Labels!? /o\
Was bin ich? (1) - Mensch, 'Special', Unsichtbar
Was
bin ich? (2)
- Damals
und der Anfang
Wasbin ich? (3) – Von 'Unsicher' zu 'Das bin ich!'
So, was bin ich denn nun? Dies ist
der vierte Blogpost und an sich rede ich die ganze Zeit nur um den
heißen Brei herum, nicht? Ich für meinen Teil fand diese Hinführung
sehr wichtig, weil ich es wichtig finde, deutlich zu machen, woher
diese Gefühle kommen, wo sie ihren Ursprung haben, was überhaupt
das eigentliche Problem an der ganzen Sache ist.
Es gibt so viele Vorurteile und
Missverständnisse, insgesamt so viel Negatives über alles, was
mit diesen ganzen Sexualitäts- und Geschlechtsdingen zusammenhängt
und ich verstehe es einfach nicht. Warum wird auf den Gefühlen
anderer so sehr herumgehackt? Und die Antwort auf solche frustrierten
Warum-Fragen ist leider ganz oft, auch wenn das sehr platt
ausgedrückt ist – die Gesellschaft.
Deshalb habe ich das Ganze ein
bisschen von dem Standpunkt aus zu erklären versucht, dass eben nach
wie vor in unserer Gesellschaft alles, was nicht hetero, nicht
binär, nicht monogam oder auf welche Weise auch immer anders ist,
als das, was als Norm vermittelt wird, als ''anders'', ''fremd'',
''falsch'' gewertet wird.
Keine Ahnung, in wieweit ich
geschafft habe, das verständlich rüberzubringen. Denn ich denke
auch, dass es sehr schwer ist, diesen ganzen Kram, diese Position und
Sichtweise, diese Gefühle und Gedanken nachzuvollziehen, wenn man
selber es nie so direkt erlebt hat. Und ich habe es nun auch nie auf
eine sehr harte Weise erlebt. Mir war es die längste Zeit selbst
nicht bewusst und genau darum geht es sehr viel – um ein
Bewusstsein, um Feinfühligkeit für die ganze Sache.
Aber genug davon, auch wenn ich es
unendlich wiederholen könnte, in der Hoffnung, dass auch die letzte
Person versteht, was ich meine. Gut, die meisten Leute sind einfach
nach dem zweiten oder dritten Mal schon genervt, was auch irgendwo
verständlich ist, aber ein bisschen Offenheit hat ja auch noch
niemandem geschadet.
Jedem das seine, auch okay. Das
ist ja auch alles andere als eine falsche Einstellung. Akzeptieren
und akzeptiert werden, das ist eigentlich auch schon das ganze, große
Geheimnis.
Soweit so gut. Wieder zurück zur
eigentlichen Frage: Was bin ich?
Am liebsten beantworte ich diese
Frage schon seit einer ganzen Weile, seit meiner ersten
Unsicherheiten in Bezug auf mein Geschlecht, ganz einfach so: Ich
bin ein Mensch.
Dass ''Frau'' und ''Mann'' vor
allem Rollenbilder meint, deshalb auch die Anführungszeichen,
sollte inzwischen klar sein. Ansonsten könnte man Menschen auch
direkt nach dem Geschlechtsorgan benennen, wenn es denn das ist,
worum es letztendlich gehen soll und wofür diese Einteilung da sein
soll.
Ich finde an sich die
Einteilung unsinnig, ganz egal worauf sie sich stützen mag oder
wofür sie da sein mag. Ich fühle mich von diesen zwei Kategorien
nicht nur unzureichend beschrieben, sondern darüber hinaus
abgestempelt, stigmatisiert, in ein Rollenbild gezwungen.
Und ja, klar war das früher noch
schlimmer. Klar hat es sich gebessert. Klar sind viele Klischees
dabei sich aufzulösen. Aber es ist nach wie vor ein Kampf und ein
Krampf. Und zwar für alle, völlig unabhängig davon, wie sie zu
diesen zwei Bezeichnungen ''Mann'' und ''Frau'' stehen mögen. Man
wird immer mit Klischees, Vorurteilen und so weiter konfrontiert.
Immer.
Das Umdenken, was an dieser
Stelle stattfinden muss und sollte, heißt: Lasst jede Person so
sein und sich so bezeichnen, wie sie möchte. Wörter sind dafür
da, um von uns mit Leben gefüllt, mit einer Bedeutung versehen zu
werden. Es steckt immer mehr dahinter als nur das nackte Wort, denn
sonst würde das Wort gar nichts bedeuten und würde auch nicht
existieren.
Sowieso hat jeder bei einem
bestimmten Wort unterschiedliche Assoziationen aufgrund von
unterschiedlichen Erfahrungen, Lebensumständen, der Umwelt und so
weiter. Jeder sieht und erlebt die Welt anders. Jeder verwendet Worte
anders.
Natürlich kann ein bestimmtes
Wort dennoch im Großen und Ganzen die gleiche Bedeutung haben, aber
es ist nie so leicht, dass ein Wort ganz eindeutig eine ganz
bestimmte Bedeutung hat, sondern meist, das die Bedeutung klar genug
ist, um sich etwas darunter vorstellen zu können, aber die
Vorstellung ist dann dennoch bei jedem anders.
Das Alles gilt natürlich nicht
nur für ''Mann'' und ''Frau''. Ich habe es ja eben schon auf alle
Wörter an sich bezogen. Auf andere Labels trifft das Ganze demnach
auch auf jeden Fall zu. Auch hier hat bei jedem Label jeder in etwa
eine Vorstellung von der Bedeutung und wenn nicht, sucht die
Person sich irgendwo Wissen, um sich eine Vorstellung zu machen.
Bei dieser Suche oder wenn die
Person unterschiedliche Leute fragt, wird sie auf unterschiedliche
Antworten, Sichten, Meinungen, Gefühle, Gedanken treffen und
dadurch vielleicht verwirrt und verunsichert werden, sich fragen, was
denn nun was heißt und so weiter.
Dabei ist die Antwort, die ich
oben schon gegeben habe, doch eigentlich so einfach – jeder so, wie
er möchte.
Und nein, niemand erfindet völlig
neue Dinge. Das Gefühl ist doch schon in der Person vorhanden. Es
ist nicht ''erfunden''. Sich dann irgendwie ein Wort zu basteln, das
diesem Gefühl am ehesten entspricht, es am besten beschreiben kann,
das ist schlicht das Nutzen von gegebenen Mitteln. Sprache ist doch
dazu da, um die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken und
Gefühle und Gedanken zu beschreiben.
Außerdem ist es doch sehr viel
leichter, die Frage „Was bist du denn dann?“ mit einem Wort
beantworten zu können. Wenn das Wort, das für die jeweilige Person
am besten passen würde, aber einfach (noch) nicht existiert, warum
sollte sie sich nicht ein Wort ausdenken dürfen? Klar müsste sie
auch dieses Wort erklären, aber es können auch selbsterklärende
Wörter gebastelt werden, die eben aus bereits Bekanntem bestehen,
deren einzelne Elemente bekannt sind. Wo ist das Problem? Weil es
verwirrend ist? Dann hör auf, Menschen in Schubladen stecken zu
wollen.
Davon bin ich sowieso kein Freund.
Ja, ich bin ein Fangirl, weil ich
sehr starke Feels bezüglich mancher Geschichten, Charaktere und so
weiter habe und ich diese ganze Sache am besten mit ''Fangirl''
beschreiben kann. Ich bin aber zum Beispiel niemand, der andere, die
diese Sache nicht mögen, 24/7 damit nervt. Vielleicht am Anfang und
in den schlimmsten Phasen, aber ich versuche immer, mich
zurückzuhalten und niemanden damit zu bedrängen oder es jemandem
aufzuzwingen. Das ist aber oft ein Klischee, das mit dem Begriff
''Fangirl'' verbunden wird, während es für mich einfach heißt,
dass ich sehr starke Quietsch-Gefühle für etwas habe.
Das Gleiche könnte ich jetzt noch
für vieles weiteres machen, bei dem ich mich auch oftmals ein
bisschen verurteilt fühle, nur weil andere beim Hören des
Begriffs, den ich benutze, gleich ein bestimmtes Bild im Kopf haben,
obwohl auf mich gar nicht alles dieses Bildes zutreffen muss, nur
weil ich den Begriff für mich benutze. Ich benutze ihn ja auf meine
Weise, so wie ich ihn verstehe und wie ich mich durch den Begriff
repräsentiert fühle.
Langsam sollte deutlich werden,
dass Labels für mich eine sehr schwierige Sache sind. Ich
sage nicht, dass das bei jedem so ist. Manche Lesen ein bestimmtes
Wort und finden sich sofort darin wieder, ohne wenn und aber. Für
mich ist das aber nicht so leicht und das ist okay.
Es heißt nicht, dass ich mich
''endlich mal entscheiden muss'' oder ähnliches. Die meiste Zeit
über war es für mich sogar völlig okay, zu sagen, dass ich mich
nicht labeln möchte und einfach nur ein Mensch bin. Fertig.
Ob oder was sich in der Hinsicht
verändert hat, kann ich nicht genau sagen. Vieles hat sicher mit dem
Gefühl zu tun, unsichtbar zu sein, als würde mein Geschlecht nicht
existieren, als wäre meine Identität nicht echt, sondern nur
ausgedacht, nur ein Hirngespinst, nur ''Einbildung'' und zu viel
Nachdenken.
Ich gerate schnell zu solchen
Gedankengängen und komme mir vor, als wären meine Gefühle nicht
wirklich, als hätte ich kein Recht so zu fühlen und würde mich nur
unnötig aufspielen oder ähnliches. Wie sich dadurch Unsicherheiten
bei mir aufbauen, besonders bei diesem Thema, habe ich ja bereits
beschrieben und auch, dass dies hier, das offene Sprechen darüber,
mein Versuch ist, gegen diese Unsicherheiten anzukämpfen und
zu sagen: Nein! Das, was ich fühle, könnte echter nicht sein, eben
weil ich es fühle!
Aus ähnlichen Gründen habe ich
nun also auch angefangen, zu überlegen, welche Labels vielleicht
doch irgendwie zu mir passen könnten, wo ich mich doch irgendwo
wiederfinde. Labels sind immerhin auch zur Orientierung da und
um zu zeigen, wer alles ähnlich fühlt und all sowas und in der
Hinsicht sind sie sehr sehr hilfreich und sehr wichtig.
Denn diese Gefühle, die die
Sexualität und das Geschlecht betreffen, sind nichts, was man
anderen ansehen kann. Also wenn es mal irgendwie zur Sprache kommt,
ist es doch schön, sagen zu können: Bei mir sieht das so und so
aus. Und oftmals bleibt da ein bestimmtes Wort eben eher hängen,
als eine lange Erklärung, selbst wenn diese trotzdem zunächst
nötig ist.
Also, ich höre dann mal auf, es
weiter aufzuschieben. Hier sind ein paar Flaggen mit dem
dazugehörigen Label, für das sie stehen.
Ich werde das Ganze jetzt in
einzelne Kategorien aufbrechen und erklären, warum ich mich bei den
Labels, deren Flaggen ich aufgemalt habe, wiederfinde. Alles davon
ist meine Meinung und meine Sicht, wie zuvor beschrieben. Ich
versuche trotzdem so gut wie möglich auch die ''allgemeine
Bedeutung'' der einzelnen Begriffe zu beschreiben, aber wie bereits
geschrieben, hat da jeder noch einmal individuelle Gefühle und
Gedanken zu. Hier geht es um meine Gefühle und Gedanken.
Wobei ich natürlich auch offen
für Anmerkungen und ähnliches bin. Am ehesten sollte das über
Twitter gehen, da ich dort am aktivsten bin. Die Kommentarfunktion
unter den Posts zu diesem Thema musste ich leider deaktivieren.
Sexualität:
Dies ist die
Kategorie, zu der die erste Flagge gehört. Ich
bin pansexuell.
Wie die kleine Flagge darunter zeigt, würde ich mich auch als
bisexuell bezeichnen. Die zwei Begriffe können das Gleiche bedeuten,
auch wenn sie theoretisch zwei unterschiedliche Orientierungen
beschreiben.
Pansexuell
zu sein, erkläre ich für mich immer mit ''Es
ist mir egal, welches Geschlecht eine andere Person hat''.
Zur Erklärung, auch wenn das
wahrscheinlich jeder weiß – heterosexuell =
romantische/sexuelle/etc. Gefühle für Personen des anderen
Geschlechts, homosexuell = romantische/sexuelle/etc. Gefühle für
Personen des gleichen Geschlechts.
Bisexuell ist den meisten
inzwischen auch ein Begriff und würde, wenn man nach dem ''bi'' in
dem Wort geht, heißen, dass man romantische/sexuelle/etc. Gefühle
für Personen von zwei unterschiedlichen Geschlechtern entwickeln
kann oder auch, und hier deckt sich die Bedeutung mit pansexuell,
schlicht für Personen unterschiedlicher Geschlechter. Vereinfacht
gesagt: Bisexuelle stehen nicht nur auf Personen eines bestimmten
Geschlechts.
Meinem
Verständnis nach, heißt pansexuell dann, dass man
romantische/sexuelle/etc. Gefühle für
Personen jedes
Geschlechts entwickeln kann.
Da bisexuell aber eher bekannt ist
als pansexuell und deshalb weniger Erklärung bedarf und eben auch
für das Entwickeln von Gefühlen für mehr als nur ein Geschlecht
steht, ist es manchmal leichter, bisexuell als Label zu benutzen, da
es sich in dieser Hinsicht mit pansexuell deckt.
Zu
sagen, dass ich bisexuell bin, wäre also ähnlich richtig,
wie ''Ich bin pansexuell''. Mir sagt pansexuell an sich mehr zu, da
es mit aufgreift, dass es mehr als nur zwei Geschlechter gibt,
während das ''bi'' von bisexuell irgendwo noch zwei Geschlechter
impliziert, wobei zwei Geschlechter auch durchaus nicht ''Mann'' und
''Frau'' heißen muss, da es ja mehr als nur die zwei gibt. Ich würde
aber über mich sagen, dass mir das Geschlecht tatsächlich
vollkommen egal ist und ich für jedes Geschlecht
romantische/sexuelle/etc. Gefühle entwickeln könnte.
Sexuelle
Gefühle: Ich bin
mir nicht ganz sicher, was den Namen für diese Kategorie betrifft.
An sich fällt es wohl auch unter Sexualität, nur eben nicht ''zu
was fühle ich mich hingezogen'', sondern eher ''inwieweit bin ich zu
Sex bereit'' oder irgendwas in die Richtung. Es ist etwas schwer zu
benennen.
Und nein, ich werde hier jetzt
nicht direkt auf meine sexuelle Aktivität oder sowas in der Art
eingehen. Das geht wirklich nur mich und eventuelle Sex-Partner etwas
an und sonst niemanden.
Aber es ist wichtig, auf dieses
Thema aufmerksam zu machen, da es auch eine Sache ist, wegen der ich
mich oftmals irgendwie seltsam gefühlt habe und auch fühle. Es ist
schön, jetzt ein Wort dafür zu haben und zu wissen, dass ich nicht
die einzige Person bin, andere das Gefühl auch kennen und es keinen
Grund gibt, dass ich mich deshalb komisch fühlen müsste.
Ich
bin demisexuell,
was unter das asexuelle Spektrum
fällt. Deshalb ist unter der Demisexual Pride Flag (rechts neben der
Pansexual Pride Flag) die Asexual Pride Flag.
Asexualität ist etwas, das sehr
sehr vielen gar kein Begriff ist, dabei bin ich mir sehr sicher, dass
es wirklich viele Menschen betrifft, die dafür einfach kein Wort
kennen oder sich dessen gar nicht richtig bewusst sind, weil sie
nicht wissen, dass es auch etwas anderes als ''Sex ist so geil und
gut!!!'' gibt und sich deshalb dazu zwingen, Sex zu haben und ihre
negativen Gefühle abtun oder verdrängen. In der Hinsicht bin ich
wirklich froh, meinem Bauchgefühl immer vertraut zu haben und mich
nicht zu etwas gezwungen habe, das sich einfach falsch angefühlt
hat.
Da
Asexualität ein Spektrum ist, kann es vieles heißen. Der
Grundgedanke ist, dass nicht alle
Menschen super begeistert von Sex sind,
unabhängig davon, ob es ''guter'' Sex, Sex mit ''der richtigen
Person'' ist oder ob man ''einfach nur unerfahren ist, weil man noch
kaum bis gar nicht Sex hatte''. Asexualität ist genauso wenig etwas,
dass man sich aussucht oder eine Krankheit, wie Homosexualität.
Keinen Sex haben zu wollen oder
Sex, egal in welcher Hinsicht, nicht als angenehm zu empfinden, ist
völlig okay. Jeder ist da anders und das ist völlig okay. Wenn man
etwas nicht will, da es sich nicht gut anfühlt, ist das völlig okay
und da braucht es keine weiteren Gründe oder ähnliches. Es ist
einfach so.
An
und für sich heißt Asexuell Sein
also, dass man keinen Sex haben möchte/hat.
Was genau heißt dann Demisexuell und was hat es mit Asexuell zu tun?
Demisexuell
zu sein heißt für mich, dass ich sexuelle Beziehungen zunächst auf
sehr sehr viel platonischem Vertrauen und ''Kennen'' einer Person
aufbauen müsste.
Ich denke nicht, dass ich grundsätzlich Sex gegenüber abgeneigt
bin, bin mir aber auch da noch etwas unsicher. Es könnte sein, dass
ich tatsächlich ''komplett'' asexuell bin und keinerlei Sex haben
möchte, aber zurzeit schließe ich noch nicht aus, dass es bei mir
einfach sehr viel vorherige Nähe zu der anderen Person/den anderen
Personen bräuchte.
Geschlechtsidentität:
Dies ist die
Kategorie, mit der ich wohl am meisten zu struggeln habe. Deshalb
findet ihr da auch gleich ganze fünf Pride Flags, die ich aufgemalt
habe. Wie, was und warum genau ich mich so fühle und warum ich
dieses ganze, binäre ''Mann'' oder ''Frau'' unsinnig finde, habe ich
ja bereits lang und breit erklärt, ebenso was mein Problem mit
dieser Kategorie ist und dass ich eigentlich sagen würde
beziehungsweise bis vor Kurzem immer gesagt habe, dass ich einfach
ein Mensch bin.
Das Ganze ist aber doch etwas
komplexer und es gibt doch ein paar Label, die mir da mehr oder
weniger zusagen oder bei denen ich mich irgendwie wiederfinde.
Als
obersten Oberbegriff sehe ich mich als
genderqueer.
Für mich heißt das, dass ich mich nicht bei ''100% Frau'' oder
''100% Mann'' wiederfinde und zu sagen, dass ich eine Frau bin, bei
mir immer das Bedürfnis hervorruft zu sagen: „Ja, das ist nicht
direkt falsch, aber eben auch nicht die ganze Wahrheit.“ In meinem
Youtube-Video zu dem Thema hatte ich deshalb gesagt: „Ich fühle
mich nicht nur als Frau.“
Da ''queer'' einfach heißt, dass
es nicht der Norm entspricht und mich allgemein der Begriff ''queer''
als Bezeichnung für meine Gefühle in Hinblick auf Sexualität und
Geschlechtsidentität sehr anspricht, finde ich genderqueer sehr
passend.
Zu
sagen, dass ich non-binary bin,
klingt für mich auch nicht falsch. Wie das Wort schon selbst sagt,
heißt es, dass ich nicht binär bin, also nicht (nur) Mann oder
Frau. Es kann auch heißen, dass ich weder Mann noch Frau bin, mich
also als keins der beiden Geschlechter identifiziere. Auch darin
finde ich mich wieder, da wie schon des öfteren erwähnt, ''Mann''
und ''Frau'' in vielerlei Hinsicht für mich wenig bis gar keinen
Sinn machen oder zumindest nicht in dem Verständnis, das die
Gesellschaft von diesen zwei Kategorien hat.
In
ähnliche Richtung geht auch Neutrois,
was sowas wie ein Begriff für ''neutrales Geschlecht'' ist,
soweit ich es verstehe. Es ist einer der Begriffe/Labels, mit dem ich
mich bisher sehr wenig beschäftigt habe, aber ich finde, dass er
doch recht selbsterklärend ist. Auch hier wird gesagt, dass man
nicht Mann oder Frau ist, sondern ein neutrales Geschlecht hat.
Auch
in diese Richtung geht Agender, was
bedeutet, kein Geschlecht zu besitzen.
Neutrales Geschlecht und kein Geschlecht sind natürlich noch einmal
ein Unterschied, aber vom Prinzip her geht es in die gleiche
Richtung. Ich denke mal, dass der Hintergrundgedanke
bei Neutrois oder allgemein bei neutralem Geschlecht/Geschlechtern
ist, ein weiteres Geschlecht neben Mann und Frau zu haben,
während Agender eher bedeutet, gar
kein Geschlecht zu haben, sich also ganz von dem Prinzip Geschlecht
zu lösen.
Ich bin beidem nicht ganz
abgeneigt. Tatsächlich betrachte ich genderqueer und non-binary auch
eher als Spektren, also quasi Oberbegriffe, die einfach nur sagen,
dass mein Geschlecht nicht ins binäre System (also Mann oder Frau)
passt.
Ganz
vom Geschlecht loslösen, funktioniert für mich aber irgendwie
trotzdem nicht so ganz, auch wenn ich das Prinzip Geschlecht etwas
unsinnig finde. Es ist ja dennoch irgendwie aus einem Grund da und
hat eine gewisse Bedeutung, auch wenn ich weder diesen für mich
existenten Grund oder diese Bedeutung wirklich benennen kann. Frei
von dem Prinzip von Geschlecht fühle ich mich bisher definitiv nicht
und ich denke, ein neutrales Geschlecht würde mir eventuell eher
entsprechen, aber mit genderqueer und
non-binary fühle ich mich zurzeit wohler.
Zum
Schluss noch zu der anderen großen Flagge: Ich
bin genderfluid.
Was heißt das jetzt nun wieder!? Es heißt, dass mein Geschlecht
nichts festes ist, sondern sich verändern kann, ''flüssig'' ist. Da
ich mich als mehr als nur ein Geschlecht fühle oder vielleicht auch
als gar keins oder ein neutrales, habe ich schon sehr früh
festgestellt, dass es bei mir wohl wechselt. Das heißt nicht, dass
das bei jedem so ist, der sich als mehr als nur ein Geschlecht fühlt
oder keins oder ein neutrales hat. Aber bei mir ist es so, zumindest
zurzeit.
In
der Praxis heißt das größtenteils, dass
ich mich manchmal eher weiblich fühle und manchmal eher neutral oder
als hätte ich kein Geschlecht, was ich dann einfach mit non-binary
bezeichnen würde.
Es gibt aber auch dazu noch Momente, wo
ich mich eher männlicher fühle oder sowohl weiblich als auch
männlich.
Hä,
wie geht das denn!? Na ja, es ist eben eine
Stimmungs- und Gefühlssache.
So wie man zum Beispiel gleichzeitig traurig und glücklich über
eine Sache sein kann und etwas später dann nur noch traurig ist und
noch ein bisschen später nur noch glücklich.
Ich weiß selber nicht genau, wie
ich es gut erklären soll, weil es gleichzeitig komplex und ziemlich
simpel ist, aber dadurch, dass es vielen so fremd ist, überwiegt
meist der komplexe Anteil. Aber dann gibt es auch wiederum Menschen,
die nur den simplen Anteil sehen und verwirrt darüber sind, was der
ganze Blödsinn überhaupt soll.
Ich habe selbst die längste Zeit
zur zweiten Kategorie Mensch gehört und war verwirrt, warum es so
viele Begriffe für etwas gibt, dass man doch eigentlich gar nicht
weiter beschreiben muss, weil es für jeden eine persönliche Sache
ist.
Inzwischen fühle ich da halt
etwas anders, weil ich es wichtig finde, aufzuzeigen, dass es nicht
nur Mann und Frau gibt, sondern diese ganze Geschlechtssache viel
viel komplexer, aber dadurch nicht gleich seltsam oder ähnliches
ist, sondern sich jeder eben so fühlt, wie er sich fühlt und das
auch sehr gerne benennen darf.
Und bei mir wechselt das
Geschlecht eben manchmal, je nachdem wie ich mich fühle. Manchmal
weiß ich das dann selbst nicht so genau und woran ich das festmache,
kann ich auch schlecht sagen. Aber das muss ich ja auch gar nicht,
weil es meine Sache ist, nicht? Es ist eben, wie es ist.
Beziehungsform
(?): Noch so eine
Kategorie, bei der ich nicht genau weiß, wie ich sie nennen soll.
Ich bin sicher, dass es bereits Namen für diese Kategorien gibt,
aber ja, ich denke mir einfach irgendwie selber was aus, dass es
irgendwie für mich beschreibt. (Aka ich bin zu faul, um danach zu
recherchieren.)
Die
Flagge beziehungsweise Flaggen, die hierzu gehören, sind die
Polyamorie Flaggen und die für Polysexuell. Ob
ich polysexuell bin? Vielleicht. Ob ich polyamorös bin?
Wahrscheinlich.
Polyamorie beschreibt die Liebe
zwischen mehr als zwei Personen. Monogamie ist das Gegenstück
dazu, wenn man so will. Wobei ein polyamoröser Mensch auch durchaus
eine monogame Beziehung eingehen kann, wenn das von einer anderen
Person gewünscht ist. An sich schließt sich das nicht aus.
Polyamorös heißt für mich, dass
ich mir vorstellen kann, eine offene Beziehung zu führen oder
mit jemandem fest zusammen zu sein, der selber noch mit anderen
Personen zusammen ist und/oder Sex hat und/oder
ähnliches/romantisches/etc. Ich könnte mir aber auch selber
vorstellen mit mehreren Leuten eine Art Beziehung zu führen, also
quasi alles was über Freundschaft hinausgeht. Ohnehin heißt
polyamorös zu sein für mich in vielerlei Hinsicht einfach dieses
ganze Konzept von einer (festen) Beziehung lockerer zu sehen, da
ich vieles, was eine solche feste Beziehung in ihrer klassischen Form
heißt, irgendwie abschreckend finde, vor allem was dieses ganze
'Verantwortungsding' betrifft. Ich weiß nicht, wie ich es besser
benennen soll. Aber einfach dieser feste Aspekt an dem Konzept
Beziehung. Das klingt für mich einfach viel zu ernst und irgendwie
endgültig. Klar verspricht es auch eine gewisse Sicherheit und ich
bin jemand, der sich emotional immer sehr an andere Menschen bindet,
aber ich mag den ganzen Druck bis Zwang, der für mich mit dem Klang
von 'fester Beziehung' einhergeht, überhaupt nicht.
Wie ich aber geschrieben habe, bin
ich ''nur'' wahrscheinlich polyamorös, da ich das Konzept einer
klassischen Beziehung bisher immer sehr abschreckend fand und finde.
Könnte aber auch durchaus sein, dass ich nur momentan so empfinde,
was mich für jetzt nicht weniger polyamorös macht. Aber mir gefällt
der Gedanke sehr, dass es um die (romantische/sexuelle/etc.) Liebe an
sich geht und nicht darum, sich fest gegenüber einer einzigen Person
zu verpflichten. Ich bin mir sehr sicher, mehr als eine Person
zurzeit auf einer Ebene lieben zu können, die über Freundschaft
hinausgeht und ich denke, das macht mich polyamorös.
Polysexuell ist noch einmal eine
etwas andere Geschichte. Es kann auch als ein anderes Wort für das,
was pansexuell beschreibt, verwendet werden, also schlicht dass man
sexuelle/romantische/etc. Gefühle für Personen unterschiedlicher
Geschlechter entwickeln kann. Ich sehe es hier unter der Kategorie
aber eher so: Polysexuell beschreibt Sex beziehungsweise sexuelle
Handlungen mit mehr als einer Person gleichzeitig oder auch allgemein
mit nicht nur einer Person zurzeit im Sinne von nicht nur einen
festen Sex-Partner zu haben, sondern wechselnde, ob man mit den
Personen in einer Beziehung ist oder nicht. Soweit zumindest mein
Verständnis von dem Begriff. Und ja, auch das kann ich mir bis zu
einem gewissen Grad vorstellen, eben weil ich auch das klassische
Konzept von Beziehung in gewisser Weise eher ablehne und in dem Sinne
es mir auch vorstellen könnte, mit mehr als nur einer Person
(gleichzeitig) Sex zu haben.
Klar kommt hier natürlich auch
wieder hinzu, dass ich demisexuell bin und demnach nie ''einfach
so'' mit einer Person oder mehreren Personen Sex haben möchte, aber
ich denke nicht, dass sich das grundsätzlich ausschließt.
Wenn es mehrere Personen gibt, denen ich nah genug bin, um dem
Gedanken und dem Gefühl von Sex nicht abgeneigt zu sein, könnte ich
mir durchaus Sex oder sexuelle Handlungen mit mehreren Personen
vorstellen.
Romantische
Orientierung/Gefühle: Hier
habe ich mir die Flaggen für Grau-romantisch und Aromantisch
aufgemalt. Was ist das jetzt schon wieder!?
Wie Asexualität/Demisexualität
ist die romantische Orientierung auch etwas, dass so oder so
existiert und völlig okay ist. Und natürlich muss man es nicht
benennen, wenn man es nicht möchte, aber ich finde es irgendwie
schön und interessant, ein Wort dafür zu haben, da es eben vieles
erleichtert, wie bereits zuvor erklärt.
Aromantisch
ist wieder mehr oder weniger ein Spektrum, genau wie Asexualität.
Aromantisch kann in dem Sinne Vieles meinen. Zunächst einmal heißt
es, dass einem romantische Dinge nicht
wirklich gefallen,
um es ganz einfach auszudrücken. Und so einfach ist es im Prinzip
auch. Aromantische Menschen können mit Romantik nicht viel anfangen
und empfinden romantische Handlungen eher als unangenehm.
Ich
sehe mich selber als grau-romantisch.
Grau-romantisch ist quasi eine Abstufung innerhalb des Spektrums. Ich
empfinde romantische Handlungen nicht grundsätzlich als unangenehm
und ich denke, ich kann und könnte an einigen solcher Handlungen
auch Gefallen finden. Es ist nur meistens eher so ein ''Ugh''-Gefühl,
wobei ich romantische und sexuelle Handlungen in Geschichten, wenn es
gut beschrieben ist, sehr sehr liebe. (Das schließt sich nicht
gegenseitig aus. Vorstellung ≠ Realität.)
Ja... So viel dazu. Das war
eigentlich alles, was ich jetzt gerade zu diesem Thema zu sagen habe.
Ja, vielleicht waren die vorherigen Blogposts irgendwie etwas
überflüssig oder so, aber ich wollte diese ganzen Gedanken wirklich
schon seit einer langen Zeit formulieren und da hat sich über die
Zeit eben eher mehr als weniger angesammelt.
An dieser Stelle nochmal: Ich
konnte sehr lange einfach nicht über dieses Thema reden und selbst
jetzt bin ich immer noch sehr unsicher, eben weil das Alles so intim
und persönlich und auch komplex und kompliziert ist und in gewisser
Weise irgendwie unangenehm.
Aber ich wollte das Ganze auch
einfach nicht länger unter meinen eigenen mentalen Tisch kehren. In
Ansätzen habe ich hier und da schon mal Dinge erwähnt, doch ich
wollte es ja nie zu einer großen Sache machen. Es ist auch jetzt
keine große Sache, aber es ist eine Sache und deshalb wollte ich
darüber schreiben und in Form von Blogposts kann ich meine Gedanken
am besten ordnen und für mich am besten festhalten.
So, nun aber genug des
Rumerklärens. Vielleicht sind einige von euch jetzt ja ein bisschen
schlauer oder wissen einfach ein bisschen mehr über mich oder haben
eventuell noch Fragen. Google ist immer euer Freund und Helfer und
weiß sehr sehr viel mehr als ich je wissen könnte.
Ansonsten, ähm, danke für's
Lesen? Ich bin auf jeden Fall froh, dieses ganze Zeug mal in Worte
gefasst zu haben und dadurch irgendwie auch selber ein kleines
bisschen mehr Klarheit gewonnen zu haben.
Fazit:
- Sexualität: Pansexuell – romantische/sexuelle/etc. Gefühle zu Menschen jeden Geschlechts.
- Sexuelle Gefühle: Demisexuell – sehr sehr viel Vertrauen und ''Kennen'' einer Person als Voraussetzung für sexuelle Dinge.
- Geschlechtsidentität: Genderqueer/Non-binary – außerhalb des binären Geschlechtssystems (Mann oder Frau), Genderluid – Geschlecht wechselt.
- Beziehungsform (?): Polyamorös – Liebe und festere Beziehungsstrukturen zu mehreren Personen gleichzeitig, Polysexuell – sexuelle Dinge mit mehr als einer Person (zur Zeit).
- Romantische Orientierung/Gefühle: Grau-romantisch – romantische Handlungen können manchmal okay sein, sind aber oft eher unangenehm.