Und vielleicht bekomme ich gleich mal 31 fertig. :D
Viel Spaß beim Lesen.
Fandom: Sweet Amoris
Wort: Regenbogen
Wörter: 1314
Alle Farben dieser Welt
Lysanders Sicht
Das Leben hat so viele Farben, die einem auf so
unterschiedliche Weise begegnen. Vor unserer Geburt ist das Blatt
unseres Lebens weiß. Doch kaum tun wir unseren ersten Atemzug,
beginnt es sich mit Farben zu füllen. Unser ganzes Leben lang wird
unser Blatt mit Farben bemalt. Manchmal können wir nicht
entscheiden, welche Farben es sind, aber wir können entscheiden,
welche Farben am hellsten leuchten.
Frustriert warf ich meinen Kugelschreiber zur Seite und
fuhr mir übers Gesicht und durch die Haare. Jetzt war mir nach malen
zu Mute und ich hatte doch ein Gedicht schreiben wollen! Und
überhaupt, ich malte gar nicht.
Ich ließ mich nach hinten auf die Matratze meines
Bettes fallen. Die Holzdecke sah aus wie immer und sie war so
langweilig wie immer. Ich schloss die Augen und sah all die Farben,
die im Leben steckten, die in mir steckten. Ich lächelte.
Wenn ich ein Bild wäre, würden die Rottöne im Moment
am stärksten leuchten.
Am nächsten Morgen auf dem Weg zur Schule summte
ich vor mir hin. Ich saß im Bus und hatte mein Notizbuch aufgeklappt
auf meinem Schoß liegen. Den Kugelschreiber hatte ich in der Hand
und ein paar Worte befanden sich auch bereits auf dem Papier. Aber
sie waren mir nicht lebendig, nicht farbig genug. Das hieß nicht,
dass ich mit einem bunten Stift schreiben wollte. Ich wollte, wenn
ich diese Worte las, an lauter lebendige Farben denken. Ich wollte...
Gedankenverloren starrte ich auf die Worte, die ich
bisher geschrieben hatte und den restlichen, weißen, leeren Platz.
Ich tat das so lange, dass ich aus Versehen die
Haltestelle der Schule verpasste und ganze vier Haltestellen zu weit
fuhr. Ich kam viel zu spät zum Unterricht und musste mich
zusammenreißen, als wir stille Einzelarbeit machen sollten, nicht
wieder zu summen.
In der Pause hatte ich wieder das Notizbuch vor mir. Ich
saß auf der Lehne einer Bank auf dem Schulhof. In der Natur zu sein,
die frische Luft einzuatmen, das half normalerweise. Doch mir konnte
gerade nichts helfen. Ich wollte die Gefühle in mir in ein Gedicht
stecken, aber es gab irgendwie keine Worte. Es hatte eine Melodie und
mir gingen auch Worte durch den Kopf, aber nichts schien gut genug zu
sein, nichts schien so wirklich zu passen.
„Hey, Lysander.“ Ich blickte von meinem Notizbuch
auf und sah Alexy, wie er sich auf die Bank setzte. Augenblicklich
schlug mein Herz kräftiger, schneller und ich musste lächeln. „Hi,
Alexander.“
Er legte einen Arm auf die Lehne und wandte sich mir zu.
Sein Gesicht strahlte, er strahlte. Er sah mich einfach eine Weile so
an, dann lachte er und es war ein so schönes, befreiendes Lachen,
dass ich mich plötzlich auch ganz befreit fühlte und gar nicht mehr
darüber nachdachte, wie ich meine Gefühle denn in ein Gedicht
packen könnte.
Denn ich konnte meine Gefühle in kein Gedicht packen.
Ich konnte Alexy in kein Gedicht packen. Es waren so viele,
schillernde, hell leuchtende Farben. Sie würden auch auf kein
Gemälde, kein Bild passen. Selbst ein Regenbogen würde dem nicht
gerecht werden können.
Deshalb hatte ich es ihm auch noch nicht gesagt. Deshalb
sagte ich allgemein recht wenig. Es war schwer all diesen Farben in
mir mit Worten Ausdruck zu verleihen, ihnen überhaupt Ausdruck zu
verleihen. Und jetzt war es noch schwerer, denn Alexy war selbst
voller Farben. So gut wie jeder Mensch war voller Farben. Aber Alexys
Farben leuchteten alle so hell und waren alle so kräftig. Ich wusste
bei ihm gar nicht, wo ich zuerst hinsehen sollte. Und ich würde mich
nie an ihm satt sehen, denn es gab immer wieder etwas Neues zu
entdecken.
In der zweiten Pause regnete es. Ich saß auf der
Fensterbank des Klassenraums, mein Lieblingsplatz. Mein
Kugelschreiber kratzte über das Papier meines Notizbuchs. Wort um
Wort floss aus mir heraus auf das Papier. Ich konnte die Farben
deutlich vor mir sehen und mit jedem Wort wurden sie deutlicher,
kräftiger, lebendiger. Ich konnte nicht aufhören zu lächeln.
Als ich fertig war, atmete ich zufrieden tief ein und
aus. Es war nicht perfekt, aber es war bunt und wild und irgendwie
stellte es schon meine Gefühle und Alexy dar, besser gesagt meine
Gefühle für Alexy.
Ich klappte das Buch zu und hob den Blick, um aus dem
Fenster zu sehen. Die Regentropfen glänzten im Sonnenlicht. Doch es
regnete nach wie vor, aber der Himmel war blau und die Sonne schien.
Es würde einen Regenbogen geben.
Noch ehe ich daran gedacht hatte, war ich schon
aufgestanden und auf dem Weg nach draußen. Weil es regnete, waren so
gut wie alle Schüler in den Klassenräumen. Der Flur war fast
vollständig leer. Als ich die große, doppelflügelige Tür öffnete,
war niemand auf dem vorderen Teil des Schulhofs.
Tief atmete ich die nach Regen riechende Luft ein. Noch
immer fielen die Tropfen zu Boden. Der blaue Himmel widersprach dem.
Es war wunderschön. Der Regen glänzte im Sonnenschein. Erneut
atmete ich tief ein. Es roch nach Leben, nach Freiheit.
Aber etwas fehlte. Jemand fehlte.
Vor Alexy hatte ich nie das Bedürfnis nach Jemandem
gehabt. Ich hatte Sehnsucht gehabt nach Etwas. Da war eine Leere
gewesen, die nichts füllen konnte. Wie ein weißer Fleck auf meinem
Blatt des Lebens.
Jetzt konnte ich diese leere Stelle füllen. Alexy
füllte sie bereits. Aber ich wusste, dass er noch viel mehr
ausfüllen konnte. Er könnte alles sein. Er könnte meine Liebe
sein, mein zweiter Teil.
„Wie lange willst du dort noch stehen, ohne mich zu
bemerken?“, fragte plötzlich Jemand. Nicht irgendjemand, der
Jemand.
Erschrocken drehte ich mich um. Neben dem Eingang zur
Schule stand Alexy. Er war an die Wand gelehnt und grinste mich an.
Ich spürte, wie meine Wangen etwas warm wurden. Dann erwiderte ich
sein Lächeln und lehnte mich neben ihn an die Außenmauer der
Schule.
„Im Blau des Himmels, im Grün der Blätter, im
gelben gleißenden Licht der Sonne
Fliegende
Gedanken, ein tanzendes Herz, bittersüßer Schmerz
Die
leere Stelle, das fehlende Puzzleteil, das zweite Stück
Ist
das nicht verrückt?
~
Immer
Sehnsucht nach mehr, immer Sehnsucht nach Leben
Die
Sprache der Worte kann es nicht beschreiben
Wie
lange wird das so bleiben?
Für
immer, für immer
Das
schönste Versprechen
~
Ich
sehe dich im Rot der Rosen, in jeder Kleinigkeit
Du
bist all die Farben, die ich im Leben sehe
Du
strahlst so kräftig, so hell
Mein persönlicher Regenbogen“
Alexy sah mich gerührt an, schob seine Hand in meine
und legte seinen Kopf auf meine Schulter. „Das ist wunderschön“,
flüsterte er. Mit roten Wangen schaute er in den Himmel.
Meine Wangen waren auch warm, weshalb ich ebenfalls in
den Himmel schaute. „Der Regenbogen“, lächelte ich.
„Nein, ich meinte das Gedicht“, widersprach Alexy.
„Ja, so heißt das Gedicht“, lachte ich.
„Aber der Regenbogen am Himmel ist auch wunderschön.“
„Ja.“
Ich wandte meinen Blick wieder vom Himmel ab und schaute
Alexy an. Er erwiderte meinen Blick. Wir lächelten beide. Ich legte
meine Hand an seine Wange und zog sein Gesicht zu meinem heran. Wir
konnte nicht aufhören, uns in die Augen zu sehen. Da war etwas ganz
Besonderes, ganz Tiefes zwischen uns.
Mein Blick glitt runter auf seine Lippen und ich beugte
mich vor, bis meine seine berührten. Lange standen wir da und
küssten uns. Ich legte meine andere Hand an seine Hüfte und zog ihn
an mich. Er schlang die Arme um meinen Nacken, reckte sich mir
entgegen und ich wollte lachen und weinen vor Glück.
Als wir uns voneinander lösten, tat Alexy es. Er lachte
und weinte. Das Sonnenlicht ließ seine Tränen in Regenbogenfarben
glänzen. Ich strich sie ihm von den Wangen und küsste ihn ein
zweites Mal.
Ich stellte mir vor, dass es jetzt noch ein Bild gab,
nicht mehr nur seines und meines, sondern ein Drittes, das uns Beiden
gehörte. Es war voller bunter, kräftiger, strahlender Farben. Es
sah aus wie ein Regenbogen. Ein Regenbogen, der mit jedem Tag heller
und farbenfroher strahlen würde.
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