Dienstag, 8. September 2015

08.09.2015 - Die Sehnsucht nach Veränderung

Dear Sweet Heart.

Wie real plötzlich alles wird. All die Pläne, all die Fantasien, Vorstellungen und Gedanken, die mir manchmal so durch den Kopf gehen. Sehr bald wird das Alles Realität sein.
Ich weiß nicht, ob das Angst ist, was ich fühle. Angst ist sicherlich auch dabei. Veränderungen, besonders solche riesengroßen, sind immer angsteinflößend. Aber ich will es ja, so wie ich auch unbedingt damals endlich auf die Oberstufe wollte und am Ende der Oberstufe unbedingt endlich mit der Schule fertig sein wollte.
Sowohl das Ende meiner Mittelstufenzeit als auch das Ende meiner Oberstufenzeit waren nicht sehr schön. Meine Erinnerung ist vielleicht etwas überdramatisch und es gibt sicher schlimmeres, aber ich habe mich beide Male sehr verloren und ängstlich und klein gefühlt und ich habe mehr als alles andere gewollt, dass sich etwas ändert. Die Veränderung war meine einzige Hoffnung.
Ich weiß nicht, warum diese beiden Male sich so furchtbar ähnlich sind, warum sich meine Freunde, die beim zweiten Mal andere waren als beim ersten Mal, quasi von mir abgewandt haben, besonders meine beste Freundin. Ich weiß nicht, ob es einfach nur war, weil wir uns auseinander gelebt hatten oder weil vielleicht irgendwas an mir ist, dass ich selbst nicht sehe oder weil vielleicht etwas zwischen uns einfach nicht gepasst hat. Ich werde es wohl auch nie wissen.
Dieses Mal ist es etwas anders. Ach was, alles ist dieses Mal anders. Die neue Freunde, die ich im letzten Jahr dazu gewonnen habe, sind entweder nicht so super enge Freunde, die ständig um mich sind und mit denen ich mich oft treffe oder es sind Internetfreunde, die ich teilweise sogar nur übers Internet kenne und noch nie direkt getroffen habe. Mit keinen von denen habe ich mich auseinandergelebt oder ähnliches. Sie haben mich auch eher passiv als aktiv in dem letzten Jahr begleitet, aber sie sind immer noch da und werden das auch bleiben und das ist schön.
Dennoch sehne ich mich auch dieses Mal schon seit Monaten nach Veränderung. Ich weiß gar nicht genau, wann es angefangen hat. Es muss kurz nachdem ich mit der Schule fertig war, gewesen sein. Dieser Gedanke, dieses Bedürfnis – Ich will ausziehen.
Jetzt, wo ich zurückdenke und wo es so kurz bevorsteht, klingt es irgendwie brutal. Ich will ausziehen. Ich will weg. Ich will nicht mehr hier sein.
Hier ist mir alles vertraut. Hier kenne ich alles. Hier gibt es nichts Neues.
Klar, würde ich hier auf die Uni gehen, würde ich auch eine Menge neuer Erfahrungen machen, Neues sehen, neue Leute kennenlernen. Aber es wäre nicht... vollkommen, nicht vollständig, irgendwie nur halb und nicht genug.
Ich weiß nicht, warum ich das Gefühl habe, diese große Veränderung zu brauchen. Es gibt eigentlich nichts, vor dem ich davon laufen könnte. Vielleicht geht es auch eher darum, auf etwas zu zu laufen, etwas zu finden, von dem ich das Gefühl habe, dass ich es hier nicht finden kann. Ja. Ja, das ergibt Sinn.
Ich habe immer nach Leuten gesucht, die mich verstehen und bei denen ich, ich selbst sein kann und klar hat das auch viel mit mir selbst zu tun, in wie weit ich mich öffne und wie unsicher ich bin. Doch ich habe mich im letzten Jahr ziemlich verändert, bin viel mutiger geworden, was auch meine Entscheidung, soweit weg zu ziehen, zeigt. Ich habe mich verändert, aber ich habe das Gefühl, meine Umgebung ist immer noch die Gleiche und sie wird genauso bleiben.
Einerseits ist das natürlich schön, wenn etwas bleibt und beständig ist, dieses Gefühl von Vertrautheit und Sicherheit. Aber es ist auch ein bisschen wie ein Käfig. Ich bin gefangen, in der Vergangenheit. In meinem Inneren ist so vieles anders, aber ich sehe immer noch die gleichen Orte und denke nur an all die Dinge, die gewesen sind.
Ich brauche neue Erinnerungen, neue Orte, etwas Abenteuer.
Niemals hätte ich gedacht, dass ich jemand bin, der sich nach Abenteuer sieht. Ich mag Sicherheit. Ich mag Vertrautheit. Ich verbringe die meiste Zeit in meinem Zimmer. Ich gehe nicht gerne raus, gehe nicht gerne unter Menschen. Und das ist eigentlich auch gar nicht weiter schlimm. Mein liebsten Hobby ist es zu schreiben und auch alle anderen Hobbys, denen ich hin und wieder nachgehe, spielen sich drinnen und alleine ab. Ich bin kein Menschenmensch, auch wenn ich manchmal sehr kuschelbedürftig und anhänglich und vermissend bin.
Wenn mein Leben und besonders auch das letzte Jahr mir aber eines beigebracht haben, dann, dass ich Veränderungen brauche. Ich brauche Neues und deshalb will ich jetzt alles komplett neu. Ein Neustart sozusagen, ein komplett neuer Anfang. Es ist ungewiss und angsteinflößend, aber auch aufregend und spannend. Und ich habe auch gelernt, wie wichtig Mut ist und ins kalte Wasser zu springen. So vieles passiert nicht, wenn man Gelegenheiten nicht nutzt, wenn man nicht bereit ist, sich selbst zu befreien.
Es ist schön hier, wo ich bin, mit meiner Familie und den guten Freunden, die ich habe und zu denen ich die Freundschaft ruhig noch etwas intensivieren könnte, was von weit weg ziemlich schwierig sein wird. Aber es ist allein schon schön zu wissen, dass sie da sein werden, wenn ich wieder komme. Die Freundschaften, die ich hier habe, sind Freundschaften, die mir nicht weh tun und auch nie weh getan haben und das ist sehr wichtig. Es sind Freundschaften, wo ich immer ehrlich sein konnte und kann und die auch nicht wegbrechen, wenn man sich länger nicht meldet. Sie sind immer da, so wie Freunde es sein sollten. Diese Freundschaften gefunden zu haben, dafür bin ich sehr, sehr dankbar.
Doch ich kann und will nicht akzeptieren, dass das schon alles ist. Alles, was ich bisher gesehen und erlebt habe, kann niemals schon alles gewesen sein. Ja, klar, ist ja auch unmöglich, ich bin erst 19. Das Leben liegt noch vor mir. Was hinter mir liegt, ist meine Jugend. Natürlich bin ich noch lange nicht ''erwachsen'' und das will ich auch gar nicht sein, aber ich will vorwärtsgehen, weiterkommen.
Hier, wo ich jetzt bin, kommt es mir vor, als würde ich stillstehen und selbst wenn ich mich bewege, bin ich doch immer noch an der selben Stelle. Hier, wo ich bin, gibt es nichts Neues, nichts Spannendes für mich, nichts Erstrebenswertes.
Ich weiß schon lange, dass ich hier weg will, weg muss, weil ein Ort nicht genug ist. Ich will mehr. Ich will meinen Träumen hinterher jagen. Ich will mich richtig verlieben und irgendeine völlig verrückte Liebesgeschichte erleben. Ich will Risiko, Abenteuer. Ich will Menschen, die überrascht von mir sind. Ich will allen zeigen, was in mir steckt.
Das klingt wie eine Kampferklärung, eine Kampferklärung an mein Leben, mein Schicksal, falls es so etwas gibt. Und das ist es auch. Ich will kämpfen – für alles, was mir wichtig ist, für alles, woran ich glaube, für alles, was ich mir erträume.
Hier, in Ketten liegend, kann ich das nicht. Ich muss diese Ketten abstreifen. Ich muss gehen. Ich muss endlich vorwärts kommen, weiter und weiter und ja, natürlich werde ich stolpern und fallen und zurückgeworfen werden, aber damit werde ich schon klar kommen. Ich werde es schaffen, weil ich es will.

Lustig, wie ich am Ende, wenn es um dieses Thema geht, immer an diesem Punkt ankomme. Wenn ich traurig bin, melancholisch werde, will ich mich wieder aufmuntern, das Gefühl abschütteln, um wieder tief durchatmen zu können. Dafür fließen meist ein paar Tränen, aber das ist okay. Die Angst ist okay. Selbst wenn das Alles ein Fehler ist, ist es okay. Ich muss es versuchen, darum geht es. Denn wenn man es nicht versucht und schon vorher aufgibt, hat man sowieso verloren.
Also hey, Frankfurt, bald bin ich da und du wirst mich vielleicht nicht bemerken. Ich werde nur eine von vielen sein, unbedeutend. Aber für mich hat das Alles eine sehr große Bedeutung.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen