Sonntag, 29. Juni 2014

Challenge 52/52: Seelenfeuer

Meine vierte Kurzgeschichte ist Teil einer kleinen ''Kurzgeschichten-Reihe''.

Wort: Seele
Wörter: 1316


Seelenfeuer

Sie hielten die Drachen immer für eine Legende. Als Kind habe ich mir immer die Geschichten angehört, die sie sich im Dorf erzählt haben. Es waren unglaubliche Geschichten von Feuer und Heldenmut, Abenteuer mit genau dem richtigen Grad an Nervenkitzel.
Damals habe ich mir oft vorgestellt, Teil eines solchen Abenteuers zu sein. Dabei wollte ich gar nicht unbedingt der Held sein. Ich hatte nicht so hohe Ansprüche. Der beste Freund des Helds zu sein, wäre auch in Ordnung für mich oder irgendein Fremder, den der Held und seine Gefährten auf ihrer Reise trafen, solange ich bloß ein Teil des Abenteuers wäre. Später hätte ich dann meinen Kindern davon erzählt und sie hätten mich mit großen bewundernden Augen angesehen, weil ich den Mann getroffen hatte, der einen Drachen tötete.
Desto älter ich wurde desto mehr realisierte ich, dass es blöde Kinderfantasien waren, die ich mir zusammen spann, weil das Leben im Dorf nicht sonderlich aufregend war. Allerdings blieb eines in all den Jahren unverändert: der stille Glaube, dass die Drachen keine Legende waren, sondern tatsächlich existierten.
Und es kam der Tag, an dem ich in diesem Glauben bestätigt wurde.
Mitten in der Nacht riss mich mein älterer Bruder aus dem Schlaf. Ich dachte, es wäre etwas mit den Tieren. Doch nachdem ich mich schnell umgezogen hatte und ihm aus dem Haus folgte, sah ich, dass es ein paar Häuser weiter brannte. Es hatten sich bereits viele Nachbarn versammelt, um das Feuer unter Kontrolle zu bringen und zu löschen. Gemeinsam schafften wir es, aber es blieb nicht bei diesem einen Feuer. In den darauffolgenden Nächten brachen immer neue Feuer aus und jedes Mal war die Ursache für den Brand unbekannt.
Gerüche machten den Umlauf. Viele glaubten, es wären Brandstifter, aber es gab keine Beweise. Bei dem fünften Brand schnappte ich ein paar Worte auf, die ich auch zuvor schon gehört hatte. Jemand behauptete anscheinend, dass er ein Brüllen und Flügelschläge gehört hätte, bevor das Feuer ausbrach. Irgendjemand habe sogar davon gesprochen, einen Drachen gesehen zu haben.
Ein paar Nächte später saß ich vor dem Haus und betrachtete den Sternenhimmel, da sah ich ihn. Seine Schuppen glänzten im Mondlicht und er wirkte selbst aus der Entfernung riesig.
In der Nacht brach in unserem Dorf kein Feuer aus, aber ich hörte später davon, dass in unserem Nachbardorf ein Brand beinahe außer Kontrolle geraten wäre und zwei Häuser niederbrannte.
Am Tag nach meiner Sichtung des Drachen – und ich glaubte meinen Augen –, sprach mich auf dem Markt ein alter Mann an.
„Ich weiß, dass du ihn letzte Nacht gesehen hast“, sagte er. „Den Drachen.“
„Wer sind Sie?“
„Jemand, der weiß, warum deine Eltern ermordet wurden.“
Hätte er meine Eltern nicht erwähnt, hätte ich ihn als Schwätzer abgetan und ihn ignoriert, aber so konnte ich es nicht. Es war erst fünf Jahre her, seit meine Eltern getötet worden waren. Sie waren in die Stadt gefahren und nie zurückgekehrt. Als mein Bruder und ich Nachforschungen anstellten, sagte man uns, es wären Taschendiebe gewesen. Ich wollte nie wahr haben, dass meine Eltern wegen etwas solch Sinnlosem ihr Leben lassen mussten.
Also hörte ich dem Mann zu und er erzählte mir von den Drachenkriegern, die es vor mehreren Jahrhunderten gab und er sagte, ich wäre ein Nachkomme eben jener Krieger. Zuerst glaubte ich ihm nicht. Wer würde eine solche Geschichte auch glauben? Allerdings reagierte mein älterer Bruder äußerst seltsam, als ich ihm von dem Mann und seiner Behauptung berichtete. Er war nicht bloß verblüfft, er hatte diese Geschichte schon einmal gehört – von unseren Eltern.
Er wusste noch mehr über unsere Herkunft, über meine Herkunft. Tatsächlich war er nämlich nicht mein Bruder. Vor langer Zeit hatten meine Eltern mich gerettet und als ihren Sohn groß gezogen. Meine wahre Herkunft hatten sie mir zu meiner eigenen Sicherheit verschwiegen. Meinem Bruder hatten sie es in der Nacht, bevor sie in die Stadt gefahren waren, erzählt.
„Und was bedeutet das jetzt?“, fragte ich und grub die Hände in mein Haar, sah meinen großen Bruder hilflos an.
„Nichts hat sich geändert“, meinte er. „Sie waren deine Eltern und ich bin dein Bruder.“
Ich biss mir auf die Unterlippe. „Davon rede ich nicht. Was bedeutet es in Bezug auf den Drachen? Ziehe ich ihn magisch an, oder wie? Kann ich irgendetwas tun, dass er verschwindet?“
„Cendrik, es ist nicht deine Schuld“, beeilte er sich zu sagen und blickte mich besorgt an.
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Wenn es einen Weg gibt, etwas gegen diesen Drachen zu tun, sag es mir.“ Ernst schaute ich ihm ins Gesicht. Ihm war bewusst, dass er es mir schuldig war, die Wahrheit zu sagen. Nachdem ich praktisch eine Lüge gelebt hatte, auch wenn ich weder ihm noch meinen Eltern einen Vorwurf machte, durfte er mir die Wahrheit nicht vorenthalten.
Nach einem tiefen Seufzen teilte er mir alles mit, was er wusste.
Dass ich der letzte Drachenkrieger war und meine Kräfte sehr schwach waren und dass es nur eine Möglichkeit gab, mich stärker zu machen.
„Du solltest das nicht tun, Cendrik. Du wirst danach nicht mehr du selbst sein. Mutter und Vater hätten das nicht gewollt.“
„Es ist meine Entscheidung!“ Eindringlich sah ich ihn an und er wandte den Blick ab. Er konnte es nicht verstehen. Er konnte nicht verstehen, dass es meine Schuld war, dass Mutter und Vater getötet worden waren, weil sie meinen Aufenthaltsort nicht hatten verraten wollen. Es war meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihr Tod nicht umsonst war. Und es war meine Verantwortung, die Menschen unseres und der anderen Dörfer vor dem Drachen zu retten.

„Du willst also deine Seele verkaufen, hm?“ Ein grausiges Grinsen lag auf seinem Gesicht.
„Nicht verkaufen. Eintauschen. Ich möchte meine Seele eintauschen“, erklärte ich mit schmerzender Brust und leichter Atemnot. Die Luft um mich herum war heiß, sie schien zu brennen und dieses Brennen fraß sich in meine Haut und meinen Hals und mein Herz.
„Das macht doch keinen Unterschied. Verkaufen, Eintauschen, Stehlen. Ist doch alles dasselbe.“ Das grausige Grinsen schien ihm ins Gesicht gemeißelt. Es war nicht das einzige Grausige an ihm. Seine gesamte Erscheinung war grausig und ihn als eine Erscheinung zu bezeichnen war leicht übertrieben. Eher bestand er aus Rauch und Asche, ein formloses Wesen, das neben seinem Gesicht keine feste Gestalt aufwies. Dort, wo sich seine Augen befunden hätten, züngelten kleine Flammen und, wo sein Mund gewesen wäre, befand sich ein schwarzes Loch, das sich hin und wieder kräuselte und ausweitete.
„Ich tausche meine Seele gegen die Rettung vieler Menschen“, beharrte ich.
„Ohne Seele werden dir diese Menschen nichts mehr bedeuten. Aber gut, wenn es dein Wunsch ist. Seelen sind meine Leibspeise, musst du wissen.“ Sein grausiges Grinsen wurde noch ein klein wenig breiter, sodass es noch unmenschlicher wirkte und fast hoch bis zu seinen flammenden Augen reichte. „Mhhh und deine Seele, Cendrik, riecht ganz besonders gut.“
„Tun Sie es einfach!“ Dieser Ort ließ mich die Geduld verlieren. Nicht zuletzt, weil ich das Gefühl hatte, von außen und von innen zu verbrennen, wenn ich noch länger hierblieb.
„Nun gut, nun gut. Aber jammere später nicht. Ich habe dich gewarnt. Na, es war ohnehin zu spät, nachdem du dir den Silberdolch ins Herz gerammt hast.“ Instinktiv fasste ich mir an die Brust, wo mein Herz schlagen müsste. Ich konnte es fühlen, als würde es noch schlagen. Doch es schlug nicht.
Der Dämon kam näher, leckte sich mit seiner schwarzen Zunge die nicht vorhandenen Lippen. Ich wollte die Augen schließen, aber da war es bereits zu spät und ich hörte ein grässliches Reißen gefolgt von einem noch grässlicheren Gefühl, das mich gellend aufschreien ließ. Es kam mir vor, als würde ich auseinander gerissen werden und jedes einzelne Stück verbrannte, bis es nicht einmal mehr Asche war.
Und dann war es plötzlich vorbei und ich riss die Augen auf und wusste nur noch eins: ich muss den Drachen töten.

Samstag, 28. Juni 2014

28.06.2014

Dear Sweet Heart.

Ich habe gerade etwas erkannt: Manchmal geht etwas zu Ende, damit etwas neues beginnen kann.
Bis jetzt habe ich diesen Satz nicht wirklich verstanden, den Kern hinter diesen Worten nicht gesehen und vielleicht tue ich das jetzt immer noch nicht richtig, aber ich glaube, zumindest ansatzweise begriffen zu haben, warum Dinge zu Ende gehen und auch zu Ende gehen müssen und warum neue Dinge beginnen.

Im Grunde ist es simpel gesagt, der Kreislauf des Lebens. Alles hat einen Anfang und alles hat ein Ende. Manche Dinge haben vielleicht auch einen zweiten Anfang und ein zweites Ende, aber dieser zweite Anfang und das zweite Ende sind im eigentlichen Sinne ja auch etwas Neues, Eigenes. Es ist also ein neuer Anfang und ein neues Ende, denn es ist anders, als das vorherige.
Demnach ist es nur natürlich, dass Dinge enden und neue Dinge beginnen.

Trotzdem ist es nicht ganz so einfach.
Ich neige dazu, an Dingen festzuhalten, wie viele andere wahrscheinlich auch. Es ist, weil ich mich vor dem Unbekannten, Ungewissen fürchte. Mir wäre es oftmals lieber, wenn alles bleibt, wie es ist.
Andererseits erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich einen Punkt erreiche, an dem ich einen Neuanfang brauche und geradezu herbeisehne. Und diese beiden Gefühle vermischen sich dann miteinander, bis ich vor lauter Emotionalität wegen beidem weine – meiner Furcht und meiner Sehnsucht.
Ich bin mir noch immer nicht ganz sicher, was nun gewinnt.

Ich möchte mich so gerne an etwas Vergangenem festhalten, denn es würde mir Sicherheit geben. Aber da ist eigentlich nichts, woran ich mich festhalten kann. Da ist nichts, dass mich halten könnte. Es ist alles weg. Ich habe es alles verloren und ja, das ist traurig und ja, ich darf deswegen weinen.
Aber bei all meiner Traurigkeit und all meiner Furcht vor der Zukunft sollte ich nicht vergessen, dass ein Ende immer auch einen Anfang bedeutet.

Es kann besser werden. Ich will daran wirklich glauben. Manchmal ist es alles, was ich habe. Alles, was mir übrig bleibt und auch das ist traurig, aber es hält mich am Leben, flüstert mir zu, weiterzumachen.
Ohne den Glauben an etwas Neues, Besseres wäre ich schon mindestens zwei Mal kraftlos am Boden liegen geblieben und hätte nicht die Kraft gefunden, wieder aufzustehen.

Seit dem letzten Mal, dem ersten ''Ende'' bin ich um einiges stärker und selbstbewusster geworden. Ich kenne mich selbst jetzt besser. Ich bin mutiger. Ich sage öfters, was ich denke. Ich bin nicht mehr so nervös und verunsichert. Das habe ich mir selbst und den Leuten, die ich meine Freunde nennen durfte, zu verdanken. Ich bin gewachsen und ich weiß, ich kann noch weiter wachsen.
Dies hier ist nicht das Ende. Es ist nur ein Ende, aber auch ein Anfang.

Dieses Mal will ich es besser machen. Ich will es nicht einfach enden lassen. Ich will aktiv an diesem Ende beteiligt sein und ebenso an dem neuen Anfang.
Es wird mich Kraft kosten, aber ich will es. Ich will die ungeklärten Dinge loswerden, aussprechen oder zumindest überwinden. Ich will nicht das Alte zurück, dieser Gedanke ist zwar stets tröstlich, aber auch jedes Mal traurig, denn alles Alte, das man zurückholte, ist doch wieder etwas Neues und ich will auch gar nicht das Alte zurück. Es war schön, wie es gewesen ist. Aber es kann sicherlich noch schöner werden.

In diesem Augenblick fühle ich mich dazu bereit, es zu tun und auch zu schaffen. Ob und was geklappt hat, werde ich heute Abend bei meinem Abiball herausfinden.

Das allerwichtigste: ich selbst zu sein, auch wenn ich nicht wirklich weiß, wer das ist.

Mittwoch, 25. Juni 2014

Anime: 5 Centimeters per Second

Dear Anime.



Warnung: Spoiler enthalten.

Bei ''5 Centimeters per Second'' handelt es sich um einen Anime-Film, den ich schon seit einer ganzen Weile gucken wollte und wo ich heute einen dieser komplett unmotivierten Momente hatte, dachte ich, ich schau ihn mir jetzt endlich mal an.
Und was ist passiert: ich musste weinen.

Es geht um einen Jungen und ein Mädchen beziehungsweise zwei Mädchen. Akari und Takaki haben sich in der Schule angefreundet, weil sie beide ihre Zeit lieber in der Bücherei als auf dem Schulhof verbracht haben. Akari ist dann weggezogen und Takaki zieht schließlich noch weiter weg, sodass die Distanz zwischen ihnen noch größer wird.
Ein Happy End gibt es nicht. Der Film ist in drei Kapitel unterteilt und endet einfach.

Mir kommt es vor, als würde die Geschichte einem sagen wollen, dass sich dein größter Wunsch nie erfüllt, egal wie sehr du es willst und dass das Leben nur aus Schmerz besteht, den es zu überwinden gilt, wodurch du aber nicht stärker wirst, sondern bloß weitermachst, unfähig es zu vergessen und unfähig etwas an den Tatsachen zu ändern.
Na ja, ich denke, man sollte sich ihn einfach angucken.

Auf jeden Fall ist es kein klassisches Romance und auch kein klassisches Drama. Ich persönlich fand die Geschichte und die Animation sehr schön, auch wenn letzteres für mich etwas ungewohnt war, aber es passte zum großen Ganzen.
Die Geschichte ist sehr realistisch, weshalb sie sich auch nicht wirklich in ein Genre einordnen lässt und viele mit dem Ganzen wohl auch nicht ganz klar kommen oder klar kommen wollen, wo ich aus Kommentaren entnehmen konnte.

Ich denke auch, wie bei ''Das Schicksal ist ein mieser Verräter'', dass es mehr braucht, um die Geschichte vollkommen zu verstehen, als das, was ich jetzt besitze. Das, was ich jetzt vor allem gefühlt habe, ist Traurigkeit, weil wir machtlos sind.
Wir sind machtlos gegenüber der Zeit. Machtlos gegenüber dem, was das Leben uns in den Weg wirft. Machtlos gegenüber dem Schicksal, wenn man es so sehen will. Wir können nichts tun. Letztendlich können wir nichts tun. Das ist es, was der Film mir vermittelt hat und das stimmt einen wirklich sehr traurig. Es ist einfach unfair, aber man kann sich nicht einmal richtig darüber ärgern oder irgendetwas dagegen machen, weil da nichts ist, gegen das man etwas machen könnte. Mit was würde man sich denn dann anlegen, mit der Welt? Wie soll das funktionieren?

Wer etwas ruhiges, trauriges, tiefgründiges sehen und sich auf dieses Gefühl einlassen möchte, ist bei ''5 Centimeters per Second'' genau richtig.

Samstag, 21. Juni 2014

Challenge 52/52: Zu leben

Meine dritte Geschichte ist fertig. Dieses Mal ging's mir ein bisschen leichter von der Hand.

Wort: Hoffnung
Wörter: 1650


Zu leben

Ich habe gesucht, in den hintersten Winkeln, in den entlegensten Ecken. Doch nichts vermag es den Umstand zu ändern, dass diese Welt, meine Welt, die Welt, in der wir leben, nur noch aus grauer Asche, eingefallenen Ruinen und zerbröselnden Knochen besteht.
Von dem Dach eines Hochhauses blicke ich auf die zerstörte, verlassene Stadt. Die Zeit hier scheint eingefroren, denn nach dem Ende geht es nicht weiter. Niemand ist da, um die Häuser wieder aufzubauen, die Autos von den Straßen zu räumen, die ausgeraubten Läden neu zu eröffnen. Es ist noch nicht mal jemand da, um über die tote Stadt zu trauern. Ich bin zwar hier, um die Trostlosigkeit zu betrachten, aber ich empfinde dabei keine Traurigkeit.
Ich empfinde überhaupt nichts. Still stehe ich da am Rande des Daches und blickte auf den Asphalt, richte meinen Blick gen Horizont. Auf meinen Rücken ist eine Waffe geschnallt, die ich bloß bei mir trage und benutze, weil mein Überlebensinstinkt es mir befiehlt. Das ist die einzige Macht, gegen die ich nicht ankomme. Das Einzige, was mich am Leben erhält.
Außerhalb der Stadt befindet sich ein Camp mit Überlebenden. Ich habe mich rausgeschlichen. Nicht, weil ich ein rebellischer Teenager bin. Ich bin 19. Ich bin kein Kind mehr. Keiner, der das Ende gesehen hat, ist noch ein Kind. Das Ende nimmt einem alle Unschuld. Und mir hat es alle Hoffnung genommen.
Im Camp sind wir sicher, aber ich habe genug Filme und Fernsehshows über solche Sachen gesehen. Mag sein, dass wir jetzt sicher sind, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir es nicht mehr sind.
„Even“, ertönt eine atemlose Stimme hinter mir. „Ich hab dich überall gesucht.“ Ich drehe mich nicht um. Das Mädchen mit den langen blonden Haaren hinter mir hat es sich aus irgendeinem Grund zur Aufgabe gemacht, auf mich aufzupassen. Ich hasse sie fast dafür, aber nur fast. Eigentlich ist es mir egal, so wie mir alles egal ist, seit das Ende gekommen ist und feststeht, dass wir alle sterben werden.
„Ich hätte gleich hier nachsehen sollen. Ich wusste, dass du hier sein würdest“, sagt sie und kommt auf mich zu. Ihr Name ist Annely und sie ist wunderschön. Vor dem Ende hätte ich sie wunderschön gefunden.
„Was willst du von mir?“, frage ich, als sie sich neben mich stellt. Auch sie blickt auf die ausgestorbene Stadt, mit großen, lebendigen Augen. Ob sie etwas anderes sieht, als ich? Ob sie dort etwas sieht, wo sich nichts mehr befindet?
„Dass du lächelst. Ich will dich einmal lächeln sehen“, meint sie und wandet mir ihr Gesicht zu. „Zu lächeln steht dir sicher gut. Jeder Mensch sieht mit einem Lächeln im Gesicht gut aus.“ Spricht sie von einem Lächeln, wie sie es jetzt trägt? Ihre Augen scheinen dabei zu leuchten. Vielleicht ist das auch nur die Sonne, die in meinem Rücken untergeht.
„Es gibt keinen Grund zu lächeln“, erwidere ich, setze mich auf den Boden und lege mich schließlich auf den Rücken. Wenn ich den Himmel betrachte, der heute strahlend blau und wolkenlos ist, kann ich mich fast daran erinnern, wie sich Hoffnung anfühlte.
Sie legt sich neben mich. „Es gibt immer einen Grund zu lächeln. Weil wir es soweit geschafft haben. Weil wir am Leben sind. Weil es irgendwann ganz bestimmt besser werden wird.“
„Warum sollte es besser werden?“ Sie erweckt in mir beinahe den Wunsch, ihr das auszureden, woran sie glaubt. Ich verstehe nicht, wie jemand so naiv sein kann, nachdem, was passiert ist.
„Es wird besser werden. Ich weiß das“, sagt sie zuversichtlich und daran glaubt sie anscheinend wirklich. Ich denke, Leute wie sie reden es sich bloß ein. Sie leben nach diesem Motto: die Hoffnung stirbt zuletzt. Tatsächlich klammern sie sich daran fest, weil sie der Wahrheit nicht ins Auge blicken wollen.
Seltsamerweise sind genau diese Leute, die eine Lüge leben, diejenigen, die in Weltuntergangsgeschichten immer wieder dem Tod entwischen. Jene, die die Hoffnung verloren haben, sterben und ich bin einer von ihnen. Bald werde ich sterben. Es ist nur eine Frage der Zeit.
„Gehen wir zurück. Hier ist es nicht sicher.“ Sie steht auf und hält mir ihre Hand hin, um mir aufzuhelfen. Ich ignoriere sie geflissentlich, überlege liegen zu bleiben, aber es hat keinen Sinn. Sie wird solange hierbleiben, bis ich mit ihr zurückgehe und da macht es keinen Unterschied, ob ich mit ihr gehe oder sie hier bei mir ist.
Schweigend steigen wir die vielen Stufen des Hochhauses hinab und laufen durch die leeren Straßen. Die Sonne ist vom Himmel verschwunden, aber noch ist es hell, der Himmel babyblau und schweinchenrosa. Den Himmel finde ich auch jetzt noch wunderschön, nur genießen kann ich seine Schönheit nicht mehr.
Und dann passiert es: der Himmel über uns wird dunkel. Reflexartig ziehe ich meine Waffe, ein altes Gewehr, das meinem Großvater gehört hat. Annely ist vor Schreck erstarrt. Ich höre sie neben mir geräuschvoll ein und aus atmen. Ist dies der Moment?, frage ich mich. Werde ich jetzt sterben?
Ich habe keine Angst. Wenn alle Hoffnung verloren ist, ist auch alle Angst verloren, denn es gibt nichts mehr zu verlieren. Innerlich ist man bereits tot. Der tatsächliche Tod macht da keinen Unterschied mehr.
Doch für Annely macht es einen Unterschied. Sie hat Angst. Und obwohl ich diese Angst, ihre Denkweise, sie als Person töricht und verleugnend finde und wünschte, sie würde verstehen, dass alles, was sie tut, keinen Sinn hat, will ich sie in diesem Moment beschützen.
Wie in Zeitlupe drehe ich mich zu ihr. Sie starrt in den Himmel, scheint meinen Blick aber zu spüren, denn ihre Augen richten sich auf mich. Ihr Mund ist halb geöffnet, als wolle sie aufschreien oder etwas sagen. In ihren Augen sehe ich Schreck und dann Ungläubigkeit, als ich nach ihrem Arm greife.
Mit einem Ruck läuft die Zeit wieder in normalem Tempo und ich beginne zu rennen, mit der einen Hand ihren Arm umschlossen und mit der anderen das Gewehr. Stolpernd beginnt auch sie zu rennen. Zuerst ziehe ich sie eher, aber sie holt schnell auf, denn auch sie hat einen Überlebensinstinkt, der stärker ist als Alles. Ob Hoffnung diesen seit Urzeiten verankerten Willen zu leben verstärkt? So muss es sein, als sie meine Gedanken zu erraten scheint und die Stufen zu einem Hauseingang hinaufrennt, jetzt mich hinter sich herziehend.
Ihr Fuß bleibt an der Türkante hängen und sie fällt zu Boden. Ich kann nicht rechtzeitig reagieren und falle ebenfalls hin, stoßen mit meinen Knien hart auf den Steinstufen vor der Haustür auf. Der Schmerz rauscht durch mich hindurch und ist das erste reale Gefühl seit Langem.
„Even!“, höre ich sie rufen und sehe ihr Gesicht vor meinem. Sie sitzt im Türrahmen, eine Hand nach mir ausgestreckt, auf ihrem Gesicht nach wie vor Furcht, aber auch Sorge und ich frage mich, warum sie nicht weiterläuft, denn sie scheint nicht verletzt. Doch da sie Hoffnung hat, würde sie mich natürlich nie zurücklassen. Fast bringt es mich zum Lächeln. „Schon gut. Mir fehlt nichts“, will ich ihr sagen und aufstehen, in dem Augenblick sehe ich blanken Horror auf ihrem Gesicht. Sie sieht nicht länger mich an, sondern schaut auf etwas hinter mir.
Ich realisiere es in dem Moment, in es mich durchbohrt. Erneut durchzuckt Schmerz meinen Körper und ich keuche auf, weil das Gefühl so intensiv ist. Meine Augen suchen Annely, doch sie sitzt nicht länger im Türrahmen. Wo ist sie hin? Sie muss weitergelaufen sein. Erleichterung durchströmt mich.
Ein erneuter Ruck geht durch meinen Körper, als es herausgezogen wird. Ich höre Stimmen, aber sie verstummen rasch wieder. Ich wünschte, ich könnte den Himmel sehen. Stattdessen erwartet mich Schwärze hinter meinen schwerer werdenden Augenlidern.
„Even“, schluchzt Annely, die plötzlich zurück ist, und ich spüre Wärme an meiner Wange. „Even!“
„Sei nicht so laut, sonst kommen sie zurück“, bringe ich hervor. Meine Stimme ist rau und meine Zunge schwer. Ich schaffe es, meine Augen geöffnet zu halten und sie anzusehen. Tränen laufen ihr übers Gesicht, während ihr Daumen über meine Wange streicht und sie fest die Lippen aufeinander presst, leicht mit dem Kopf schüttelnd.
„Das musste passieren. Wir werden alle sterben“, sage ich und meine Stimme kling ungewöhnlich sanft, trotz der Schwere des Sprechens. Das Atmen fällt mir schwer.
„Idiot, das weiß ich doch!“, stößt sie hervor. „So ist das Leben. Wir werden geboren und wir sterben. Daran hat sich nichts geändert, Even. Daran hat sich nie etwas geändert. Das Leben ist immer noch das Gleiche, nur die Bedingungen sind anders. Und solange wir leben, können sich die Bedingungen wieder ändern!“
Versucht sie mir während ich sterbe, beizubringen das Leben wieder wertzuschätzen?
Meine Mundwinkel gehen nach oben. „Verliere deine Hoffnung nicht. Hoffnung ist das Einzige, was diesem Leben noch einen Wert gibt.“ Meine Worte sind kaum noch ein Flüstern und ich muss husten, sehe Blut vor mir auf den Steinstufen. Sie schluchzt.
„Even...“ Sie sagt irgendetwas, aber ich kann sie nicht mehr hören und gleich darauf kann ich sie nicht mehr sehen. Es wird dunkel, aber es ist überraschend warm und nicht so endgültig und trostlos wie ich es immer erwartet hatte.
Das ist ihr Verdienst. Dank ihr weiß ich wieder, was Hoffnung ist. Dank ihr kommt es mir vor, als wäre ich nicht umsonst gestorben, obwohl ich den Tod bis vor ein paar Minuten als das Schicksal aller Menschen angesehen habe. Und das ist er auch – der Tod ist das Schicksal aller Menschen, weil wir geboren werden und sterben. Ich habe es auf eine vernichtende Weise gesehen und nicht als etwas natürliches, deshalb hatte ich alle Hoffnung verloren. Ich hatte mir selbst die Hoffnung genommen.
Vielleicht gibt es tatsächlich kein besseres Morgen. Vielleicht bringt am Ende alles Hoffen und Kämpfen keine Veränderung. Aber was zählt ist, dass wir leben und dieses Leben nicht damit verschwenden, uns vom Tod beherrschen zu lassen.
Das sind meine letzten Gedanken. Die letzten Gedanken eines Hoffnungslosen, der wieder Hoffnung gefunden hat.

Donnerstag, 19. Juni 2014

Challenge 52/52: Strangers with memories

Ich habe meine zweite Geschichte fertig bekommen. Hat mich wieder ziemlich fertig gemacht. Aber ich hab's letztendlich hinbekommen.

Das Wort ist Freundschaft und die Anzahl der Wörter beträgt 718.
Ich hab mich an der englischen Sprache versucht, was wirklich geholfen hat. Aber wahrscheinlich sind da mehr als nur ein paar Fehler drin. Ich hoffe, man versteht es zumindest.
Eventuell lade ich die Geschichte später nochmal auf Deutsch hoch.


Strangers with memories

I remember a time when I thought I would finally be happy. But there's this thing about happiness – it vanishes really really fast. You touch it for only one second and then it's gone and everything turn black.
Maybe I'm being dramatic. It's not that bad. My life isn't over. I'm not in pain. I'm alive and I know there are people that love me. Still it feels like my heart got ripped out of my chest.
I don't blame them for anything. Why would I? They haven't done anything wrong. It's just... we all move on and we all change? Yeah, I think that explanation maybe could work. Actually it could be my fault. I really don't know. If I'm doing something wrong, then I don't know what it is and that means I can't really change anything about it.
I'm just sad and lonely and I wish things would be different. Maybe things will be different after I've talked to her.
I reach her door and press the doorbell. Seconds later she opens the door and it's like always. We say 'Hello' and everything seems to be just fine. Maybe everything is just fine and I'm just overreacting like always. But then why am I feeling so horrible sometimes? Why am I thinking about all of this so much? It could just be because she's really important to me. There are a million options of explanation.
However, I have to tell her what I'm feeling.
After she brought me the things she had borrowed from me some time ago I take a deep breath. Now or never.
“I have to tell you something. I... feel like you don't care about our friendship at all. I know you're busy and it's hard for you and all that stuff and yeah, I also know it's somehow part of your character and I really don't want you to feel bad or anything. I just want you to know. Because I don't want to lose you and if that's what this all is about, it would be better if you tell me right away.”
As my little speech is over silence grows between us and I feel my heart beating heavily in my chest. It almost hurts. But I meant what I said. It's better to know the truth then to be unknowing. That's what my experiences have taught me.
Finally she speaks: “It's not as if I don't want to be friends with you anymore. But maybe you should look for someone else too. I won't be here forever. You have to take care of yourself.”
'Look for someone else? Do you have any idea how hard that is for me? I'm trying, you know! I'm trying! I've always tried so hard. But you know what? It doesn't work! None of this is working. And I don't even know what the problem is! Can you tell me? What's the problem? What is wrong with me?' I feel like crying with these unspoken words in my head. Maybe I should yell them out at her. Maybe that would be the best. Maybe then she will finally understand.
But all I say is: “Okay.” That's all. I look at her, about to turn around and walk away. “Then I'm going now. Bye.” I'm still holding my tears back and I hope she sees the pain in my eyes. But even if she does, there's nothing she would do. What should she do? Run after me and hug me? Yeah, that would be really nice. But she won't. She's not the type doing things like that and I'm not the type saying things like: 'I'm already taking care of myself, if you haven't noticed. I've been taking care of myself for a really long time now and I don't think I'm bad at it, but I still need a friend from time to time and I would be so so glad when that friend would be you. But it looks like you do not care about me at all. So it doesn't matter how I feel, right?'
I would never say something like that. I can't. Even if I maybe should say it, I can't. Maybe someday I will be able to. Someday...
Until then we'll become strangers with memories.

Mittwoch, 18. Juni 2014

18.06.2014

Dear Sweet Heart.


Es passiert schon wieder – ich blockiere mich selbst. 
Und da mir nichts besseres einfällt, schreibe ich jetzt einen Post darüber, in der Hoffnung, dass es dadurch vielleicht besser wird.

Was meine FanFiktions angeht, lasse ich mich nicht so leicht blockieren. Natürlich gibt es auch da Momente, wo ich am Stocken bin und nicht wirklich vorankomme, aber das hält meist nicht allzu lange an. Das lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, dass ich meist ein sehr klares Ziel vor Augen habe und mich bei dem, was ich Schreibe gut fühle und auch denke, dass es gut ist.

Sobald es dann aber um so Sachen geht, wie an etwas eigenem weiterzuschreiben, drücke ich mich davor.
Mein Buch habe ich gut hinbekommen, da bin ich mir recht sicher. Und ich weiß, dass ich schreiben kann und gut darin bin. Aber irgendwie scheint mir das manchmal einfach nicht genug zu sein. Natürlich weiß ich auch, dass Übung der Schlüssel zur Verbesserung ist. Ohne Übung wäre ich nicht auf dem Stand, auf dem ich mich heute befinde.

Das Problem findet sich wohl darin, dass ich mich selbst zu sehr unter Druck setzte. Zum einen, weil ich weiß, wie gut ich sein kann und wie zufrieden ich mit mir selbst sein kann und zum anderen weil ich mich mit anderen vergleiche.
Das ist wohl der größte Fluch der Menschheit – wir sehen uns in ständigem Konkurrenzkampf zueinander. Da ist immer jemand, der besser ist, als wir und den wollen wir übertrumpfen. Er muss nicht einmal tatsächlich besser sein und selbst wenn er das ist, ist man selbst dadurch nicht gleich schlecht.

Meine Güte, wie sehr wünschte ich, meinen Kopf einfach von diesen Gedanken frei machen zu können. Denn im Grunde sind es einzig und allein diese störenden Gedanken, die es so schwer machen. Allein diese Gedanken hindern mich daran, weiterzumachen und besser zu werden, zu wachsen.
Das war schon immer und ist in jedem Bereich so. Ich stehe mir selbst im Weg und das ärgerte mich.

Vielleicht brauche ich nur mehr Selbstbewusstsein, mehr Vertrauen in mich selbst und meine Ideen, meine Qualitäten und Fähigkeiten. Es ist auch irgendwo da – Selbstbewusstsein und Vertrauen und Stolz. Ich weiß das, weil ich es manchmal fühle. Irgendwie muss es doch möglich sein dieses Gefühl in einen etwas dauerhafteren weniger instabilen Zustand zu verwandeln!
Tja, daran werde ich wohl arbeiten müssen.


Immerhin kann ich nicht von mir sagen, ich hätte heute nichts geschafft und das ist schon mal ein guter Anfang. Vielleicht ist es ja auch tatsächlich so – wie ich es schon immer vermutet habe –, dass es sich im Dunkeln, sprich bei Nacht besser schreiben lässt.

Film: Das Schicksal ist ein mieser Verräter

Dear Movies.



Wir haben alle so bitterlich geweint. Meine jüngere Cousine, die neben mir saß, hat zum Ende hin meine Hand genommen und ganz fest gehalten, während ich gezittert habe, weil ich mein Schluchzen unterdrücken musste.
Emotional hat mich der Film demnach voll und ganz mitgerissen, auch wenn ich finde, dass ein Film vom Gefühl her niemals an ein Buch herankommen wird. Bücher sind nicht nur ausführlicher, die eigene Fantasy ist auch oftmals viel dramatischer und tiefer. Aber ich will darüber jetzt keine Diskussion anfangen. Auf jeden Fall lässt der Film einen mitfühlen und rührt einen zu Tränen.

Es ist eine Woche vergangen, seit ich den Film im Kino gesehen habe, deshalb mag mein Urteilsvermögen etwas getrübt sein, aber ich weiß noch, wie ich mich nach dem Film gefühlt habe. Ich war natürlich völlig fertig, genau wie meine Schwester, ihre Freundin und meine Cousine, aber eben dieses Teilen von Tränen schweißt einen irgendwie zusammen. Ich habe mich verstanden gefühlt und das kommt eigentlich viel zu selten vor. Es war ein schönes Gefühl, seine Gedanken danach zu teilen und gemeinsam zu lachen.
Doch vor allem hat mich das Ende des Films mit einem ähnlichen Gefühl erfüllt, wie das Ende des Buches. Als würde ich die Welt plötzlich intensiver wahrnehmen und auch intensiver wahrnehmen wollen. Alles wirkte lebendiger und wertvoller.
Hinzu kommt dieses Gefühl, dass ich nach jedem guten Film habe, wenn ich das Kino verlasse. Das Gefühl, dass Alles möglich ist. Mir erscheint dann nichts zu schwer. Allem haftet irgendwie eine Leichtigkeit an und es fühlt sich einfach toll an. Einfach ausgedrückt könnte man sagen, dass ich mich motiviert und inspiriert fühle.

Zum Film selbst lässt sich sagen, dass es sich um eine gute Umsetzung des Buches handelt. Der Film vermag nicht alles umfassen, was das Buch umfasst, aber um das zu schaffen müsste der Film fünf Stunden oder länger gehen und das ist in so mancher Hinsicht einfach nicht machbar.
Was aber meiner Meinung nach immer schön bei Buchverfilmungen ist, sind wortwörtlich übernommene Dialoge und Details, die nur jenen auffallen, die das Buch wirklich intensiv gelesen haben.
Zum Beispiel vergleicht Augustus Hazel im Film nicht mit Natalie Portman, aber in seinem Zimmer hängt ein Poster von V wie Vendetta.

Ich könnte jetzt aufzählen, was im Film fehlt und ich gerne gesehen hätte – unter anderem der Verkauf der Schaukel –, aber das Wichtige ist eigentlich, dass alle tragenden Szenen und bedeutenden Momente im Film vorkommen und das tun sie.
Wirklich schade finde ich, dass Hazels Freundin keine Erwähnung findet, genauso wie Augustus' Ex. Für das Verständnis der Handlung und des Inhaltes und allem was dazu gehört, spielen die Beiden keine besonders wichtige Rolle, aber ich denke, dass sie schon auch zum Film hätten dazu gehören sollen und wenn es nur eine einminütige Szene gewesen wäre.
Aber wer weiß, für einen Film müssen ja meist Opfer gebracht werden und in dem Sinne ist es zu verkraften.

Shailene Woodley und Ansel Elgort, die Schauspieler, die Hazel und Augustus verkörpern, kenne ich bereits aus Divergent, wo Shailene ebenfalls die Hauptrolle spielt und Ansel ihren Bruder. In ''Das Schicksal ist ein mieser Verräter'' habe ich mich nicht an Tris und ihren Bruder erinnert gefühlt, was demnach wohl vom schauspielerischen Talent der beiden Darsteller zeugt.
Sie spielen beide sehr natürlich und überzeugend. Nicht, dass ich davon besonders große Ahnung hätte. Das ist nur meine Meinung.
Was die Nebenrollen angeht, hat mir Hazels Mutter auch sehr gefallen. Laura Dern hat die Rolle geradezu perfekt rübergebracht, finde ich. Hazels Vater hingegen hatte ich mir emotionaler vorgestellt. Im Film wirkt er zwar etwas präsenter, als im Buch, aber soweit ich mich erinnern kann, ist seine herausstechendste Eigenschaft, dass er häufig zu weinen anfängt. Im Film habe ich davon nichts gesehen.
Auch Peter Van Houten habe ich mir anders vorgestellt. Vom Verhalten her ist er gut getroffen, aber in meiner Vorstellung war er dickbäuchiger, aber darüber lässt sich streiten. Das ist nur meine persönliche Empfindung.

Alles in allem ist der Film auf alle Fälle sehenswert und ich würde sagen, dass er dem Buch durchaus gerecht wird.

Samstag, 14. Juni 2014

Challenge 52/52: Fangen, Festhalten, Loslassen

Hier ist meine erste Geschichte zur Challenge ''52 Worte - 52 Geschichten''. Das Wort, auf Grundlage dessen ich die Geschichte aufgebaut habe, ist Eiche. Mein Text umfasst stolze 2185 Wörter.

So viel dazu. Ich wollte eigentlich schon etwas früher anfangen, aber irgendwie wollte es einfach nicht klappen. Langsam sammeln sich die Ideen aber zum Glück an. Wird trotzdem keine allzu leichte Aufgabe werden.


Fangen, Festhalten, Loslassen


Lachend rannten die Kinder durcheinander – eines nach rechts, eines nach links, eines versteckte sich hinter dem Stamm eines dicken Baumes, während die restlichen den Hügel hinunter liefen in Richtung des großen Sees, dessen unbewegte Oberfläche den strahlend blauen Himmel widerspiegelte. Selbst aus der Entfernung konnte das Mädchen, das hinter dem Baum hervor lugte, sehen wie das Wasser durch die Sonne schimmerte.
Vögel stimmten über ihr in den Ästen ein fröhliches Lied an, als sie kicherte. Ein Junge hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Da alle anderen davongelaufen waren, stand er jetzt ganz allein vor dem Baum.
Sie hielt sich die kleine Hand vor den Mund, damit er sie nicht hörte. Eine Brise wehte ihr das blonde Haar ins Gesicht und sie blinzelte, ärgerte sich darüber, dass sie nicht gewollt hatte, dass ihre Mutter ihr zwei Zöpfe machte.
Der Junge bewegte sich endlich. Seine Schultern sanken herab und er tat mehrere Schritte Richtung See, blieb aber wieder stehen. Sie musste schon wieder kichern. Dieses Mal hörte er es und drehte sich zu ihr um. Erschrocken presste sie sich die Hand fester auf den Mund, was jetzt aber auch nicht mehr half. Allerdings machte er keine Anstalten zu ihr zu laufen, um sie zu ticken.
Er sah sie bloß an, aus grünen Augen. Sein Haar war braun und kräuselte sich leicht.
Sie kicherte wieder und ließ die Hand sinken. „Du musst mich fangen“, erklärte sie. Er hatte das Spiel offensichtlich nicht verstanden.
„Warum?“, wollte er wissen und ging zwei Schritte in ihre Richtung, wo er erneut stehen blieb.
„Damit du mich ticken kannst. Dann bin ich dran und muss jemand anderen ticken“, erklärte sie weiter und lächelte.
„Dann müsste ich vor dir weglaufen, oder?“ Sie nickte und er kam auf sie zu. Er rannte nicht. Er ging in einem ganz normalem Tempo. Sie hätte wegrennen müssen, doch stattdessen starrte sie ihn mit leicht geöffnetem Mund an und dachte, dass dieser Junge wirklich komisch war.
Und dann dachte sie, dass er wirklich wirklich komisch war, als er, kurz bevor er sie erreicht hatte, seine Richtung leicht änderte und sich in den Rasen setzte, sich mit dem Rücken gegen den Stamm des Baumes lehnend.
„Ich will nicht laufen“, sagte er. „Du auch nicht, oder?“ Jetzt war er es, der lächelte. Nachdem ihre Verwirrung etwas nachgelassen hatte, lächelte sie zurück und legte sich nach kurzem Zögern ins Gras, den blauen Himmel über sich, das Rauschen der Blätter in den Ohren und die lauten Stimmen der anderen Kinder weit weg.

Hand in Hand stiegen sie den Hügel hinauf, der unweit vom See entfernt lag. Ein Baum mit braunem, dickem Stamm und hoch in den Himmel ragenden Ästen stand auf diesem Hügel. Von weitem hatte er einsam gewirkt, fast trostlos, wie er dort ganz allein auf der Anhöhe stand und auf den See hinabblickte. Dass seine Äste nur noch an wenigen Stellen mit dunklen Blättern behangen waren, verstärkte diesen Eindruck noch.
Allerdings wirkte er auf die 16-jährige von Nahem, wo sie erkannte, wie groß er war und wie alt er aufgrund des dicken Stammes bereits sein musste, in erster Linie majestätisch und würdevoll. Es war ein wunderschöner, mächtiger Baum, selbst wo er jetzt im Herbst sein grünes Gewand verloren hatte.
Auch dem Jungen, dessen Hand sie in ihrer hielt, kam der Baum riesig vor und auch ein wenig bedrohlich, wie er seine fast vollkommen nackten Arme in die Luft streckte.
„Es ist wunderschön hier“, sagte sie, während sie an dem Baum hinaufblickte und einzuschätzen versuchte, wie groß er in etwa war, bis sie zu der Erkenntnis kam, dass die tatsächliche Größe keine Rolle spielte. Es genügte, wie er auf sie wirkte.
„Erinnerst du dich, wie wir als Kinder immer hier gespielt haben?“, fragte er und blickte lächelnd zu ihr hinüber. Seine grünen Augen schauten direkt in ihre, was sie leicht verlegen den Blick senken ließ. „Haben wir das?“, kam es ihr leise über die Lippen. „Kennen wir uns schon so lange?“ Sie schaute wieder hoch in die Baumkrone und glaubte sich, wo er es erwähnt hatte, an den See zu erinnern. Ja, an dem See hatte sie als Kind oft gespielt.
„Ich war damals neu in der Stadt“, erzählte er. Sie nickte nur, völlig versunken in ihren Gedanken.
Deshalb schrak sie ein wenig zusammen, als er seine Hand plötzlich aus ihrer löste. Sie wollte schon fragen, was los war, da sah sie, wie er näher an den Stamm des Baumes herantrat und etwas aus seiner Jackentasche zog. Das Laub knisterte unter seinen Füßen und sie schloss den Mund, während sie ihre Hände in die Taschen ihres grauen Mantels schob. Die goldenen Strahlen der Herbstsonne waren wunderschön, aber sie vermochten kaum noch zu wärmen.
„Komm her“, flüsterte er nach einer Weile und mit bedachten Schritten trat sie neben ihn. Eine Hand zog sie wieder aus ihrer Jackentasche und er ergriff sie sofort, hielt sie warm in seiner. Sie atmete ruckartig ein, als sie sah, was er gemacht hatte.
In die Rinde des Holzes hatte er, mit dem Taschenmesser, das er nach wie vor in der Hand hielt, ein Herz geritzt und in diesem Herz standen zwei Buchstaben – ein C und ein D.
„Du bist unglaublich“, stieß sie hervor und wandte ihm mit Tränen in den Augen das Gesicht zu. In der nächsten Sekunde schlang sie die Arme um ihn und es war ihr egal, dass es kitschig war und sie vielleicht übertrieben reagierte. Sie war einfach gerührt von seiner Geste.
Währenddessen drückte er lächelnd sein Gesicht in ihr Haar. „Ich habe es endlich geschafft, dich zu fangen.“

Sich gegen den Stamm des Baumes lehnend setzte sie sich auf das vom Morgentau noch leicht feuchte Gras. Nach einem langen Blick auf den verlassen daliegenden See am Fuße des Hügels und einem tiefen Seufzen schlug sie das Buch auf, das sie in den Händen hielt.
Es war bereits hell, aber die Sonne war noch nicht aufgegangen, als sie das erste Wort las. Es folgten viele, viele weitere Worte und ihre Schultern entspannten sich ein wenig, ihre Atmung wurde entspannter, ihre Gedanken klärten sich, selbst ihr Herz schien sich ein kleines bisschen zu entkrampfen. Mit jedem Satz durchströmte sie Erleichterung.
Doch irgendwann schloss sie das Buch und strich sich eine Strähne ihres blonden Haares aus dem Gesicht. Das widerspenstige Ding hatte sich aus ihrem lockeren Zopf gelöst. Die Hände auf ihr Buch legend atmete sie ein und aus, betrachtete den See und legte nach einer Weile den Kopf in den Nacken. Erste Blättchen sprossen bereits an den Ästen und sie schloss die Augen.
Inzwischen war die Sonne aufgegangen und die Vögel hatten längst ihre Lieder angestimmt. Der Geruch von Frühling lag in der Luft. Aber sie schmeckte bloß die aufkommenden Tränen, die gleich darauf über ihre Wangen liefen.
Mit einem Mal war ihr kalt, denn sie trug bloß einen dünnen Pullover, Jeans und ein Paar Turnschuhe. Die Arme um ihren Oberkörper schlingend versuchte sie, die Fassung zu behalten.
Es hatte keinen Sinn, zusammenzubrechen. Es hatte keinen Sinn, zu zerbrechen. Dadurch würde es nicht besser werden. Als junges Mädchen mochte es einem so vorkommen und da konnten Sprüche wie ''Manchmal muss etwas zerbrechen, damit etwas neues und besseres daraus entstehen kann'' hilfreich und auch zutreffend sein. Aber sie war kein junges Mädchen mehr und es würde nichts neues und besseres entstehen. Es würde überhaupt nichts entstehen.
Ein Schluchzen unterdrückend schlang sie die Arme noch fester um sich und ließ die Hände dann langsam von ihren Armen hinabgleiten, bis sie nicht länger ihren Oberkörper sondern nur noch ihren Bauch umarmte.
Ihr war bewusst, dass sie es akzeptieren musste. Sie hatte gar keine andere Wahl. Es war wie mit diesem Baum, der genau an dieser Stelle gewachsen war und nirgendwo anders. Er konnte nicht woanders hingehen. Er konnte sich nicht von hier wegbewegen und in ihrem Bauch würde sich niemals ein heranwachsendes Leben bewegen.

Der Wind peitschte ihnen ins Gesicht, sodass das kleine Mädchen die große Hand ihres Vaters noch fester umfasste und nach ihrer pinken Mütze griff, damit sie ihr nicht vom Kopf fiel. Ihr Fransenpony schaute unter der Mütze hervor. Der Wind änderte plötzlich seine Richtung und ihre schwarzen Haare, die sie offen trug und die lang und lockig waren, schlugen ihr plötzlich ins Gesicht.
„Daddy“, jammerte sie und er blieb stehen, kniete sich vor ihr hin. „Was ist denn, Kleine?“ Aus vertrauten, grünen Augen blickte er sie liebevoll an und rückte ihr die leicht schiefe Mütze zurecht. „Der Himmel ist so dunkel und mir ist kalt.“
Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. Jetzt sah er traurig aus. „Es ist nicht mehr weit. Wir sind fast da, nur noch ein paar Schritte“, versprach er und nahm das herunterhänge Ende ihres bunt gemusterten Schals, um ihn ihr noch einmal um den Hals zu wickeln. „Danach fahren wir nach Hause.“
Aus runden, braunen Augen blickte sie ihn an. „Okay.“
Mit einem kleinen Lächeln, aber noch immer einem traurigen Ausdruck in den Augen stieg er gemeinsam mit seiner Tochter das letzte Stück des Hügels hinauf, wo nackt und in dem stürmischen Wind knarrend der Baum stand. Ehrfürchtig hielt er einen Moment inne. Das kleine Mädchen schaute zu ihm hoch und sah anschließend den Baum an. Es war ein dicker Baum, der ohne seine Blätter hässlich war, fand sie. Doch ihr Vater schien ihn wunderschön zu finden.
„Komm, ich will dir was zeigen.“ Fast hätte sie ihn wegen des lauten Windes nicht gehört, aber sie hatte gute Ohren. Neugierig ließ sie sich von ihrem Vater näher an den Stamm heranführen. Er legte seine Hand auf die Rinde.
„Deine Mutter hat mir erzählt, dass sie hierher kam, nachdem sie erfahren hat, dass sie nie ein eigenes Kind haben wird“, erklärte er und lächelte leicht. Dabei wirkte er weit, weit weg, als hätte er sich in seinen Gedanken verloren und das hätte er vielleicht, wenn nicht dieses kleine Mädchen neben ihm gestanden hätte.
„Aber Mommy hat doch ein Kind bekommen“, widersprach die Schwarzhaarige. Sie sagte es trotzig, als wäre es eine ganz gemeine Lüge zu behaupten, ihre Mutter würde kein Kind haben können.
Er kniete sich erneut runter zu seiner Tochter und legte eine Hand an ihre Wange. Sanft sagte er ihr: „Das stimmt. Wir haben dich bekommen. Wir haben dich adoptiert, als du noch sehr klein warst. Das weißt du doch.“
Sie nickte kräftig. „Ich weiß, dass ich nicht aus Mommys Bauch gekommen bin. Aber sie hat gesagt, dass da ein Kind in ihrem Bauch war.“
Die nächsten Worte wählte er mit Bedacht: „Da war ein Kind in Mommys Bauch, aber das Kind ist tot, genauso wie Mommy.“
Die Augen des kleinen Mädchens füllten sich mit Tränen und er nahm seine Tochter in die Arme, drückte sie an seine Brust, gab ihr Wärme und Liebe und weinte mit ihr. Der Wind wurde immer kräftiger, zerrte immer stärker und stärker an ihnen.
„Mommy wird immer bei uns sein, in unseren Herzen“, sagte er der Kleinen, sobald er wieder sprechen konnte und sie sich die Tränen aus den Augen wischte. Nickend schniefte sie und er nahm sie unter den Armen und hob sie hoch, deutete auf das in den Baum geritzte Herz mit den zwei Buchstaben.
„Clare und Dane“, sagte das schwarzhaarige Mädchen. Ihr Vater war überrascht, dass sie verstand, wofür die Buchstaben standen. Seine Tochter wandte ihm den Kopf zu. „Der Baum wird auch immer bei Mommy sein.“ Dem Vierzigjährigen traten erneut die Tränen in die Augen bei dem festen, glaubhaften Ton in der Stimme seiner Tochter.
„Ja“, brachte er hervor. „Der Baum wird auch immer bei Mommy sein. Das ist nämlich eine Eiche. Weißt du, was das bedeutet?“ Er setzte das kleine Mädchen wieder auf ihre eigenen Füße und griff ihre Hand. Mit langsamen Schritten entfernten sie sich von dem Baum.
„Nein. Was bedeutet eine Eiche?“, wollte sie wissen und sie legten immer mehr Entfernung zwischen sich und den Baum, stiegen jetzt bereits den Hügel hinunter.
„Die Eiche steht für Unsterblichkeit. Das heißt, dass Mommy für immer in unseren Herzen bei uns ist.“
Das kleine Mädchen fasste sich an die Brust und schaute noch einmal zurück zu der Eiche. Dann lächelte sie und als es zu regnen begann, dachte sie daran, dass sie auch unsterblich sein wollte, wenn sie tot war, wie ihre Mommy. Sie würden zusammen unsterblich sein. Das war ein schöner Gedanke.
Während der Regen Vater und Tochter durchnässte und die Eiche in immer weitere Ferne rückte, hatte auch er schöne Gedanken. Zum ersten Mal, seit seine Frau gestorben war, hatte er schöne Gedanken, die sich auch schön anfühlten. Zum ersten Mal war seine schier endlose Traurigkeit durchbrochen worden und er glaubte an seine eigenen Worte. Aber noch viel mehr glaubte er an die Worte seiner Tochter. Seine Clare würde immer bei der Eiche sein.
Dort würde er sie immer finden können, wie unerreichbar sie auch zu sein schien, denn so war es immer mit Clare und ihm gewesen: Selbst wenn sie voreinander weggelaufen waren, hatten sie sich letztendlich fangen lassen und das Weglaufen aufgegeben, um sich stattdessen unter die Eiche zu setzen und der Ruhe nach dem Sturm zu lauschen.

Dienstag, 10. Juni 2014

Buch: Das Schicksal ist ein mieser Verräter von John Green

Dear Books.



Warnung: Spoiler enthalten.

Minuten nach dem Ende des Buchs lag ich bloß da, zusammengerollt auf meinem Bett und erinnerte mich daran, wie es ist zu atmen, einfach nur zu atmen und wie lebendig man sich allein dadurch fühlt.
Es macht mich fast traurig, dass ich dieses Buch nicht vorher gelesen habe, denn dann hätte ich es jetzt – wo der Film kommt – zum zweiten Mal gelesen und das werde ich irgendwann machen, das Buch noch einmal lesen, denn das ist es definitiv wert, mehr noch. Es verlangt geradezu danach. Ich habe nämlich das Gefühl, dass einem dieses Buch sehr viel beibringen kann.
Ohne jemanden beleidigen zu wollen, denke ich, dass viele das Buch nicht verstehen, zumindest nicht vollkommen. Auch ich habe es nicht vollkommen verstanden und vielleicht ist es auch Interpretationssache, wie man das Buch versteht. Vielleicht reicht es für einige das Buch bloß zu genießen. Vielleicht ist das auch der ganze Sinn dahinter, denn Bücher sind schließlich da, um genossen zu werden. Doch ich habe einfach das Gefühl, es den Figuren schuldig zu sein, in ihrer Geschichte mehr zu sehen, als bloß eine Geschichte.

Ich will jetzt nicht über Krebs schreiben oder über den Tod oder darüber wie wunderbar die Figuren gestaltet sind. Im Grunde habe ich von keiner dieser Sachen wirklich eine Ahnung, außer vielleicht von Letzterem, aber auch das nur auf Anfängerniveau. Ich dachte immer, mit 18 Jahren hätte man von vielem eine Ahnung, aber im Endeffekt hat man das wohl nie.
Was ich weiß ist, dass ''Das Schicksal ist ein mieser Verräter'' in mir das Bedürfnis weckt, mich wieder lebendiger zu fühlen. Ich habe von meiner eigenen Realität und der wirklichen Realität geschrieben und dass mir meine eigene lieber ist, aber hin und wieder muss man fühlen, dass man lebendig ist und sich daran erinnern, wie es ist zu atmen.
Ich weiß nicht, ob das nur ein momentanes Gefühl ist – sich lebendig fühlen zu wollen. Ich weiß nicht, ob ich sagen kann, dass das Buch mich verändert hat, denn es ist erst eine Stunde her, dass ich es zu Ende gelesen habe. Aber Jetzt und Hier fühlt es sich an, als hätte dieses Buch eine sehr große Bedeutung.
Es ist kein Krebsbuch, auch wenn es das gleichzeitig doch ist. Viel mehr aber geht es um Liebe und kurze, lange Ewigkeiten, um das Gefühl, dass etwas ewig dauert und doch zu kurz ist, denn so sind Bücher und so ist das Leben: Alles dauert ewig und ist doch zu kurz.

Jetzt muss ich doch über die Figuren schreiben. Augustus und Hazel sind so tiefgründig und so einfach gestrickt, dass es auf eine Weise zusammenpasst, wie es nur der Fall ist, wenn etwas wirklich zusammenpasst. Das bezieht sich sowohl auf Augustus und Hazel für sich, als auch auf ihre Beziehung zueinander.
Der Humor ist unglaublich, ein Balanceakt zwischen Galgenhumor und Sarkasmus. Es lässt einen Grinsen und Auflachen, zum Ende hin mit Tränen in den Augen.
Es ist von Anfang an klar, dass die Liebe der Zwei nicht ewig halten wird und ich wusste durch meine beste Freundin, die mir Spoiler sehr übel nimmt, mich aber bei jeder Gelegenheit zuspoilert, dass Augustus stirbt, dennoch muss man am Ende weinen oder auch gerade deshalb.
Dabei schafft es das Buch, oder vielleicht auch eher John Green, irgendwie, dass Augustus' Tod einem zwar unfair erscheint, es aber der Lauf der Dinge ist. Das ist das Leben und das ist der Tod.

Ich mache um das Thema Tod und Krankheit und das ganze Zeug einen so großen Bogen, dass es gut und gerne Verdrängung und Furcht genannt werden kann, was in meinem Alter wahrscheinlich normal ist.
Hazel und Augustus können keinen Bogen darum machen, sie stecken mittendrin und schaffen es trotz allem zu leben und zwar richtig zu leben, mit Liebe und Videospielen und allem drum und dran. Und wenn das nicht stark ist, als was sie sich selbst nicht unbedingt bezeichnen würden, ist es auf jeden Fall bemerkenswert.
Es zeigt, dass das Leben schön ist, egal von welchem Standpunkt man es betrachtet und es zeigt, dass es gleichzeitig, noch in der selben Sekunde, immer etwas Schreckliches hat.

Es erscheint mir zu simpel, davon zu sprechen, dass das Buch einen etwas lehrt, denn das tut es nicht, auch wenn es das gleichzeitig doch tut.
Im Grunde ist es einfach ein wunderschönes Buch, das einen berührt, das einen mitfühlen lässt, einem ein kleines bisschen ein Verständnis für Tod und Krankheit gibt. In ''Das Schicksal ist ein mieser Verräter'' sind Wahrheiten zu finden, die einem selbst immer nur oberflächlich bewusst waren und das werden sie wohl auch bleiben, trotzdem hat man das Gefühl, ein bisschen mehr getan zu haben, als bloß an der Oberfläche gekratzt zu haben.
Für mich – jemand, der viel nachdenkt – ist es dennoch nicht genug, das an der Oberfläche kratzen. Es ist nicht genug, nach dem ersten Lesen. Es wird vielleicht nie genug sein, weil man nie auslernt. Es ist schwer, in unserer oberflächlichen Welt unter die Oberfläche von etwas zu gelangen. Wir erfassen immer nur Bruchstücke und können kaum das große Ganze sehen.
Doch vielleicht werden sich irgendwann diese Bruchstücke zu dem großen Ganzen zusammensetzen. Je älter man wird, je mehr Erfahrung man sammelt, je vollständiger wird das Bild.
Ich würde gerne herausfinden, wie dieses Bild aussieht, wie es für mich aussieht, was im übertragenen Sinne bedeutet, dass ich noch nicht sterben will. Natürlich will ich mit 18 Jahren noch nicht sterben.
Ich will noch lange leben, ''Das Schicksal ist ein mieser Verräter'' noch oft lesen, noch viele andere Bücher von John Green und anderen Autoren lesen und noch viel lernen. Und ich bin sehr glücklich, dass ich dazu die Gelegenheit haben werde.

Sonntag, 8. Juni 2014

Reality is...

Dear Words.

Aus The Real World von Owl City
Das ist sowas ähnliches wie mein Motto, mit Verweis auf meinen vorherigen Post.

08.06.2014

Dear Sweet Heart.

Was ist das eigentlich – die Realität?

Gibt es so etwas wie eine Realität überhaupt? Erschaffen wir sie uns selbst oder ist sie universell?
Ich habe mir diese Frage schon oft gestellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine Antwort gibt, zumindest keine, die auf jeden zutrifft, denn letztendlich ist die Realität wahrscheinlich für jeden etwas anderes und sie ist so privat und persönlich, dass sie jemand anders – egal wie gut er diese Person kennt – kaum verstehen würde.
So sehe ich das.
Ich glaube, dass jeder Mensch das Leben und bestimmte Dinge und Situationen anders erlebt. Vielleicht aufgrund von Erfahrungen oder einfach weil jeder anders ist. Der Grund ist auch gar nicht so unbedingt von Bedeutung, aber es erklärt, warum wir so verschieden sind und warum wir oft die Handlungen und Worte anderer nicht nachvollziehen können, selbst nachdem sie es uns ausführlich und auch verständlich erklärt haben.
Doch das ist es gar nicht, worum es mir hiermit eigentlich geht. Ich versuche nicht zu erklären, warum Menschen so verschieden sind und warum es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten, Missverständnisse, Streit und Krieg kommt.
Die Frage, die ich mir eigentlich stelle und zu beantworten versuchte ist: Was ist meine Realität? Lebe ich überhaupt in der Realität?
Denn die meiste Zeit damit zu verbringen durch Serien, Filme, Animes, Bücher und das Schreiben andere Leben zu leben, kann wohl kaum als Leben in der Realität bezeichnet werden, oder?
Die wirkliche Realität erscheint mir auch ziemlich langweilig. Das ist kein Ort, wo ich gerne leben würde, inmitten von Politik, Geld, Leid, Eintönigkeit, unfreundlichen Menschen und Tod. Ich glaube, diese Welt ist einfach nichts für mich, auch wenn ich mich wohl oder übel des öfteren mit ihr auseinandersetzen muss.
Deshalb lebe ich lieber in meiner eigenen Realität, erschaffen aus meinen Gedanken, die eng verknüpft sind, mit all den Leben, die ich durch Serien, Filme, Animes, Lesen und Schreiben lebe.
Ich mag diese Realität. Sie gefällt mir deutlich besser, als die Du-solltest-dich-um-deine-Zukunft-kümmern-und-hast-so-gut-wie-keine-Freunde Realität. Wer würde auch schon gerne in so einer Realität leben wollen?
Damit will ich nicht sagen, dass die Realität ein schrecklicher Ort ist. Sie hat sehr viele negative Aspekte, aber sie hat auch schöne. Zum Beispiel gibt es solche Momente, in denen die Welt einfach wunderschön wirkt – die Natur, das Bild einer Stadt bei Nacht aus einem Flugzeug, das türkise Wasser am Strand von Mallorca, eine Umarmung und ein Lächeln, ein klärendes Gespräch mit gutem Ausgang.
Die Realität kann durchaus ein schöner Ort sein, aber ich denke, dass es für mich besser ist, sie nicht zu nah an mich heran zu lassen. Ich wahre also eine gewisse Distanz zur Realität, das macht es auch leichter mit ihr umzugehen, denn so kann ich sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und mich leicht in andere hineinversetzen.
Trotzdem fürchte ich mich davor, dass die Realität eines Tages über mich hereinstürzen wird und dieser Tag könnte früher kommen, als mir lieb ist.
Mit jedem Tag, mit dem wir altern und uns weiter von dem Tag entfernen, an dem wir geborgen wurden, verlieren wir ein Stück unserer selbst erschaffenen Realität. Kinder schaffen es wohl am besten in ihrer und der wirklichen Realität zu leben, während die Jugendlichen unserer heutigen Zeit dazu neigen, sich ihre eigenen Welten zu erschaffen, doch sobald sie ''erwachsen'' sind oder zumindest von ihnen erwartet wird, sich zu verhalten, als wären sie erwachsen, stürzen diese Welten ein, sie fallen in sich zusammen und lösen sich in Nichts auf.
Ich will nicht, dass mir das passiert. Ich werde mit aller Macht an meiner selbst erschaffenen Realität festhalten, denn nur so kann ich die wirkliche Realität überstehen.
Das hat nichts mit Leugnen oder Verdrängen zu tun. Ich weiß sehr wohl, was die wirkliche Realität ist und ich kann über Politik und die kompliziertesten Dinge reden, wenn ich muss, auch wenn ich darin keinen sonderlichen Sinn sehe. Meine eigenen Realität ist einfach meine Weise mit der wirklichen Realität umzugehen.
Scheint, als hätte ich meine Antwort gefunden. Manchmal braucht es nicht mehr als das – ein paar Minuten stillen, konzentrierten Denkens und das Ordnen seiner Gedanken.

Mittwoch, 4. Juni 2014

Nachttisch aus Büchern

Dear Books.

Improvisierter Nachttisch aus Büchern von Cassandra Clare
City of Glass fehlt, weil meine irgendwie beste Freundin es noch ausgeliehen hat. Und Clockwork Princess hab ich nur auf Englisch, das müsste ich mir nochmal auf Deutsch kaufen.