Montag, 4. September 2017

Frei

Ein so simples Wort. Nur vier Buchstaben. Eine Silbe. Es ist schon fast unscheinbar und doch trägt es eine solch große Bedeutung und hat stets diesen verlockenden Klang, dieses Flüstern der Sehnsucht. Und da ist immer ein bestimmtes Bild, wenn dieses Wort gesehen, gehört, gesprochen wird.
Dieses Bild mag für jeden etwas anderes sein, ist von Situationen und Wünschen abhängig, natürlich. Freiheit ist für jeden etwas anderes, also ist auch dieses Wort für jeden etwas anderes, die Bedeutung ist für jeden anders.
Dennoch klingt es stets wie Durchatmen, wie Aufleben und wie Rennen, Schweben, Fliegen. Es ist das Gefühl, was man haben könnte, wenn man alles zurück, alles loslässt, was einen runterzieht, was sich wie Steine auf die Brust legt und das Atmen erschwert. Es ist der Gedanke, alle Sorgen abzulegen, alle Zweifel vom Wind davon tragen zu lassen.
Es ist das Bedürfnis, einfach nur zu sein und zwar nicht mehr und nicht weniger als das, was man ist.
Freiheit wäre, keine Angst mehr haben zu müssen. Freiheit wäre, sich nicht zu irgendetwas gezwungen zu fühlen. Freiheit wäre, keinen Druck von außen zu spüren. Freiheit wäre, einfach leben zu können.

Ich versuche das – einfach zu leben und frei zu sein. Ich versuche zu tun, was ich tun will und zu sein, wer ich sein will.
Ich versuche mit der Zeit zu tanzen und nicht gegen sie an zu schwimmen. Ich versuche meinen Wünschen nachzugeben und meine Träume zu leben. Ich versuche, ich zu sein und mich zu finden, mich immer wieder neu zu entdecken, besser und mehr zu werden. Ich versuche...
Doch dieses Frei, wie nah ich ihm auch vielleicht kommen mag, es wird stets immer ein kleines Bisschen zu weit entfernt sein. Es wird immer wie der Horizont in der Ferne sein – wunderschön und voller Farben und Möglichkeiten. Dort, wo ich bin, mag es ähnlich schön sein, aber es wird nie so sein, wie dort hinten, wo ich nichts sein oder tun muss, was ich nicht will.
Es wird stets dieser Geschmack auf meiner Zunge sein, nachdem ich mich sehne, obwohl ich ihn noch nie geschmeckt habe. Eine Berührung, die kribbelt, mich lebendig fühlen lässt – lassen würde, denn es ist nur in meinem Kopf. Eine Idee, eine Vorstellung. Weit weit entfernt von der Wirklichkeit.

Frei... Ist es letztendlich nicht doch nur ein Wort? Ein Wort wie jedes andere? Aber wenn jedes Wort wie jedes andere wäre, wozu gäbe es verschiedene Worte? Wenn jedes Wort irgendetwas bezeichnet, eine bestimmte Bedeutung hat und somit auch mit einem bestimmten Gefühl verknüpft ist, dann muss doch etwas dahinterstecken, etwas wahres an diesem Bedürfnis nach Freiheit dran sein.
Ich möchte frei sein, denn frei sein, wäre glücklich sein. Ich möchte glücklich sein. Ich möchte zufrieden sein. Ich möchte leben.
Aber leben ist nicht Freiheit und glücklich und zufrieden sein erfordert Arbeit, Anstrengung, Erfolg und in unserer Welt auch Geld.
Ich kann nicht leben, kann nicht frei sein, diesem Gefühl nachgehen, wenn ich nicht... Wenn ich es mir nicht verdiene. Wenn ich nicht Energie dafür aufbringe. Wenn ich mich nicht bemühe. Wenn ich nicht genug bin.
Und alles, was ich tun kann, um meine Vorstellung von frei und von einem glücklichen Leben zu erreichen, würde mir neue Ketten anlegen. Ketten, die mich langsam aber sicher ersticken würden. Ketten, die ich immer wieder zu durchbrechen versuchen würde und doch würde ich mich nie vollkommen von ihnen befreien können. Sie sind jetzt schon da, diese Ketten, waren sie schon immer. Sie werden nicht verschwinden. Sie werden mich immer fesseln.
Ich werde nie frei sein, nie vollkommen, nie wirklich. Ich werde mich immer nur danach sehnen, in den Himmel blicken, mir weite Felder oder einen leeren Strand mit dem Rauschen des Meeres vorstellen und mir wünschen, dass ich sein könnte, was ich niemals sein werde, was ich nicht bin, weil es einfach nicht geht.

Es ist ein Hirngespinst, dieses Frei. Ein Traum. Ein schöner schöner Traum. Mein Traum von Perfektion. Und ja, da ist Schönheit in der Imperfektion, so viel Schönheit. Schönheit, die blendet. Schönheit, die vielleicht tatsächlich besser ist als die richtige Perfektion, als dieser Traum.
Denn letztendlich ist das doch Leben – diese Imperfektion, dieser Hauch von einer Möglichkeit, diese kleinen perfekten Momente, dieser Blick zum Horizont, dorthin, wo man hin möchte und wahrscheinlich niemals hinkommen wird.
Letztendlich ist es die Reise und nicht das Ziel, oder? Es ist alles, was dazwischen passiert. Alles, was nicht nur Kampf und Zwang und Druck ist. Alles, was einen lächeln lässt und einfach so glücklich macht. Alles, was immer vergessen und so schnell als nichtig abgetan wird.
Es ist das Träumen an sich, was schön ist. Selbst wenn es für immer Träumen bleiben wird.

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