Nicht ''was wäre''
sondern ''was sein könnte'' ist ein Gedanke, der mich manchmal
überwältigt mit allem, was nach dieser simplen Frage kommt. Ich
sehe so viel, wenn ich mich schlicht frage: „Was könnte sein?“
Da ist Potential.
Da ist so viel Potential in allem. Da ist so viel Potential in mir.
Und ich meine das nicht auf eine arrogante Weise. Es ist etwas, das
ich fühle und etwas, an das ich wahrhaftig glaube. Ja, ich glaube
wahrhaftig an mich selbst, tief in mir tue ich das. Er ist nur zu oft
viel zu vernebelt, dieser Glaube. Es ist so leicht, ihn zu bedecken,
ihn von mir abzuschirmen. Aber er ist immer da. Tief in mir ist er
immer da. Und dieser Glaube ist es, der mich weitermachen lässt, der
mich festhalten lässt, der mich hoffen und träumen lässt, der mich
Chancen ergreifen lässt, der mich davon abhält, aufzugeben.
Ein bisschen
treibt er mich immer in den Wahnsinn, dieser Glaube. Wie mit so
vielem, was mich betrifft, ist es ein zweischneidiges Schwert. Die
Möglichkeiten sind... verrückt. Und sie sind endlos. Eine
Millionen Wege wie mein Leben sich entwickeln könnte. Eine Millionen
Wege, die ich gehen könnte. Eine Millionen Wege, auf denen ich
verloren gehen kann. Und oh, ich bin so verloren!
Ich weiß in etwa, was ich will, was ich tun möchte,
was mich glücklich machen kann, was ich brauche. Das ist gut. Es
macht Dinge nicht automatisch einfacher, aber es gibt mir eine
gewisse Richtung, einen gewissen Sinn, wenn ich mich frage „Wo
lang?“. Aber das spielt nicht wirklich eine Rolle, wenn ich all
diese Möglichkeiten sehe.
Die Möglichkeiten sind nicht immer über meine Träume,
darüber wohin ich gehen möchte. Sie sind alles – all die Straßen,
die ich hätte gehen können und es nicht tat; all die abzweigenden
Gassen, die waren oder hätten sein können und sogar jene, die
niemals waren und jene, die ich nicht sah und noch immer nicht sehen
kann; alle davon. Auch die Zukunft, natürlich die Zukunft.
Die Vergangenheit ist schon geschrieben, in Stein
gemeißelt, nichts dass in der Hinsicht getan werden kann. Die
Zukunft andererseits ist eine leere Seite und du könntest alles auf
sie schreiben. Alles. Und das ist der Punkt, die Antwort auf die
Frage „Was könnte sein?“ – Alles.
Dieser einfache Fakt haut mich manchmal um. Vor allem
wenn ich mich in meinem eigenen Leben, in meiner eigenen Haut wieder
gefangen fühlte. Wenn mich diese Erkenntnis erfasst, ist es wie
Aufwachen, als könnte ich endlich klar sehen. Nichts macht mich
länger blind. Ich kann alles sehen. Und es ist unglaublich toll. Es
sprengt meinen Verstand. Es ist... na ja, alles. Einfach nur all das
sehen und fühlen zu können, lässt mich bereits auf eine Weise
lebendig fühlen wie nichts anderes es kann. Aber da hört es noch
nicht auf.
Wenn ich alles sehe und fühle, kann ich auch daran
glauben – daran, dass ich all das tun kann. Ja, ich kann alles tun.
Was auch immer ich tun möchte, ich kann es tun! Ich könnte, ich
könnte es tun. Zu sagen ''ich kann'' geht ein bisschen zu weit.
''Ich kann'' ist nochmal eine ganz andere Sache. Aber ich könnte,
ich kann alles sehen und fühlen und ich könnte alles davon tun. Oh,
ich könnte! Von all diesen endlosen Möglichkeiten, diesen zahllosen
Wegen könnte jeder tatsächlich sein. Nichts ist unmöglich. Klar,
manche Dinge sind ein bisschen wahrscheinlicher als andere, aber du
kannst nie wissen, wo du enden magst, was passieren mag.
Angsteinflößend, ich weiß. Aber wenn ich davon
überwältigt bin, was alles sein könnte, habe ich keine Angst. Ich
habe dann vor nichts Angst. Und das mag das unglaublichste sein, was
sein könnte – mich frei von Angst zu fühlen, es auf gewisse Weise
sogar zu sein. Weil ich es nicht bin. Ich bin nicht frei von Angst.
Manchmal überwinde ich meine Ängste und ich bin so stolz auf mich,
wenn ich das schaffe, aber sie sind immer da und immer laut, all
meine schreienden, schmerzenden und erschwerenden Ängste.
Nur für einige, seltene Momente sind die Möglichkeiten
stärker, heller und schreien mit so viel mehr Leidenschaft, erzählen
Geschichten über wundervolle Was könnte seins. Ich lebe für sie,
für die Was könnte seins. Ich lebe dafür, über sie zu träumen
und sie zu realisieren, die besten von ihnen; diejenigen, die mein
Herz mit feuriger Aufregung und reiner Freude höher schlagen lassen.
Ich lebe für dieses Potential, an das ich glaube; von dem ich weiß,
dass es da ist, weil es in jedem ist.
Das Schwierige ist, es hervorzubringen und festzuhalten.
Ich möchte, so stark ich kann, daran festhalten. Auch wenn es gar
nicht zerbrechen kann und... ich nicht wirklich denke, dass ich
dieses Potential je tatsächlich erreichen kann. Ich kann es nur
versuchen und versuchen und versuchen und vielleicht komme ich ihm
langsam näher. So wie ich langsam meinen Weg durch dieses Leben
finden mag.
Es ist vergraben, mein Potential, jedes Potential. Es
ist niemals leicht zu erreichen, niemals auf der Oberfläche, niemals
stabil, niemals genau da, immer weit weit weg am Horizont. Und
manchmal ist es zu nebelig oder dunkel, um zu sehen oder manchmal mag
man in die falsche Richtung schauen. Manche werden es ihr ganzes
Leben lang nicht finden. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich es
sehen kann.
Dieses Verschwommene am Horizont... Es könnte alles
sein. Es könnte nichts sein, nur ein Trick. Es könnte... Ich
könnte... Es könnte alles dumm sein und ich arbeite auf ein Nichts
zu. Wer weiß? Ich auf jeden Fall nicht. Aber wie ich schon sagte,
ich glaube daran. Und ich fühle es. Das Gefühl kann so stark sein,
dass es sogar meine größten Ängste überwältigt. Und ich bin mir
sicher, dass es mir geholfen hat, einige meiner wichtigsten
Entscheidungen zu treffen. Es hat mich über Klippen getragen, über
die niemals eine Brücke hätte gebaut werden können, auf jeden Fall
nicht ohne seine Hilfe. Ich weiß nicht, wie ich diese Dinge sonst
gemeistert hätte.
Also muss da etwas Wahrheit in meinem Glauben sein, in
diesem Gefühl, in diesem Potential. Auch wenn alles, was es
tatsächlich tut, ist, mir Kraft und dieses bisschen Mut, das den
entscheidenden Unterschied macht, zu geben. Manchmal ist das alles,
was es braucht.
In dieser Hinsicht ist es eins der besten Dinge
überhaupt, aber da ist auch diese andere Seite. Die Seite, die einen
unter Druck setzt. Die Seite, die einen fühlen lässt, als würde
man auseinander- und aufgerissen werden. Die Seite, die einem ins Ohr
flüstert: „Du wirst deinem Potential niemals gerecht werden.“
Die Seite der Zweifel, die automatisch mit all dem guten Zeug kommt.
Weil dort, wo Potential ist, ist immer auch eine hohe
Chance für großes Versagen. Egal wie sehr ich an mein vielleicht
existentes Potential glaube, ich komme an dieser Chance des Versagens
nicht vorbei. Ich kann es nicht ignorieren. Falls das Potential real
ist, ist das Versagen es auch. Sie gehen Hand in Hand.
Eigentlich... versage ich so oder so. Ich kann mein
wahres Potential niemals erreichen, richtig? Also werde ich immer
versagen, egal was sein wird. Der Druck zu sein, was ich sein könnte,
ist der größte Druck, den ich kenne. Der gesellschaftliche Druck
ist schrecklich und ich hasse es, aber der Druck des Potentials ist
noch größer. Es wird mich am Ende zerbrechen, weil ich eines sicher
weiß: Ich kann niemals alles sein, was ich sein könnte. Ein Leben
ist dafür nicht genug. Nicht einmal alle Zeit der Welt wäre genug.
Deshalb heißt es Potential. Es ist etwas, das sein
könnte und nicht etwas, das ist oder jemals sein wird. Auf gewisse
Weise ist es alles, was niemals sein wird. Es ist nur das Potential
von dem, was sein könnte. Es ist da, aber es ist nicht da. Es ist
gerade so außer Reichweite, du kannst es gerade so fühlen, es als
Verschwommenes am Horizont sehen. Weil es kein Ziel ist und niemals
eines sein kann. Ein Ziel kann erreicht werden. Potential hingegen
ist nicht konkret, ist kein bestimmtes Etwas.
Potential ist ein Ideal; das Beste, was man sein kann;
das meiste, was man aus sich selbst machen kann. Das, was es mit
einem Ziel gemeinsam hat, ist, dass man darauf hinarbeiten kann. Es
kann das sein, was uns voranbringt, besser zu sein, als wir es
gestern waren. Es ist wahnsinnig und der Druck davon mag eine
vernichtende Kraft haben, aber es ist und wird immer an uns selbst
liegen, das Beste daraus, das Beste aus uns selbst zu machen.
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