Dear Sweet Heart.
In vielen
Punkten bin ich sehr, sehr widersprüchlich.
Das ist oft,
als hätte ich zwei Persönlichkeiten oder sogar noch mehr. Ich
betrachte viele Dinge von ganz unterschiedlichen Seiten, aus ganz
verschiedenen Perspektiven.
Deshalb habe
ich manchmal gar keine wirkliche Meinung bei bestimmten Dingen,
zumindest keine Sofortige. Da ist es das Leichteste, sich der Meinung
eines anderen anzuschließen, was ich nicht selten tue bzw. tat.
Dieses Verhalten gehört mit zu dem, was ich gerne ändern würde.
Dazu müsste
ich allerdings erst einmal diese ganze Zerrissenheitssache in den
Griff bekommen.
Dinge sowohl
von außen, neutral und von mir selbst aus zu betrachten ist nur ein
Teil des Ganzen.
Unter anderem
geht es auch darum, positiv und negativ eingestellt zu sein. Dabei
ist die negative Einstellung meist die Leichtere. Ich muss nur
nachgeben und all die schlechten Erfahrungen, die ich gemacht habe,
all der Schmerz und die Traurigkeit und die Einsamkeit würden mich
überwältigen, mit sich reißen und ertränken
Ich weiß, wie
es sich anfühlt, nur das Schlechte zu sehen und quasi daran zu
verzweifeln, denn es gab Momente und Situationen, wo es unmöglich
war, gegen den Schmerz anzukämpfen.
Doch man kann
sich herauskämpfen, mit aller Kraft. Ich habe mich herausgekämpft,
mehr als einmal. Es macht stärker, das Kämpfen und die gewonnene
Erfahrung. Inzwischen kann ich das spüren.
Jetzt setzte
ich alles daran, das Positive zu sehen, immer.
Aber ich kenne
eben auch das Negative und es lauert, um jede Sekunde zurück zu
kommen.
Ich spreche mir
Mut zu, obwohl es meist so viel leichter wäre, die Welt einfach als
brutal und unfair anzusehen, was sie in vielerlei Hinsicht auch ist.
Aber ich will das Positive
sehen. Und darauf kommt es bei einer Einstellung an, nicht?
Vielleicht
tröste ich mich damit auch nur selbst. In dem ich mir sage, dass
Alles besser werden wird und meine Zeit schon noch kommen wird und
ich meine Ziele erreichen kann, wenn ich es nur will, belüge ich
mich am Ende vielleicht selbst.
Das
kann ich nicht wissen. Aber ich denke, es ist immer besser, positiv
an etwas heranzugehen, als es von vornherein schlecht zu reden.
Woher
willst du wissen, ob du etwas kannst, wenn du es nie probiert hast?
Nur, weil es nicht zu dir zu passen scheint? Das ist doch auch nur
eine Ausrede entstanden aus Feigheit und Angst vor Neuem und
Unbekanntem.
Das
ist ein weiterer Punkt: der ewige Kampf zwischen Angst und Hoffnung.
Ich
hoffe immer. Immer. Immer. Immer. Was bleibt einem sonst? Doch allzu
oft folgt auf Hoffnung Enttäuschung und diese Angst vor der
Enttäuschung oder der Blamage oder was auch immer, siegt manchmal
über den Mut, den die Hoffnung mit sich bringt.
Bei
mir siegt bzw. siegte die Angst viel zu oft. Ich bin kein mutiger
Mensch. Ich habe Angst, immer. Aber, wie geschrieben, ich habe eben
immer auch Hoffnung und das bedeutet Hoffnung darauf, dass die
Hoffnung siegt. Es kostet dann Überwindung und Kraft, aber ich kann
die Angst besiegen.
Mit
einer positiven Einstellung und reichlich Überwindung zu genug Mut
kann man so gut wie alles besiegen.
Daran
glaube ich. Oder daran will ich zumindest glauben.
Das
ist auch ein weiterer Punkt.
Manchmal
weiß ich nicht, ob ich wirklich an etwas glaube oder nur daran
glauben will.
Ich
fühle mich völlig ungeformt. Ja, unerfahren. Was weiß ich schon?
Aber
ich glaube, selbst wenn ich in manchen Dingen etwas Erfahrung hätte,
wäre ich noch genauso naiv, nicht zu wissen, was ich glauben und
woran ich mich halten soll und was ich eigentlich genau fühle und
denke. Es ist immer ein einziges Chaos in meinem Kopf.
Mir
steht das oft im Weg, diese Zerrissenheit und es ist etwas, was mich
stört und woran ich arbeiten sollte. Aber, wie so ziemlich alles,
hat es auch Vorteile.
Ich
würde mich als sehr verständnisvoll bezeichnen. Ich kann nahezu
jede Situation und Reaktion nachvollziehen und ich glaube, ich bin in
dem Punkt so weit, dass ich fast jedem einräumen würde, nicht
selbst Schuld zu sein, weil es immer irgendeinen tiefgehenden
Auslöser, einen Grund gibt.
Das
heißt nicht, dass ich grundsätzlich alles entschuldige und
toleriere. Nein, ich habe schon einiges, von dem ich überzeugt bin
und empfinde Dinge für falsch oder richtig.
Aber
es gibt eben immer mehrere Seiten.
Wie
so viele Menschen vergesse ich das manchmal und urteile vorschnell.
Aber gleich danach schalten sich immer meine Gedanken ein und ich
gerate ins Grübeln und stelle meine Meinung in Frage, weil es im
Grunde gar nicht meine Meinung ist, sondern nur das, was mir als
erstes in den Kopf kam.
Vielleicht
ist genau das aber auch am Ende meine Meinung?
Ich
weiß es nicht. Der erste Gedanke kann der Richtige, aber auch der
Falsche sein. Vielleicht kann ich mich selbst deshalb oftmals nicht
einschätzen und kenne mich nur in bestimmten Hinsichten sehr gut,
sodass ich meine Reaktion vorher weiß.
In
jedem Fall denke ich, dass ein Mittelweg der Schlüssel zu allem ist.
Zu
viel Zerrissenheit schmerzt nur und verwirrt und macht es unmöglich,
Entscheidungen zu treffen, womit ich im übrigen auch Probleme hab.
Aber ohne die Möglichkeit, Etwas aus mehreren Perspektiven zu
betrachten, würde ich nicht nur an Verständnis einbüßen, sondern
auch dieses weitreichende Denken verlieren, zu dem ich fähig bin und
dass es mir ermöglicht, so komplex zu denken und mich selbst zu
verwirren und mich ständig in andere Gedankengänge zu verstricken.
Ich
muss nämlich schon sagen, wie nervig es auch sein kann und wie sehr
ich manchmal dagegen ankämpfen muss, ich mag diese Zerrissenheit,
dieses Widersprüchliche irgendwie.
Es
ist ein Teil von mir. Ohne die Zerrissenheit wäre ich nicht, ich
selbst.
Ich
bin gespannt, was das, was zukünftig in meinem Leben passieren wird,
aus diesem Durcheinander machen wird.
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