Freitag, 3. Februar 2017

Chancen

Ich schreibe, um herauszufinden, was sich alles hinter den Worten, in den Worten und dadurch in mir, in der Welt, in jeder der Geschichten, die ich erzählen will, verbirgt. Ich schreibe und jedes Wort ist eine neue Chance, jeder Gedanke eine neue Möglichkeit. Nichts ist für die Ewigkeit. Alles ist Veränderung.
Schreiben ist wie das Leben. Voller Chancen, die ich ergreifen möchte und doch strecke ich nur zögerlich die Hände danach aus, halte mich selbst zurück, fürchte mich vor dem Ungewissen, vor dem Fall, vor dem Risiko.
Ich fürchte mich vor Fehlern, vor Dummheiten. Ich bin unsicher und fühle mich schwach, zerbrechlich. Ich weiß um die Macht von Worten, von den kleinsten Taten. Umso erschütternder die großen Ereignisse, die mein Herz zerreißen. Auch das verbirgt sich hinter jeder Chance – die Gefahr.
Sie mögen leuchten im ersten Moment, glitzern voller Verheißung, verursachen ein warmes Herz und fluffige Träumereien. Sie sind stark, mit ihrer übermächtigen Zauberei ziehen sie einen in ihren Bann und leuchten heller und heller und heller.
Sie leuchten so hell, dass vergessen wird wie es ohne ihr Licht war. Sie leuchten so hell, dass man nach ihnen greifen, sie in den Händen halten und sie in sich einschließen möchte. Sie sind so real manchmal, erfüllen alles, füllen alles aus mit ihrer rätselhaften, wunderbaren Magie.
Chancen sind es, für die ich es versuche. Chancen sind das, was ich nicht loslassen kann. Chancen sind das, was mich davon abhält, aufzugeben. Es ist diese Magie, die mich gebannt hält. Diese Möglichkeit nach Erfüllung.
Ich starre sie bewundernd an, die Chancen. Wie in Trance berührte ich sie mit den Fingern, fühle sie, greife zu und lasse nicht mehr los. Sie zappelt in meinen Händen, die Chance. Irgendwann wird sie ruhig. Irgendwann lasse ich sie wieder frei und wenn sie will, bleibt sie.
Jede Chance ist es wert. Ich werde mutiger, strecke mich nach immer größeren, verheißungsvolleren Chancen, die wie Sterne in der Dunkelheit aufblitzen. Alles Licht ist besser, als die Dunkelheit. Nichts ist so einsam wie Dunkelheit. Ich will hoffen und die Chancen ergreifen, die Möglichkeiten mehr sein lassen, als bloß Möglichkeiten.
Ich will die Chancen in etwas echtes verwandeln, will lebendige Worte schreiben, lebendige Geschichten. Ich will immer mehr als das, was ich habe. Ich will egoistisch und selbstsüchtig sein, denn es ist mein Leben und es ist das, was ich daraus mache. Es sind meine Worte, meine Welten, meine Gedanken.
Und ich will sie teilen. Ich will verstanden werden und erklären und ehrlich sein.
Dafür sind Worte da, nicht? So viel Wahrheit wie möglich möchte ich in sie stecken. So viel Erklärung und Verständnis wie möglich. So viel Ich wie möglich.
Es ist chaotisch und nicht genug, nie genug und nie perfekt, nie wirklich vollkommen zufriedenstellend. Aber es ist etwas und aus etwas kann mehr werden. Etwas ist ein Anfang. Vielleicht der Anfang.
Chancen sind das, was aus ihnen gemacht wird. Chancen können einfach vorbeiziehen, unberührt und mit sehnsüchtigem Blick verfolgt. Chancen können so viel mehr sein als sie im ersten Moment erschienen. Chancen können enttäuschen und sich in die Gefahr, die sie immer mit sich bringen, verwandeln, von dieser Gefahr beherrscht und eingenommen werden. Chancen können alles ändern, zum Guten wie zum Schlechten.
Chancen sollten nicht aufgegeben werden. Manchmal ist es besser, Dinge gehen zu lassen. Aber manchmal ist das Festhalten, das Nicht-Aufgeben eine weitere Chance. Manchmal lohnt es sich.
Manchmal lohnt sich Schmerz. Schmerz hat Bedeutung. Schmerz heißt, dass es wichtig ist. Schmerz heißt, dass etwas da war. Schmerz heißt, dass die Chance echt war. Und Schmerz kann auch heißen, dass noch immer etwas da ist, dass es nicht verschwunden ist, dass die Chance weiterhin besteht.
Nichts ist umsonst. Keine Chance ist je umsonst. Das Ergreifen von Chancen kann alles verändern. Wieder und wieder und wieder.
Das Leben wird sich immer ändern. Dinge werden sich immer ändern. Chancen zu ergreifen ist immer nur ein kurzer Festhalte-Moment, um die Hände gleich im nächsten Moment wieder frei zu haben für die nächste Chance.
Eine verpasste Chance, das Loslassen einer Sache muss nicht den kompletten Verlust bedeuten. Chancen werden immer wieder kommen. Und wenn eine Chance so wichtig, so viel wichtiger war, als alle anderen und ihr sehnsüchtig hinterher zu sehen, so schmerzt, kann nur gehofft werden, dass sie zu einem zurückkommt. Denn das wird sie auf die ein oder andere Weise.
Chancen sind wie das Leben: Unvorhersehbar und doch so deutlich. Sie sind immer da, wie die Sterne am Nachthimmel.
Ich strecke die Hände aus, schreibe Worte und ich weiß und fühle, dass ich die richtige Chance ergriffen habe. Ich vertraue auf dieses Wissen, dieses Gefühl. Ich vertraue auf mich selbst, meine Worte, meine Ehrlichkeit und darauf, dass immer neue Chancen kommen werden, nichts je ganz verloren geht.
Denn daran glaube ich: An morgen und an Chancen.

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