Freitag, 29. Juni 2018

Was bin ich? (4)

Labels!? /o\


Was bin ich? (1) - Mensch, 'Special', Unsichtbar
Was bin ich? (2) - Damals und der Anfang
Wasbin ich? (3) – Von 'Unsicher' zu 'Das bin ich!'

So, was bin ich denn nun? Dies ist der vierte Blogpost und an sich rede ich die ganze Zeit nur um den heißen Brei herum, nicht? Ich für meinen Teil fand diese Hinführung sehr wichtig, weil ich es wichtig finde, deutlich zu machen, woher diese Gefühle kommen, wo sie ihren Ursprung haben, was überhaupt das eigentliche Problem an der ganzen Sache ist.
Es gibt so viele Vorurteile und Missverständnisse, insgesamt so viel Negatives über alles, was mit diesen ganzen Sexualitäts- und Geschlechtsdingen zusammenhängt und ich verstehe es einfach nicht. Warum wird auf den Gefühlen anderer so sehr herumgehackt? Und die Antwort auf solche frustrierten Warum-Fragen ist leider ganz oft, auch wenn das sehr platt ausgedrückt ist – die Gesellschaft.

Deshalb habe ich das Ganze ein bisschen von dem Standpunkt aus zu erklären versucht, dass eben nach wie vor in unserer Gesellschaft alles, was nicht hetero, nicht binär, nicht monogam oder auf welche Weise auch immer anders ist, als das, was als Norm vermittelt wird, als ''anders'', ''fremd'', ''falsch'' gewertet wird.
Keine Ahnung, in wieweit ich geschafft habe, das verständlich rüberzubringen. Denn ich denke auch, dass es sehr schwer ist, diesen ganzen Kram, diese Position und Sichtweise, diese Gefühle und Gedanken nachzuvollziehen, wenn man selber es nie so direkt erlebt hat. Und ich habe es nun auch nie auf eine sehr harte Weise erlebt. Mir war es die längste Zeit selbst nicht bewusst und genau darum geht es sehr viel – um ein Bewusstsein, um Feinfühligkeit für die ganze Sache.

Aber genug davon, auch wenn ich es unendlich wiederholen könnte, in der Hoffnung, dass auch die letzte Person versteht, was ich meine. Gut, die meisten Leute sind einfach nach dem zweiten oder dritten Mal schon genervt, was auch irgendwo verständlich ist, aber ein bisschen Offenheit hat ja auch noch niemandem geschadet.
Jedem das seine, auch okay. Das ist ja auch alles andere als eine falsche Einstellung. Akzeptieren und akzeptiert werden, das ist eigentlich auch schon das ganze, große Geheimnis.

Soweit so gut. Wieder zurück zur eigentlichen Frage: Was bin ich?
Am liebsten beantworte ich diese Frage schon seit einer ganzen Weile, seit meiner ersten Unsicherheiten in Bezug auf mein Geschlecht, ganz einfach so: Ich bin ein Mensch.
Dass ''Frau'' und ''Mann'' vor allem Rollenbilder meint, deshalb auch die Anführungszeichen, sollte inzwischen klar sein. Ansonsten könnte man Menschen auch direkt nach dem Geschlechtsorgan benennen, wenn es denn das ist, worum es letztendlich gehen soll und wofür diese Einteilung da sein soll.
Ich finde an sich die Einteilung unsinnig, ganz egal worauf sie sich stützen mag oder wofür sie da sein mag. Ich fühle mich von diesen zwei Kategorien nicht nur unzureichend beschrieben, sondern darüber hinaus abgestempelt, stigmatisiert, in ein Rollenbild gezwungen.
Und ja, klar war das früher noch schlimmer. Klar hat es sich gebessert. Klar sind viele Klischees dabei sich aufzulösen. Aber es ist nach wie vor ein Kampf und ein Krampf. Und zwar für alle, völlig unabhängig davon, wie sie zu diesen zwei Bezeichnungen ''Mann'' und ''Frau'' stehen mögen. Man wird immer mit Klischees, Vorurteilen und so weiter konfrontiert. Immer.

Das Umdenken, was an dieser Stelle stattfinden muss und sollte, heißt: Lasst jede Person so sein und sich so bezeichnen, wie sie möchte. Wörter sind dafür da, um von uns mit Leben gefüllt, mit einer Bedeutung versehen zu werden. Es steckt immer mehr dahinter als nur das nackte Wort, denn sonst würde das Wort gar nichts bedeuten und würde auch nicht existieren.
Sowieso hat jeder bei einem bestimmten Wort unterschiedliche Assoziationen aufgrund von unterschiedlichen Erfahrungen, Lebensumständen, der Umwelt und so weiter. Jeder sieht und erlebt die Welt anders. Jeder verwendet Worte anders.
Natürlich kann ein bestimmtes Wort dennoch im Großen und Ganzen die gleiche Bedeutung haben, aber es ist nie so leicht, dass ein Wort ganz eindeutig eine ganz bestimmte Bedeutung hat, sondern meist, das die Bedeutung klar genug ist, um sich etwas darunter vorstellen zu können, aber die Vorstellung ist dann dennoch bei jedem anders.

Das Alles gilt natürlich nicht nur für ''Mann'' und ''Frau''. Ich habe es ja eben schon auf alle Wörter an sich bezogen. Auf andere Labels trifft das Ganze demnach auch auf jeden Fall zu. Auch hier hat bei jedem Label jeder in etwa eine Vorstellung von der Bedeutung und wenn nicht, sucht die Person sich irgendwo Wissen, um sich eine Vorstellung zu machen.
Bei dieser Suche oder wenn die Person unterschiedliche Leute fragt, wird sie auf unterschiedliche Antworten, Sichten, Meinungen, Gefühle, Gedanken treffen und dadurch vielleicht verwirrt und verunsichert werden, sich fragen, was denn nun was heißt und so weiter.
Dabei ist die Antwort, die ich oben schon gegeben habe, doch eigentlich so einfach – jeder so, wie er möchte.

Und nein, niemand erfindet völlig neue Dinge. Das Gefühl ist doch schon in der Person vorhanden. Es ist nicht ''erfunden''. Sich dann irgendwie ein Wort zu basteln, das diesem Gefühl am ehesten entspricht, es am besten beschreiben kann, das ist schlicht das Nutzen von gegebenen Mitteln. Sprache ist doch dazu da, um die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken und Gefühle und Gedanken zu beschreiben.
Außerdem ist es doch sehr viel leichter, die Frage „Was bist du denn dann?“ mit einem Wort beantworten zu können. Wenn das Wort, das für die jeweilige Person am besten passen würde, aber einfach (noch) nicht existiert, warum sollte sie sich nicht ein Wort ausdenken dürfen? Klar müsste sie auch dieses Wort erklären, aber es können auch selbsterklärende Wörter gebastelt werden, die eben aus bereits Bekanntem bestehen, deren einzelne Elemente bekannt sind. Wo ist das Problem? Weil es verwirrend ist? Dann hör auf, Menschen in Schubladen stecken zu wollen.

Davon bin ich sowieso kein Freund.
Ja, ich bin ein Fangirl, weil ich sehr starke Feels bezüglich mancher Geschichten, Charaktere und so weiter habe und ich diese ganze Sache am besten mit ''Fangirl'' beschreiben kann. Ich bin aber zum Beispiel niemand, der andere, die diese Sache nicht mögen, 24/7 damit nervt. Vielleicht am Anfang und in den schlimmsten Phasen, aber ich versuche immer, mich zurückzuhalten und niemanden damit zu bedrängen oder es jemandem aufzuzwingen. Das ist aber oft ein Klischee, das mit dem Begriff ''Fangirl'' verbunden wird, während es für mich einfach heißt, dass ich sehr starke Quietsch-Gefühle für etwas habe.
Das Gleiche könnte ich jetzt noch für vieles weiteres machen, bei dem ich mich auch oftmals ein bisschen verurteilt fühle, nur weil andere beim Hören des Begriffs, den ich benutze, gleich ein bestimmtes Bild im Kopf haben, obwohl auf mich gar nicht alles dieses Bildes zutreffen muss, nur weil ich den Begriff für mich benutze. Ich benutze ihn ja auf meine Weise, so wie ich ihn verstehe und wie ich mich durch den Begriff repräsentiert fühle.

Langsam sollte deutlich werden, dass Labels für mich eine sehr schwierige Sache sind. Ich sage nicht, dass das bei jedem so ist. Manche Lesen ein bestimmtes Wort und finden sich sofort darin wieder, ohne wenn und aber. Für mich ist das aber nicht so leicht und das ist okay.
Es heißt nicht, dass ich mich ''endlich mal entscheiden muss'' oder ähnliches. Die meiste Zeit über war es für mich sogar völlig okay, zu sagen, dass ich mich nicht labeln möchte und einfach nur ein Mensch bin. Fertig.
Ob oder was sich in der Hinsicht verändert hat, kann ich nicht genau sagen. Vieles hat sicher mit dem Gefühl zu tun, unsichtbar zu sein, als würde mein Geschlecht nicht existieren, als wäre meine Identität nicht echt, sondern nur ausgedacht, nur ein Hirngespinst, nur ''Einbildung'' und zu viel Nachdenken.

Ich gerate schnell zu solchen Gedankengängen und komme mir vor, als wären meine Gefühle nicht wirklich, als hätte ich kein Recht so zu fühlen und würde mich nur unnötig aufspielen oder ähnliches. Wie sich dadurch Unsicherheiten bei mir aufbauen, besonders bei diesem Thema, habe ich ja bereits beschrieben und auch, dass dies hier, das offene Sprechen darüber, mein Versuch ist, gegen diese Unsicherheiten anzukämpfen und zu sagen: Nein! Das, was ich fühle, könnte echter nicht sein, eben weil ich es fühle!

Aus ähnlichen Gründen habe ich nun also auch angefangen, zu überlegen, welche Labels vielleicht doch irgendwie zu mir passen könnten, wo ich mich doch irgendwo wiederfinde. Labels sind immerhin auch zur Orientierung da und um zu zeigen, wer alles ähnlich fühlt und all sowas und in der Hinsicht sind sie sehr sehr hilfreich und sehr wichtig.
Denn diese Gefühle, die die Sexualität und das Geschlecht betreffen, sind nichts, was man anderen ansehen kann. Also wenn es mal irgendwie zur Sprache kommt, ist es doch schön, sagen zu können: Bei mir sieht das so und so aus. Und oftmals bleibt da ein bestimmtes Wort eben eher hängen, als eine lange Erklärung, selbst wenn diese trotzdem zunächst nötig ist.

Also, ich höre dann mal auf, es weiter aufzuschieben. Hier sind ein paar Flaggen mit dem dazugehörigen Label, für das sie stehen.


Ich werde das Ganze jetzt in einzelne Kategorien aufbrechen und erklären, warum ich mich bei den Labels, deren Flaggen ich aufgemalt habe, wiederfinde. Alles davon ist meine Meinung und meine Sicht, wie zuvor beschrieben. Ich versuche trotzdem so gut wie möglich auch die ''allgemeine Bedeutung'' der einzelnen Begriffe zu beschreiben, aber wie bereits geschrieben, hat da jeder noch einmal individuelle Gefühle und Gedanken zu. Hier geht es um meine Gefühle und Gedanken.
Wobei ich natürlich auch offen für Anmerkungen und ähnliches bin. Am ehesten sollte das über Twitter gehen, da ich dort am aktivsten bin. Die Kommentarfunktion unter den Posts zu diesem Thema musste ich leider deaktivieren.

Sexualität: Dies ist die Kategorie, zu der die erste Flagge gehört. Ich bin pansexuell. Wie die kleine Flagge darunter zeigt, würde ich mich auch als bisexuell bezeichnen. Die zwei Begriffe können das Gleiche bedeuten, auch wenn sie theoretisch zwei unterschiedliche Orientierungen beschreiben.
Pansexuell zu sein, erkläre ich für mich immer mit ''Es ist mir egal, welches Geschlecht eine andere Person hat''.
Zur Erklärung, auch wenn das wahrscheinlich jeder weiß – heterosexuell = romantische/sexuelle/etc. Gefühle für Personen des anderen Geschlechts, homosexuell = romantische/sexuelle/etc. Gefühle für Personen des gleichen Geschlechts.
Bisexuell ist den meisten inzwischen auch ein Begriff und würde, wenn man nach dem ''bi'' in dem Wort geht, heißen, dass man romantische/sexuelle/etc. Gefühle für Personen von zwei unterschiedlichen Geschlechtern entwickeln kann oder auch, und hier deckt sich die Bedeutung mit pansexuell, schlicht für Personen unterschiedlicher Geschlechter. Vereinfacht gesagt: Bisexuelle stehen nicht nur auf Personen eines bestimmten Geschlechts.
Meinem Verständnis nach, heißt pansexuell dann, dass man romantische/sexuelle/etc. Gefühle für Personen jedes Geschlechts entwickeln kann.
Da bisexuell aber eher bekannt ist als pansexuell und deshalb weniger Erklärung bedarf und eben auch für das Entwickeln von Gefühlen für mehr als nur ein Geschlecht steht, ist es manchmal leichter, bisexuell als Label zu benutzen, da es sich in dieser Hinsicht mit pansexuell deckt.
Zu sagen, dass ich bisexuell bin, wäre also ähnlich richtig, wie ''Ich bin pansexuell''. Mir sagt pansexuell an sich mehr zu, da es mit aufgreift, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt, während das ''bi'' von bisexuell irgendwo noch zwei Geschlechter impliziert, wobei zwei Geschlechter auch durchaus nicht ''Mann'' und ''Frau'' heißen muss, da es ja mehr als nur die zwei gibt. Ich würde aber über mich sagen, dass mir das Geschlecht tatsächlich vollkommen egal ist und ich für jedes Geschlecht romantische/sexuelle/etc. Gefühle entwickeln könnte.

Sexuelle Gefühle: Ich bin mir nicht ganz sicher, was den Namen für diese Kategorie betrifft. An sich fällt es wohl auch unter Sexualität, nur eben nicht ''zu was fühle ich mich hingezogen'', sondern eher ''inwieweit bin ich zu Sex bereit'' oder irgendwas in die Richtung. Es ist etwas schwer zu benennen.
Und nein, ich werde hier jetzt nicht direkt auf meine sexuelle Aktivität oder sowas in der Art eingehen. Das geht wirklich nur mich und eventuelle Sex-Partner etwas an und sonst niemanden.
Aber es ist wichtig, auf dieses Thema aufmerksam zu machen, da es auch eine Sache ist, wegen der ich mich oftmals irgendwie seltsam gefühlt habe und auch fühle. Es ist schön, jetzt ein Wort dafür zu haben und zu wissen, dass ich nicht die einzige Person bin, andere das Gefühl auch kennen und es keinen Grund gibt, dass ich mich deshalb komisch fühlen müsste.
Ich bin demisexuell, was unter das asexuelle Spektrum fällt. Deshalb ist unter der Demisexual Pride Flag (rechts neben der Pansexual Pride Flag) die Asexual Pride Flag.
Asexualität ist etwas, das sehr sehr vielen gar kein Begriff ist, dabei bin ich mir sehr sicher, dass es wirklich viele Menschen betrifft, die dafür einfach kein Wort kennen oder sich dessen gar nicht richtig bewusst sind, weil sie nicht wissen, dass es auch etwas anderes als ''Sex ist so geil und gut!!!'' gibt und sich deshalb dazu zwingen, Sex zu haben und ihre negativen Gefühle abtun oder verdrängen. In der Hinsicht bin ich wirklich froh, meinem Bauchgefühl immer vertraut zu haben und mich nicht zu etwas gezwungen habe, das sich einfach falsch angefühlt hat.
Da Asexualität ein Spektrum ist, kann es vieles heißen. Der Grundgedanke ist, dass nicht alle Menschen super begeistert von Sex sind, unabhängig davon, ob es ''guter'' Sex, Sex mit ''der richtigen Person'' ist oder ob man ''einfach nur unerfahren ist, weil man noch kaum bis gar nicht Sex hatte''. Asexualität ist genauso wenig etwas, dass man sich aussucht oder eine Krankheit, wie Homosexualität.
Keinen Sex haben zu wollen oder Sex, egal in welcher Hinsicht, nicht als angenehm zu empfinden, ist völlig okay. Jeder ist da anders und das ist völlig okay. Wenn man etwas nicht will, da es sich nicht gut anfühlt, ist das völlig okay und da braucht es keine weiteren Gründe oder ähnliches. Es ist einfach so.
An und für sich heißt Asexuell Sein also, dass man keinen Sex haben möchte/hat. Was genau heißt dann Demisexuell und was hat es mit Asexuell zu tun?
Demisexuell zu sein heißt für mich, dass ich sexuelle Beziehungen zunächst auf sehr sehr viel platonischem Vertrauen und ''Kennen'' einer Person aufbauen müsste. Ich denke nicht, dass ich grundsätzlich Sex gegenüber abgeneigt bin, bin mir aber auch da noch etwas unsicher. Es könnte sein, dass ich tatsächlich ''komplett'' asexuell bin und keinerlei Sex haben möchte, aber zurzeit schließe ich noch nicht aus, dass es bei mir einfach sehr viel vorherige Nähe zu der anderen Person/den anderen Personen bräuchte.

Geschlechtsidentität: Dies ist die Kategorie, mit der ich wohl am meisten zu struggeln habe. Deshalb findet ihr da auch gleich ganze fünf Pride Flags, die ich aufgemalt habe. Wie, was und warum genau ich mich so fühle und warum ich dieses ganze, binäre ''Mann'' oder ''Frau'' unsinnig finde, habe ich ja bereits lang und breit erklärt, ebenso was mein Problem mit dieser Kategorie ist und dass ich eigentlich sagen würde beziehungsweise bis vor Kurzem immer gesagt habe, dass ich einfach ein Mensch bin.
Das Ganze ist aber doch etwas komplexer und es gibt doch ein paar Label, die mir da mehr oder weniger zusagen oder bei denen ich mich irgendwie wiederfinde.
Als obersten Oberbegriff sehe ich mich als genderqueer. Für mich heißt das, dass ich mich nicht bei ''100% Frau'' oder ''100% Mann'' wiederfinde und zu sagen, dass ich eine Frau bin, bei mir immer das Bedürfnis hervorruft zu sagen: „Ja, das ist nicht direkt falsch, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit.“ In meinem Youtube-Video zu dem Thema hatte ich deshalb gesagt: „Ich fühle mich nicht nur als Frau.“
Da ''queer'' einfach heißt, dass es nicht der Norm entspricht und mich allgemein der Begriff ''queer'' als Bezeichnung für meine Gefühle in Hinblick auf Sexualität und Geschlechtsidentität sehr anspricht, finde ich genderqueer sehr passend.
Zu sagen, dass ich non-binary bin, klingt für mich auch nicht falsch. Wie das Wort schon selbst sagt, heißt es, dass ich nicht binär bin, also nicht (nur) Mann oder Frau. Es kann auch heißen, dass ich weder Mann noch Frau bin, mich also als keins der beiden Geschlechter identifiziere. Auch darin finde ich mich wieder, da wie schon des öfteren erwähnt, ''Mann'' und ''Frau'' in vielerlei Hinsicht für mich wenig bis gar keinen Sinn machen oder zumindest nicht in dem Verständnis, das die Gesellschaft von diesen zwei Kategorien hat.
In ähnliche Richtung geht auch Neutrois, was sowas wie ein Begriff für ''neutrales Geschlecht'' ist, soweit ich es verstehe. Es ist einer der Begriffe/Labels, mit dem ich mich bisher sehr wenig beschäftigt habe, aber ich finde, dass er doch recht selbsterklärend ist. Auch hier wird gesagt, dass man nicht Mann oder Frau ist, sondern ein neutrales Geschlecht hat.
Auch in diese Richtung geht Agender, was bedeutet, kein Geschlecht zu besitzen. Neutrales Geschlecht und kein Geschlecht sind natürlich noch einmal ein Unterschied, aber vom Prinzip her geht es in die gleiche Richtung. Ich denke mal, dass der Hintergrundgedanke bei Neutrois oder allgemein bei neutralem Geschlecht/Geschlechtern ist, ein weiteres Geschlecht neben Mann und Frau zu haben, während Agender eher bedeutet, gar kein Geschlecht zu haben, sich also ganz von dem Prinzip Geschlecht zu lösen.
Ich bin beidem nicht ganz abgeneigt. Tatsächlich betrachte ich genderqueer und non-binary auch eher als Spektren, also quasi Oberbegriffe, die einfach nur sagen, dass mein Geschlecht nicht ins binäre System (also Mann oder Frau) passt.
Ganz vom Geschlecht loslösen, funktioniert für mich aber irgendwie trotzdem nicht so ganz, auch wenn ich das Prinzip Geschlecht etwas unsinnig finde. Es ist ja dennoch irgendwie aus einem Grund da und hat eine gewisse Bedeutung, auch wenn ich weder diesen für mich existenten Grund oder diese Bedeutung wirklich benennen kann. Frei von dem Prinzip von Geschlecht fühle ich mich bisher definitiv nicht und ich denke, ein neutrales Geschlecht würde mir eventuell eher entsprechen, aber mit genderqueer und non-binary fühle ich mich zurzeit wohler.
Zum Schluss noch zu der anderen großen Flagge: Ich bin genderfluid. Was heißt das jetzt nun wieder!? Es heißt, dass mein Geschlecht nichts festes ist, sondern sich verändern kann, ''flüssig'' ist. Da ich mich als mehr als nur ein Geschlecht fühle oder vielleicht auch als gar keins oder ein neutrales, habe ich schon sehr früh festgestellt, dass es bei mir wohl wechselt. Das heißt nicht, dass das bei jedem so ist, der sich als mehr als nur ein Geschlecht fühlt oder keins oder ein neutrales hat. Aber bei mir ist es so, zumindest zurzeit.
In der Praxis heißt das größtenteils, dass ich mich manchmal eher weiblich fühle und manchmal eher neutral oder als hätte ich kein Geschlecht, was ich dann einfach mit non-binary bezeichnen würde. Es gibt aber auch dazu noch Momente, wo ich mich eher männlicher fühle oder sowohl weiblich als auch männlich.
Hä, wie geht das denn!? Na ja, es ist eben eine Stimmungs- und Gefühlssache. So wie man zum Beispiel gleichzeitig traurig und glücklich über eine Sache sein kann und etwas später dann nur noch traurig ist und noch ein bisschen später nur noch glücklich.
Ich weiß selber nicht genau, wie ich es gut erklären soll, weil es gleichzeitig komplex und ziemlich simpel ist, aber dadurch, dass es vielen so fremd ist, überwiegt meist der komplexe Anteil. Aber dann gibt es auch wiederum Menschen, die nur den simplen Anteil sehen und verwirrt darüber sind, was der ganze Blödsinn überhaupt soll.
Ich habe selbst die längste Zeit zur zweiten Kategorie Mensch gehört und war verwirrt, warum es so viele Begriffe für etwas gibt, dass man doch eigentlich gar nicht weiter beschreiben muss, weil es für jeden eine persönliche Sache ist.
Inzwischen fühle ich da halt etwas anders, weil ich es wichtig finde, aufzuzeigen, dass es nicht nur Mann und Frau gibt, sondern diese ganze Geschlechtssache viel viel komplexer, aber dadurch nicht gleich seltsam oder ähnliches ist, sondern sich jeder eben so fühlt, wie er sich fühlt und das auch sehr gerne benennen darf.
Und bei mir wechselt das Geschlecht eben manchmal, je nachdem wie ich mich fühle. Manchmal weiß ich das dann selbst nicht so genau und woran ich das festmache, kann ich auch schlecht sagen. Aber das muss ich ja auch gar nicht, weil es meine Sache ist, nicht? Es ist eben, wie es ist.

Beziehungsform (?): Noch so eine Kategorie, bei der ich nicht genau weiß, wie ich sie nennen soll. Ich bin sicher, dass es bereits Namen für diese Kategorien gibt, aber ja, ich denke mir einfach irgendwie selber was aus, dass es irgendwie für mich beschreibt. (Aka ich bin zu faul, um danach zu recherchieren.)
Die Flagge beziehungsweise Flaggen, die hierzu gehören, sind die Polyamorie Flaggen und die für Polysexuell. Ob ich polysexuell bin? Vielleicht. Ob ich polyamorös bin? Wahrscheinlich.
Polyamorie beschreibt die Liebe zwischen mehr als zwei Personen. Monogamie ist das Gegenstück dazu, wenn man so will. Wobei ein polyamoröser Mensch auch durchaus eine monogame Beziehung eingehen kann, wenn das von einer anderen Person gewünscht ist. An sich schließt sich das nicht aus.
Polyamorös heißt für mich, dass ich mir vorstellen kann, eine offene Beziehung zu führen oder mit jemandem fest zusammen zu sein, der selber noch mit anderen Personen zusammen ist und/oder Sex hat und/oder ähnliches/romantisches/etc. Ich könnte mir aber auch selber vorstellen mit mehreren Leuten eine Art Beziehung zu führen, also quasi alles was über Freundschaft hinausgeht. Ohnehin heißt polyamorös zu sein für mich in vielerlei Hinsicht einfach dieses ganze Konzept von einer (festen) Beziehung lockerer zu sehen, da ich vieles, was eine solche feste Beziehung in ihrer klassischen Form heißt, irgendwie abschreckend finde, vor allem was dieses ganze 'Verantwortungsding' betrifft. Ich weiß nicht, wie ich es besser benennen soll. Aber einfach dieser feste Aspekt an dem Konzept Beziehung. Das klingt für mich einfach viel zu ernst und irgendwie endgültig. Klar verspricht es auch eine gewisse Sicherheit und ich bin jemand, der sich emotional immer sehr an andere Menschen bindet, aber ich mag den ganzen Druck bis Zwang, der für mich mit dem Klang von 'fester Beziehung' einhergeht, überhaupt nicht.
Wie ich aber geschrieben habe, bin ich ''nur'' wahrscheinlich polyamorös, da ich das Konzept einer klassischen Beziehung bisher immer sehr abschreckend fand und finde. Könnte aber auch durchaus sein, dass ich nur momentan so empfinde, was mich für jetzt nicht weniger polyamorös macht. Aber mir gefällt der Gedanke sehr, dass es um die (romantische/sexuelle/etc.) Liebe an sich geht und nicht darum, sich fest gegenüber einer einzigen Person zu verpflichten. Ich bin mir sehr sicher, mehr als eine Person zurzeit auf einer Ebene lieben zu können, die über Freundschaft hinausgeht und ich denke, das macht mich polyamorös.
Polysexuell ist noch einmal eine etwas andere Geschichte. Es kann auch als ein anderes Wort für das, was pansexuell beschreibt, verwendet werden, also schlicht dass man sexuelle/romantische/etc. Gefühle für Personen unterschiedlicher Geschlechter entwickeln kann. Ich sehe es hier unter der Kategorie aber eher so: Polysexuell beschreibt Sex beziehungsweise sexuelle Handlungen mit mehr als einer Person gleichzeitig oder auch allgemein mit nicht nur einer Person zurzeit im Sinne von nicht nur einen festen Sex-Partner zu haben, sondern wechselnde, ob man mit den Personen in einer Beziehung ist oder nicht. Soweit zumindest mein Verständnis von dem Begriff. Und ja, auch das kann ich mir bis zu einem gewissen Grad vorstellen, eben weil ich auch das klassische Konzept von Beziehung in gewisser Weise eher ablehne und in dem Sinne es mir auch vorstellen könnte, mit mehr als nur einer Person (gleichzeitig) Sex zu haben.
Klar kommt hier natürlich auch wieder hinzu, dass ich demisexuell bin und demnach nie ''einfach so'' mit einer Person oder mehreren Personen Sex haben möchte, aber ich denke nicht, dass sich das grundsätzlich ausschließt. Wenn es mehrere Personen gibt, denen ich nah genug bin, um dem Gedanken und dem Gefühl von Sex nicht abgeneigt zu sein, könnte ich mir durchaus Sex oder sexuelle Handlungen mit mehreren Personen vorstellen.

Romantische Orientierung/Gefühle: Hier habe ich mir die Flaggen für Grau-romantisch und Aromantisch aufgemalt. Was ist das jetzt schon wieder!?
Wie Asexualität/Demisexualität ist die romantische Orientierung auch etwas, dass so oder so existiert und völlig okay ist. Und natürlich muss man es nicht benennen, wenn man es nicht möchte, aber ich finde es irgendwie schön und interessant, ein Wort dafür zu haben, da es eben vieles erleichtert, wie bereits zuvor erklärt.
Aromantisch ist wieder mehr oder weniger ein Spektrum, genau wie Asexualität. Aromantisch kann in dem Sinne Vieles meinen. Zunächst einmal heißt es, dass einem romantische Dinge nicht wirklich gefallen, um es ganz einfach auszudrücken. Und so einfach ist es im Prinzip auch. Aromantische Menschen können mit Romantik nicht viel anfangen und empfinden romantische Handlungen eher als unangenehm.
Ich sehe mich selber als grau-romantisch. Grau-romantisch ist quasi eine Abstufung innerhalb des Spektrums. Ich empfinde romantische Handlungen nicht grundsätzlich als unangenehm und ich denke, ich kann und könnte an einigen solcher Handlungen auch Gefallen finden. Es ist nur meistens eher so ein ''Ugh''-Gefühl, wobei ich romantische und sexuelle Handlungen in Geschichten, wenn es gut beschrieben ist, sehr sehr liebe. (Das schließt sich nicht gegenseitig aus. Vorstellung ≠ Realität.)

Ja... So viel dazu. Das war eigentlich alles, was ich jetzt gerade zu diesem Thema zu sagen habe. Ja, vielleicht waren die vorherigen Blogposts irgendwie etwas überflüssig oder so, aber ich wollte diese ganzen Gedanken wirklich schon seit einer langen Zeit formulieren und da hat sich über die Zeit eben eher mehr als weniger angesammelt.
An dieser Stelle nochmal: Ich konnte sehr lange einfach nicht über dieses Thema reden und selbst jetzt bin ich immer noch sehr unsicher, eben weil das Alles so intim und persönlich und auch komplex und kompliziert ist und in gewisser Weise irgendwie unangenehm.
Aber ich wollte das Ganze auch einfach nicht länger unter meinen eigenen mentalen Tisch kehren. In Ansätzen habe ich hier und da schon mal Dinge erwähnt, doch ich wollte es ja nie zu einer großen Sache machen. Es ist auch jetzt keine große Sache, aber es ist eine Sache und deshalb wollte ich darüber schreiben und in Form von Blogposts kann ich meine Gedanken am besten ordnen und für mich am besten festhalten.

So, nun aber genug des Rumerklärens. Vielleicht sind einige von euch jetzt ja ein bisschen schlauer oder wissen einfach ein bisschen mehr über mich oder haben eventuell noch Fragen. Google ist immer euer Freund und Helfer und weiß sehr sehr viel mehr als ich je wissen könnte.
Ansonsten, ähm, danke für's Lesen? Ich bin auf jeden Fall froh, dieses ganze Zeug mal in Worte gefasst zu haben und dadurch irgendwie auch selber ein kleines bisschen mehr Klarheit gewonnen zu haben.

Fazit:
  1. Sexualität: Pansexuell – romantische/sexuelle/etc. Gefühle zu Menschen jeden Geschlechts.
  2. Sexuelle Gefühle: Demisexuell – sehr sehr viel Vertrauen und ''Kennen'' einer Person als Voraussetzung für sexuelle Dinge.
  3. Geschlechtsidentität: Genderqueer/Non-binary – außerhalb des binären Geschlechtssystems (Mann oder Frau), Genderluid – Geschlecht wechselt.
  4. Beziehungsform (?): Polyamorös – Liebe und festere Beziehungsstrukturen zu mehreren Personen gleichzeitig, Polysexuell – sexuelle Dinge mit mehr als einer Person (zur Zeit).
  5. Romantische Orientierung/Gefühle: Grau-romantisch – romantische Handlungen können manchmal okay sein, sind aber oft eher unangenehm.