Schreibe im Moment an 42. :) Ziellinie ist in Sicht, würde ich sagen. :D
Fandom: Free!
Wort: Fisch
Wörter: 1601
Die Goldfische
Es war am Jahrestag des Taifuns. Es war ein Samstag und
wie jeden Tag wechselte ich die Blumen der Vase, die auf dem
Goldfisch Grab stand. Die Goldfische, die mir der alte Fischer einst
geschenkt hatte... Der alten Fischer, der damals von dem Taifun
getötet worden war, weshalb ich noch immer etwas Angst vor dem Ozean
hatte. Etwas war wohl untertrieben, ich hatte ziemlich große Angst.
Aber zum Glück musste ich so gut wie nie im Meer schwimmen.
Ich schloss die Augen und dachte an jenen Tag zurück.
Allein die Erinnerung ließ mich erzittern. Ich hatte noch immer
keinen Weg gefunden, damit klarzukommen, damit abzuschließen. Konnte
man das überhaupt?
Manchmal dachte ich dann an Rin, dem etwas ganz
ähnliches passiert war. Was ihm passiert war, war sogar noch
schlimmer. Er hatte seinen Vater an einen Sturm, ans Meer verloren.
Ich hatte ihn immer dafür bewundert, wie stark er war, das
durchzustehen. Er hatte einen Weg gefunden, damit umzugehen und
wollte Olympischer Schwimmer werden, so wie sein Vater es sich einst
erträumt hatte.
Im Vergleich mit seinem erschien mir mein Trauma klein
und unbedeutend. Doch das änderte nichts daran, dass es mir
schmerzte, an den alten Fischer zu denken.
Ich erhob mich seufzend und erschrak, als ich Haru neben
mir stehen sah. „S-Seit wann bist du denn hier?“, brachte ich
hervor.
„Seit ein paar Minuten“, erwiderte er, sah mich aber
nicht an, sondern schaute auf das Grab. Ganz am Anfang hatte ich
gedacht, dass er es vielleicht albern finden könnte, aber das hatte
er natürlich nicht. Und jetzt fand er es auch nicht albern, oder? Es
waren so viele Jahre vergangen. Eigentlich sollte ich längst damit
abgeschlossen haben, oder? War doch peinlich, dass ich wegen sowas
Angst vor dem Ozean hatte...
Ich biss mir auf die Unterlippe. Haru und ich kannten
einander wie niemand anderen und wir verstanden einander wie niemand
anderes. Er fand es ganz bestimmt nicht peinlich. Er verstand mich.
Und doch war da ein leiser Zweifel. Ein Zweifel, der
aber absolut nichts mit Haru zu tun hatte, zumindest nicht auf diese
Weise. Ich zweifelte nicht an ihm. Ich zweifelte an meinen Gefühlen,
wobei zweifeln nicht ganz das richtige Wort war. Nein, ich zweifelte
nicht. Ich wusste, was ich fühlte, auch wenn es mir noch nicht sehr
lange bewusst war.
„Gehen wir rein“, sagte ich zu Haru und ging vor zur
Haustür. Ich zog mir gerade die Schuhe aus, da betrat auch er das
Haus. Meine Eltern waren mit den Zwillingen in einen Vergnügungspark
gefahren. Mir war nicht so danach zu mute gewesen. Außerdem hatte
ich mich schon mit Haru verabredet. Vielleicht wäre er gerne
hingegangen? Wir hätten zusammen gehen können...
„Ich mach uns Tee.“ Noch bevor er seine Schuhe aus
hatte, war ich schon in der Küche und setzte den Tee auf. Mein Herz
schlug ein klein wenig zu schnell. Es wurde immer schlimmer.
Eigentlich war er mein Ruhepol, doch in letzter Zeit war ich
besonders in seiner Nähe super nervös. Daran hatte ich gemerkt,
dass sich etwas an meinen Gefühlen zu ihm verändert hatte. Als ich
dann das erste Mal von ihm geträumt hatte, wusste ich, dass ich mehr
für ihn fühlte, als Freundschaft.
Für mich ging das völlig in Ordnung. Es war eben das,
was ich fühlte und irgendwie überraschte es mich nicht einmal
sonderlich. Ich kannte Haru so gut, wir kannten einander so gut.
Natürlich liebte ich ihn.
Trotzdem wusste ich absolut nicht, was er darüber
dachte. Sicher war ihm aufgefallen, dass etwas an mir anders war.
Aber was Zwischenmenschliches betraf, brauchte er lange, um etwas zu
erkennen. Er kannte mich genauso gut, wie ich ihn kannte und er war
ein sehr guter Beobachter, aber ihm entgingen oft die
offensichtlichsten Dinge.
Auf einem kleinen Tablett trug ich die kleine Teekanne
und zwei Tassen zum Tisch. Haru hatte sich bereits hingesetzt. Ich
setzte mich ebenfalls und schenkte in beide Tassen etwas ein. Er nahm
seine gleich in die Hände und pustete. Ich musste lächeln. Wie
versunken er immer wirkte. In jeder Kleinigkeit schien er vollkommen
aufzugehen, auch wenn er nichts so leidenschaftlich tat, wie das
Schwimmen.
Ich pustete ebenfalls, damit der Tee ein klein wenig
schneller abkühlte. Er roch wundervoll. Es war ein Beruhigungstee.
Sowas brauchte ich jetzt definitiv.
„Du denkst noch oft an das, was damals passiert ist,
oder?“, fragte Haru.
Ich erwiderte seinen Blick und nickte. „Ist das
seltsam?“
Haru schüttelte mit dem Kopf. „Nein, es ist
menschlich.“
„Meinst du? Ich finde, nach all den Jahren, sollte ich
endlich mal damit abschließen“, murmelte ich und nahm rasch einen
Schluck von dem Tee. Ich verbrannte mir etwas die Zunge, was ich mir
nicht anmerken zu lassen versuchte. Das endete damit, das Haru mir
ein Glas kalten Saft brachte. Ich hatte zwar gesagt, dass ich es
nicht brauchte, aber manchmal war er wirklich schrecklich
fürsorglich. Na ja, ich war nicht besser, wenn es ihm in irgendeiner
Weise schlecht ging.
Wir tranken den Tee aus, redeten ein bisschen über die
Schule und das Schwimmtraining, dann gingen wir hoch in mein Zimmer,
um ein bisschen an der Konsole zu zocken. Haru liebte diesen neue
Spiel, bei dem wir uns in einer Unterwasserwelt befanden. Ich konnte
es ihm nicht verdenken, es war wirklich cool, wobei er vermutlich nur
an das ganze Wasser dachte.
Nach ein paar Runden sagte er mir, dass er noch wohin
müsse und verabschiedete sich ziemlich plötzlich. Ich war etwas
verwirrt. Aber so war Haru nunmal. Wahrscheinlich waren Makrelen
irgendwo im Sonderangebot. Wäre nicht das erste Mal, dass er deshalb
alles stehen und liegen ließ.
Etwas niedergeschlagen schloss ich die Tür. Heute
wollte ich eigentlich nicht alleine sein. Ob ich Nagisa anrufen
sollte? Ich wusste, dass er sofort kommen würde. Aber konnte ich
seine aufgedrehte Art gerade aushalten? Ich bezweifelte das
irgendwie. Ich brauchte Haru.
Ich machte mir erstmal noch eine weitere Tasse von dem
Beruhigungstee. Wenn nichts anderes half, Tee half immer. Und
Schokolade. Schokolade half auch immer.
Haru war kaum eine Stunde weg, da klingelte es an der
Tür. Hatte er Nagisa angerufen, damit der sich um mich kümmerte?
Möglich war es. Rücksichtlos war Haru nämlich ganz bestimmt nicht.
Doch als ich die Tür öffnete, stand Haru vor mir.
„Haru!“, sagte ich überrascht, verwirrt und erfreut
gleichzeitig.
Er sah mich direkt an. „Wenn die Fische noch leben
würden, würde das etwas ändern?“ Verwirrt wusste ich zuerst
nicht, wovon er sprach und dann wollte ich lachen, aber ich
unterdrückte es. Er sah so ernst aus. „Goldfische leben leider
nicht sehr lange, Haru.“
„Das stimmt nicht! Ich habe schon gestern in einem
Laden gefragt. Es kommt sehr darauf an, wie sie gehalten werden und
die, die du damals bekamst, waren schon alt“, erklärte er. Erneut
war ich überrascht, wie wichtig ihm das Alles war. Das hatte ich
nicht gewusst. War das wegen mir? Weil es mir so wichtig war?
Mir traten schon die Tränen in die Augen, da holte er
etwas hinter seinem Rücken hervor. „Sie müssen schnell in ein
größeres Aquarium. Sie können zu den anderen Fischen, die Ren und
Ran zu ihrem letzten Geburtstag bekommen haben. Ich hab auch deswegen
im Laden gefragt.“
Jetzt kamen mir wirklich die Tränen. Ehe ich mich
versah, hatte ich schon die Arme um ihn geschlungen und dann...
küsste ich ihn. Ich tat es einfach, aus dem Gefühl heraus, aus dem
Bauch heraus. Ich war selbst überrascht. Aber es fühlte sich
absolut richtig an. Nichts war daran falsch, rein gar nichts.
Und Haru... erwiderte den Kuss. Er erwiderte den Kuss!
Als wir uns voneinander lösten, sah auch er überrascht
aus. Ich wollte wieder wachen und ich weinte noch immer etwas vor
Rührung.
„Du bist so wundervoll, Haru“, flüsterte ich und er
wurde tatsächlich etwas rot.
„Die Fische müssen in das Aquarium“, murmelte er
mit abgewandtem Kopf.
„Oh. Ja, klar, lass uns hoch gehen.“ Für einen
Moment hatte ich die Fische ganz vergessen.
Wir gingen also hoch und ließen die zwei Goldfische zu
denen von Ren und Ran, die sich in einem Aquarium in ihrem Zimmer
befanden.
Ich betrachtete die zwei Goldfische, wie sie durchs
Wasser schwammen, wie ihre Schuppen glänzten. Sie sahen denen von
damals sehr ähnlich.
„Danke“, hauchte ich und sah Haru neben mir an. Er
hatte ebenso die Fische betrachtet wie ich. Ich glaube, er wünschte
sich oft, selber ein Fisch zu sein. Vielleicht war er es in einem
anderen Leben gewesen. Der Gedanke kam mir gar nicht so absurd vor,
wenn man bedachte, wie er sich im Wasser bewegte und wie sehr er es
liebte.
„Ich wollte einfach irgendetwas tun“, sagte er, den
Blick noch immer auf die Fische gerichtet.
Ich griff nach seiner Hand und schob meine Finger in
seine. Er zog seine Hand nicht zurück oder ähnliches. „Das hast
du. Du hast etwas getan“, lächelte ich. „Ich glaube, du hast es
geschafft, dass die Erinnerung an den Fischer jetzt endlich etwas
erträglicher für mich ist.“
Ich atmete tief durch und da drückte er meine Hand. Als
ich ihn ansah, reckte er sich zu mir hoch und küsste mich.
Seitdem waren wir sowas ähnliches wie zusammen. Wir
waren ein Paar. Wir verhielten uns einander gegenüber so und auch
anderen gegenüber. Ich wusste, dass Haru gedanklich manchmal noch
sehr mit Rin beschäftigt war. Mit Rin war er vorher zusammen
gewesen, nicht ganz so öffentlich, aber es war für alle klar
gewesen, wie viel die Zwei einander bedeuteten.
Doch Rin war nach Australien gegangen und jetzt war ich
mit Haru zusammen. Und ich würde Haru glücklich machen, so wie er
mich mit den Goldfischen glücklich gemacht hatte, so wie er mich mit
seiner bloßen Anwesenheit glücklich machte.
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