es nächtelang nicht getan. Ihr Gesichtsausdruck war friedlich, entspannt.
Analia streckte eine Hand aus und berührte Rinas Wange, strich über ihre Haut. Diesen Frieden, den sie gerade in ihrem Gesicht sah, den wünschte sie sich auch. Wenn ewige Nacht einkehren würde, könnte sie ihn haben und zwar nur dort. Nur dort, denn dort gehörte sie hin, in die ewige Nacht.
Ob Rina sich dort auch wohl fühlen würde? Und warum schlief sie jetzt und nicht dann, wann sie es eigentlich als Mensch sollte?
Plötzlich blinzelte sie. Analia lächelte und legte ihre Hand ganz an Rinas Wange. „Hallo“, sagte sie amüsiert. „Hallo“, erwiderte Rina murmelnd und kuschelte sich dichter an Analia. „Schlafen wir noch etwas“, bat sie. Analia wollte fast lachen. Sollte das nicht ihr Satz sein?
„Natürlich. Aber musst du nicht in die Uni?“, fragte sie sanft und streichelte durch Rinas Haar. Sie hatte blonde Locken, die ihr bis zu den Schultern gingen. Sie sah damit aus wie ein Engel. Sie war ein Engel. Ein Engel, der sie aus unerklärlichen Gründen, sehr mochte.
„Sonntags hab ich keine Uni“, antwortete sie murmelnd. „Und ich war die ganze Nacht wach, um dich abzupassen, aber dann bin ich eingeschlafen. Ich hab mich erst vor zwei Stunden zu dir gelegt.“
„Okay. Okay, lass uns schlafen.“ Rina hatte ihre Augen vorher schon wieder geschlossen. Auch Analia schloss sie jetzt wieder, zog Rina aber noch ein kleines bisschen dichter an sich. Sie war so warm, so wunderbar warm. Eine Wärme, die Analia niemals besitzen würde.
Alles würde diese Wärme verlieren, wenn die Nachtdämonen die ewige Nacht heraufbeschworen. Nein, das war auch nicht das, was Analia wollte. Sie wollte... sein wie die Menschen. Ja, vielleicht war es das, was sie wollte. Menschen hatten ein so friedliches Leben. Sie mussten nicht losziehen und Dämonen töten. Sie konnten tun, was sie wollten. Ja, das wollte sie.
Aber das würde sie niemals haben können. Alles, was sie tun konnte, war dafür zu kämpfen, dass die Menschen diesen Frieden behielten, dass Rina diesen Frieden behielt.
Analia drückte einen Kuss auf Rinas Haaransatz. Ihr fiel auf, Rina war ihre Sonne. Niemand durfte diesem Mädchen ihre Wärme nehmen.

Freitag, 22. Mai 2015

52/52 Challenge: Drachenseele

Die Nr. 32. :)
Knüpft, wie der Name vielleicht schon vermuten lässt, direkt an Nr. 31 an.
Im Moment heißt diese größere Idee übrigens ''Drachenfeuer''.
1. Seelenfeuer
2. Seelenschwert

Wort: Drache
Wörter: 1752

Drachenseele

Leicht lag das Schwert in meiner Hand. Es fühlte sich an, als würde es dorthin gehören. Als wäre es eine natürliche Verlängerung meines Armes. Mehr noch, als wäre es ein fester Teil meines Armes. Als wäre es das schon immer gewesen. Es gehörte dorthin. Es gehörte ganz genau dorthin. Wenn ich auch dank dem Tausch meiner Seele gegen Stärke kaum noch so etwas wie Gefühle hatte, das fühlte ich ganz deutlich.
Ebenso fühlte ich, wie die magische Energie des Schwertes durch mich hindurch strömte. Verflucht, hatten sie gesagt, war es. Vielleicht war es das, wenn es jemand Seelenlosen mit sowas wie Leben erfüllte.
Vielleicht verstärkte das Schwert mit seiner Magie aber auch bloß alles, was ich sowieso schon in mir hatte – meine Stärke, meine Geschicklichkeit, meine Magie, mein Verlangen, den Drachen zu töten.
Ich stellte mir nicht die Frage, woher er kam oder was er wollte. Ich dachte auch nicht daran, dass er das Dorf, in dem ich aufgewachsen war, angriff, weil er mich spürte oder etwas in der Art. Ich dachte nicht an übergreifende Dinge, kein bisschen. Alles, woran ich dachte, war ich und der Drache. Es war meine Aufgabe als Nachkomme der Drachenkrieger, ihn zu töten. Schlicht und ergreifend.
Ich tat es nicht aus Heldenmut. Tat es nicht aus Pflicht- oder Verantwortungsgefühl. Tat es nicht, um die Bewohner des Dorfes und der umliegenden Dörfer zu retten.
Nein, es war vielmehr ein Instinkt, schon beinahe ein Bedürfnis, ein angeborenes Verlangen.
Bevor ich den Drachen gesehen, hatte ich diesen Instinkt nicht gekannt, als hätte er geschlummert. Und erst, als ich meine Seele gegen Stärke eingetauscht hatte, war er vollkommen erwacht. Jetzt kannte ich nichts anderes mehr. Dieser Instinkt war alles, woraus ich bestand. Alles, was ich war.
Ich umschloss auch mit der anderen Hand den Griff des Schwerts. Es war ein beidhändiges Schwert, aber ich könnte es auch als Einhandschwert verwenden, bloß würde es mit beiden Händen geführt mehr Schaden anrichten.
Eine leise Stimme in mir sagte, dass es dann schneller, viel zu schnell vorbei sein würde. Was würde ich dann noch haben? Ohne Seele? Ohne Ziel?
Doch die Stimme war zu leise, wurde von dem Instinkt, den Drachen zu töten, überschattet. Das war meine Aufgabe, mein Schicksal. Ich würde den Drachen töten.
Er kreiste über dem Dorf zu meiner Rechten. Noch hatte er nichts in Brand gesetzt, aber es war nur eine Frage der Zeit. Das Feuer war die Natur der Drachen. Meine Natur, die Natur der Drachenkrieger, war das Töten der Drachen. Es pochte in jeder meiner Poren, diese Tatsache.
„Komm!“, rief ich mit lauter Stimme dem Drachen zu. „Komm und stelle dich mir! Kämpfe gegen mich! Ich bin bereit, dich zu töten.“
Zuerst schien es, als habe der Drache mich nicht bemerkt. Warum sollte er auch auf den Ruf eines Menschen hören? Aber ich war nicht bloß ein Mensch, ich war ein Drachenkrieger.
Gerade deshalb sollte der Drache eigentlich abdrehen, rein logisch betrachtet. Doch seit ich erfahren hatte, dass ich ein Nachkomme der Drachenkrieger war, war eigentlich nichts mehr rein logisch. Nicht mehr auf die Weise, wie es das zuvor gewesen war. Magie, Drachen, Schwerter – das ging alles weit über den Verstand eines Bauernjungen hinaus.
Und dennoch stand ich hier, mit einem Schwert und mächtiger Magie in meinen Adern und ohne Seele. Das war der entscheidende Punkt. Hätte ich meine Seele noch, wäre ich vielleicht jetzt am Durchdrehen. Ohne Seele war ich die Ruhe selbst. Ich wusste, dass ich siegen würde. Der Drachentöterinstinkt sagte es mir.
Drachentöter. Das klang doch viel schöner, als Drachenkrieger.
Ich lächelt leicht. „Komm!“, rief ich erneut. „Damit ich dich töten kann, Drache.“
Auf diese Verhöhnung reagierte er dann endlich und wandte seinen Kopf in meine Richtung. Er brauchte nur wenige Schläge seiner gigantischen Flügel, bis er vor mir auf der großen Wiese landete. Im Frühling und im Sommer wurden die Schafe hier rausgeschickt. Da aber bereits Herbst war, war niemand in näherer Reichweite. Selbst mein älterer Bruder, der nicht mein älterer Bruder war und das Mädchen aus dem Dorf, das trotz meiner Seelenlosigkeit noch immer in mich verknallt war, waren nicht mit hier rausgekommen, nannten es ein Selbstmordkommando. Ich wusste, was ich tat. Ich wusste es ganz genau.
Still, zu still stand der Drache vor mir und sah mich aus seinen großen, schwarzen Augen an. Warum tat er das? Warum griff er mich nicht direkt an?
Ich zog die Augenbrauen zusammen und hob mein Schwert noch ein bisschen höher. In dem Moment hob auch der Drache seinen Kopf, streckte ihn dem Himmel entgegen und brüllte, dass mir die Ohren schmerzten. Ich ertrug es irgendwie. Es schien furchtbar lange anzuhalten. Und dann senkte er den Kopf wieder und riss sein Maul auf. Das Feuer schoss direkt auf mich. In letzter Sekunde schaffte ich es, ein Stück nach vorne und zur Seite zu springen. Ich spürte die Hitze der Flammen brennend an meinem Ohr.
Doch ich zögerte nicht. Ebenfalls brüllend, wenn auch natürlich deutlich leiser, stürzte ich nach vorne. Kurz bevor ich den Drachen erreicht hatte, schwang er sich in die Lüfte, um sich in der nächsten Sekunde fallen zu lassen. Ich rollte mich zur Seite, damit er mich nicht unter sich zerquetschte. Dabei hielt ich die Klinge in Richtung seines Körpers ausgestreckt und fügte ihm einen kleinen Schnitt an der rechten Seite zu. Er brüllte auf. Doch eher vor Ärger, als vor Schmerz. Es war wirklich kein tiefer Schnitt gewesen, eher ein Kratzer.
Er schlug mit einem seiner Flügel nach mir und traf meinen rechten Arm, als ich mich weiter zur Seite rollte. Rasch sprang ich auf die Füße. Den Schmerz ignorierte ich. Ich kannte mein Ziel. Ich würde mein Ziel erreichen.
Erneut stürzte ich auf den Drachen zu. Ich musste seine Ungeschicklichkeit und Schwerfälligkeit ausnutzen und natürlich das Schwert richtig einsetzen, was hieß, seine Schwachstelle zu finden und das Schwert tief genug hineinzustechen.
Seine Schwachstelle war sein Bauch, das wusste ich. Ich hatte auch einen Plan, wie ich da herankommen konnte, ohne zerquetscht zu werden. Aber dieser Plan machte sich Gelegenheiten und Chancen zu nutze. Also konnte ich quasi nur Warten und Schritt für Schritt meinem Ziel näherkommen.
Für meinen Körper war das kräftezehrend, aber ich war stark. Dank dem Eintausch meiner Seele war ich sehr stark. Ich würde es schaffen. Das wusste ich.
Und ich schaffte es. Ich schaffte es tatsächlich. Im ersten Moment realisierte ich es nicht. Es ging mit einem Mal so schnell. Nach viel hin und her, viel Schweiß, vielen, oberflächlichen Verletzungen kam ich nah genug heran, um mein Schwert im Bauch des Drachen zu versenken. Er hatte gerade zum Flug angesetzt gehabt. Als ich jetzt die Klinge durch seinen Bauch zog, schrie er. Es klang beinahe menschlich, aber nur beinahe. Es schmerzte noch tausend Mal schlimmer in meinen Ohren als sein Gebrüll. Ich dachte fast, mein Kopf würde gleich explodieren.
Aber es klingelte und pochte bloß in meinen Ohren und die Welt um mich herum klang seltsam dumpf. Da sie aber durch meine Seelenlosigkeit ohnehin schon dumpf geworden war, fiel das kaum weiter auf.
Ich legte meine Hand auf die schuppige Haut des Drachen, um das Schwert herauszuziehen. Ich musste sein Herz getroffen haben, das fühlte ich. Fast, als würde das Schwert zu mir sprechen, bloß dass es Signalwellen durch mein Blut schickte.
Ich lächelte.
Dann legte sich meine komplette Handfläche auf die Haut des Drachen und mit einem Mal sah ich... Dinge. Ich blinzelte, doch sie verschwanden nicht. Was...?
Ich sah unzählige Drachen in einem saftig grünem, blühendem Tal, durch das sich ein tief blauer, glänzender Fluss zog. Ich sah die Welt, in der ich lebte, von oben. Die Drachen, sie flogen über sie hinweg. Sie spien kein Feuer, zündeten nichts an. Stattdessen dienten sie als... Reittiere? Ich sah Menschen auf ihren Rücken sitzen. Und ich sah... Menschen mit ihnen sprechen, sie berühren und umarmen, die Drachen lächelnd ansehend. Ich spürte... eine Verbindung. Eine sehr tiefe, magische und emotionale Verbindung. Jemand sagte, wie froh er war, dass die Drachenkrieger geschaffen worden waren, um zwischen Drachen und Menschen zu vermitteln. Wer weiß, was sonst noch passiert wäre?, sagte jemand. Wenn niemand je erfahren hätte, dass die Drachen denken und handeln wie wir Menschen es tun?
Dann wechselte das Bild, wurde düsterer. Armeen, menschliche Armeen zogen über Straßen und Felder, durch Dörfer und Städte, plünderten, verursachten Chaos, erhoben sich gegen die Drachenkrieger und die Drachen. Es schien nur wenige Drachenkrieger gegeben zu haben und zu jener Zeit waren sie nicht mehr so stark, wie sie es einst gewesen waren. Der damalige Herrscher über die Menschen wusste sich das zu Nutze zu machen.
Ein Drachenkrieger stand auf der Seite der Menschen. Ein Verräter. Er tötete mit seinem Schwert viele Drachen. Dem Drachentöterschwert. Dem Schwert, das ich jetzt in der Hand hielt.
Die Drachenkrieger wurden fast alle vollständig getötet und auch die Drachen beinahe ausgerottet. Sie zogen sich zurück, versteckten sich, lebten von da an abgeschieden von den Menschen, immer in Angst. Das Tal, in dem sie sich verkrochen, war nicht grün und bunt, wie ihr vorheriges. Es war trocken und dürr. Der Fluss war dabei auszutrocknen, die Bäume waren krüppelig und trugen kaum Blätter. Die vorherrschende Farbe war das Orange des Sandgesteins.
Wie das Tal verkümmerten auch die Drachen und verfielen nach und nach dem Wahnsinn.
Hilf uns. Hilf uns, vernahm ich eine brüchige Stimme, die ganz eindeutig dem Drachen vor mir gehörter. Junger Drachenkrieger. Es ist noch nicht zu spät. Hilf uns. Hilf uns...
Ich zog das Drachentöterschwert ein Stück heraus und bohrte es wieder tief in den Leib des Drachen hinein. Ich hatte sein Herz wohl doch noch nicht getroffen oder zumindest noch nicht schlimm genug verletzt.
Der Drache schrie erneut. Schrie, schrie und schrie. Ich dachte, jetzt müsste mein Kopf doch noch explodieren. Doch schließlich hörte das Geschrei auf und der Drache fiel in sich zusammen. Er kippte zur Seite und dann wurde er ganz langsam und doch ganz schnell zu glühender Asche, die vom Wind davon getragen wurde.
Schwer atmend stand ich eine Weile so da und betrachtete das Spektakel. Ich war stolz auf mich. Ich fühlte kein Mitleid oder ähnliches. Drachen gehörten getötet. Sie waren wahnsinnig. Was einst gewesen war, zählte nicht. Es zählte, was jetzt war.
Ich wandte mich von dem toten Drachen ab und richtete meinen Blick in die entgegen gesetzte Richtung. War da eine leise Stimme in mir gewesen, die gefragt hatte, was nach dem Tod dieses Drachen sein würde? Nun, ich wusste es jetzt.
Denn ich kannte den Aufenthaltsort der restlichen Drachen. Ich würde sie alle töten. Jeden Einzelnen.