1. Der General
2. Löwe
Wort: Maus
Wörter: 626
Schattenkrieg - Die graue Maus
Sie war nie besonders aufgefallen, niemandem.
Vielleicht lag es daran, dass sie am liebsten grau und
auch hin und wieder schwarz trug. Auch war ihr Haar dunkelblond, wie
das von vielen anderen und ihre Augen waren grau, ihre Haut hell, ihr
Gesicht nichtssagend. Sie war niemand, an dem man sich erinnerte. Man
bemerkte sie zwar schon, aber man behielt sie nicht im Gedächtnis.
Dazu gab es keinen Anhaltspunkt und keinen Grund.
Sie war niemand.
Ihre Hand auf den kleinen Spiegel der Schultoilette
legend lächelte sie. Doch wie alles, was sie tat, wirkte es nicht
sonderlich ausdrucksstark. Ihr Lächeln schwand und ihre Lippen
teilten sich. Sie drückte ihre Hand fester auf das Glas, in der
Hoffnung, dass... dass... Keine Ahnung, worauf sie hoffte. Das tat
sie immer, ihre Hand auf die Scheibe pressen, wenn sie sich selbst im
Spiegel betrachtete.
Vielleicht dachte sie, dass sie dadurch ein Gefühl für
diese Person in dem Spiegel bekommen könnte. Es fühlte sich nicht
an, als wäre sie das. Überhaupt nichts fühlte sich an, als wäre
sie das.
Weil sie niemand war. Niemand...
Ihr traten Tränen in die Augen und sie verzog das
Gesicht. Selbst das wirkte stumpf, wie einstudiert. Sie wollte die
Hand zur Faust ballen und auf den Spiegel einschlagen, bis er
zerbrach. Aber auch das würde nicht wütend genug wirken. Nichts an
ihr würde je wie irgendetwas wirken.
Betrübt senkte sie den Kopf und nahm die Hand von dem
kalten Glas des Spiegels. Auf dem Gang hatte sie den Blick noch immer
gesenkt und prompt lief sie in jemanden hinein. Sie wollte sich schon
entschuldigen, doch das brachte sie gar nicht fertig, da der Jemand
sie an den Schultern hielt und, als sie den Blick hob, ihr direkt in
die Augen blickte.
Es war ein Junge, der etwas jünger als sie war und toll
aussah. Er sah nicht bloß toll aus, von ihm schien eine
Anziehungskraft auszugehen und er löste ein warmes Gefühl in ihrer
Brust aus. Sie würde ihm blind vertrauen, wäre an alledem nicht
irgendetwas seltsam.
Tief durchatmend überwand sie ihre Verlegenheit und
drückte gegen seine Brust, woraufhin er sie sofort losließ. Jetzt
bemerkte sie auch den Mann, der hinter ihm stand und etwa Ende 30
sein musste. Was Beobachtung und Aufmerksamkeit anging, stand ihr
niemand in etwas nach. Während sie nicht auffiel, fiel ihr alles
auf. Manchmal dachte sie, das wäre ein Fluch.
„Hallo. Ich wurde vom Militär geschickt, um dich für
eine spezielle Sondereinheit zu rekrutieren. Sie beobachten dich
schon seit einer Weile und es hat sich herausgestellt, dass du die
perfekte Kandidatin bist. Mein Codename ist ''General'', deiner
''Maus''. Der Junge hier wird ab sofort einer deiner Partner sein,
sein Codename ist ''Löwe''. Hier ist meine Marke. Wir werden jetzt
zusammen in ein Restaurant fahren, wo ich und Löwe dir alles weitere
erkläre. Auf dem Weg kannst du deine
Eltern anrufen.“
Es klang auswendig
gelernt. Das war das Erste, was sie aufnahm, erst danach überfluteten
sie alle weiteren Informationen, die in diesen heruntergeleierten
Worten steckten. Sie blinzelte mehrmals. Passierte das gerade
wirklich? Standen gerade tatsächlich dieser Junge und dieser Mann,
Löwe und General vor ihr und blickten sie so direkt an, hatten sie
so direkt angesprochen und wollten sie zu... Ja, was? Einer Soldatin
ausbilden?
Ihr Herz begann zu
rasen, doch sie straffte die Schultern und nickte. Ein entschiedenes,
entschlossenes Nicken. Auch wenn sie nicht wusste, was da auf sie zu
kam. Es war alle Male besser, als das, was sie jetzt ihr Leben
nannte. Endlich war sie bemerkt worden.
Sie hatte ja keine
Ahnung, dass genau ihre Unauffälligkeit das war, was sie so
besonders und vor allem so besonders geeignet machte. Der General
presste die Lippen aufeinander, als sie sich auf den Weg machten.
Diese zwei Kinder hatten absolut keine Ahnung.
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