Sonntag, 8. Juni 2014

08.06.2014

Dear Sweet Heart.

Was ist das eigentlich – die Realität?

Gibt es so etwas wie eine Realität überhaupt? Erschaffen wir sie uns selbst oder ist sie universell?
Ich habe mir diese Frage schon oft gestellt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es keine Antwort gibt, zumindest keine, die auf jeden zutrifft, denn letztendlich ist die Realität wahrscheinlich für jeden etwas anderes und sie ist so privat und persönlich, dass sie jemand anders – egal wie gut er diese Person kennt – kaum verstehen würde.
So sehe ich das.
Ich glaube, dass jeder Mensch das Leben und bestimmte Dinge und Situationen anders erlebt. Vielleicht aufgrund von Erfahrungen oder einfach weil jeder anders ist. Der Grund ist auch gar nicht so unbedingt von Bedeutung, aber es erklärt, warum wir so verschieden sind und warum wir oft die Handlungen und Worte anderer nicht nachvollziehen können, selbst nachdem sie es uns ausführlich und auch verständlich erklärt haben.
Doch das ist es gar nicht, worum es mir hiermit eigentlich geht. Ich versuche nicht zu erklären, warum Menschen so verschieden sind und warum es immer wieder zu Meinungsverschiedenheiten, Missverständnisse, Streit und Krieg kommt.
Die Frage, die ich mir eigentlich stelle und zu beantworten versuchte ist: Was ist meine Realität? Lebe ich überhaupt in der Realität?
Denn die meiste Zeit damit zu verbringen durch Serien, Filme, Animes, Bücher und das Schreiben andere Leben zu leben, kann wohl kaum als Leben in der Realität bezeichnet werden, oder?
Die wirkliche Realität erscheint mir auch ziemlich langweilig. Das ist kein Ort, wo ich gerne leben würde, inmitten von Politik, Geld, Leid, Eintönigkeit, unfreundlichen Menschen und Tod. Ich glaube, diese Welt ist einfach nichts für mich, auch wenn ich mich wohl oder übel des öfteren mit ihr auseinandersetzen muss.
Deshalb lebe ich lieber in meiner eigenen Realität, erschaffen aus meinen Gedanken, die eng verknüpft sind, mit all den Leben, die ich durch Serien, Filme, Animes, Lesen und Schreiben lebe.
Ich mag diese Realität. Sie gefällt mir deutlich besser, als die Du-solltest-dich-um-deine-Zukunft-kümmern-und-hast-so-gut-wie-keine-Freunde Realität. Wer würde auch schon gerne in so einer Realität leben wollen?
Damit will ich nicht sagen, dass die Realität ein schrecklicher Ort ist. Sie hat sehr viele negative Aspekte, aber sie hat auch schöne. Zum Beispiel gibt es solche Momente, in denen die Welt einfach wunderschön wirkt – die Natur, das Bild einer Stadt bei Nacht aus einem Flugzeug, das türkise Wasser am Strand von Mallorca, eine Umarmung und ein Lächeln, ein klärendes Gespräch mit gutem Ausgang.
Die Realität kann durchaus ein schöner Ort sein, aber ich denke, dass es für mich besser ist, sie nicht zu nah an mich heran zu lassen. Ich wahre also eine gewisse Distanz zur Realität, das macht es auch leichter mit ihr umzugehen, denn so kann ich sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten und mich leicht in andere hineinversetzen.
Trotzdem fürchte ich mich davor, dass die Realität eines Tages über mich hereinstürzen wird und dieser Tag könnte früher kommen, als mir lieb ist.
Mit jedem Tag, mit dem wir altern und uns weiter von dem Tag entfernen, an dem wir geborgen wurden, verlieren wir ein Stück unserer selbst erschaffenen Realität. Kinder schaffen es wohl am besten in ihrer und der wirklichen Realität zu leben, während die Jugendlichen unserer heutigen Zeit dazu neigen, sich ihre eigenen Welten zu erschaffen, doch sobald sie ''erwachsen'' sind oder zumindest von ihnen erwartet wird, sich zu verhalten, als wären sie erwachsen, stürzen diese Welten ein, sie fallen in sich zusammen und lösen sich in Nichts auf.
Ich will nicht, dass mir das passiert. Ich werde mit aller Macht an meiner selbst erschaffenen Realität festhalten, denn nur so kann ich die wirkliche Realität überstehen.
Das hat nichts mit Leugnen oder Verdrängen zu tun. Ich weiß sehr wohl, was die wirkliche Realität ist und ich kann über Politik und die kompliziertesten Dinge reden, wenn ich muss, auch wenn ich darin keinen sonderlichen Sinn sehe. Meine eigenen Realität ist einfach meine Weise mit der wirklichen Realität umzugehen.
Scheint, als hätte ich meine Antwort gefunden. Manchmal braucht es nicht mehr als das – ein paar Minuten stillen, konzentrierten Denkens und das Ordnen seiner Gedanken.

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