Dear Sweet Heart.
Was,
wenn es eine Möglichkeit geben würde, alles tun zu können, was
noch tun will? Eine Möglichkeit, jedes Buch zu lesen, jede Serie,
jeden Anime zu schauen, jedes Game zu spielen, jeden Film zu sehen,
all die Zeichnungen zu zeichnen, all die Bilder zu malen, all die
Lieder zu schreiben und zu singen, all die Gedicht zu verfassen, all
die Schreibideen umzusetzen, alles mögliche zu basteln, all die Orte
zu sehen, all die Instrumente zu meistern, all die Sprachen zu
lernen... Eine Möglichkeit, das Alles zu schaffen, in einem Leben.
Ich
hab erst im letzten Dear Sweet Heart Post darüber geschrieben, dass
das nicht geht und warum das nicht geht und warum das auch irgendwie
gut ist. Wir brauchen Prioritäten. Uns kann nicht alles gleich
wichtig sein. Das wäre auch unnötig. Es wäre langweilig.
Wenn
du alles machen könntest, würden all diese Dinge sehr schnell an
Bedeutung verlieren.
Wäre
man unsterblich, hätte man Unendlichkeiten, Ewigkeiten Zeit für
Alles, würde man sich auch ewig Zeit für alles nehmen, bis alles in
der nicht endenden Zeit versinken, verwischen und schließlich
verschwinden würde. Nichts hätte mehr eine Bedeutung.
Und
dennoch! Dennoch will ein Teil von mir das!
Nicht
die Bedeutungslosigkeit natürlich, aber die Möglichkeit, alles tun,
alles schaffen zu können. Die Möglichkeit, sich nicht stressen zu
müssen, weil man so viel zu tun hat und irgendwie nichts auf die
Reihe bekommt. Die Möglichkeit, sich entspannen zu können und es
nicht später bereuen zu müssen, weil man wieder nicht das getan
hat, was man eigentlich hätte tun sollen. Die Möglichkeit,
unendlich viele Bücher lesen zu können. Die Möglichkeit, Serien
und Animes wie verrückt zu suchten. Die Möglichkeit, Games
stundenlang zu spielen. Die Möglichkeit, einfach mal Zeit zu haben!
Wir
haben nie Zeit. Wir müssen immer irgendetwas tun, irgendetwas
schauen, irgendetwas lesen, zur Toilette, schlafen, essen, daran
denken, diesen Termin nicht verpassen, sich darum kümmern, das
Lernen, dies tun, jenes tun... Diese endlose, endlose Liste.
Sie
ist gut, diese Liste! Wir brauchen sie. Wir müssen etwas tun. Nicht
zu viel und die richtigen Dinge und wie genau das geht und was genau
das ist, müssen wir natürlich auch noch herausfinden, aber es sind
nicht all diese Dinge, die schlecht sind.
Was
schlecht ist, ist der Druck. Was schlecht ist, ist die Zeit, die uns
durch die Finger rinnt, die uns Dinge bereuen lässt, die Dinge
verändert und verstreichen, verschwinden lässt.
Ja,
wir brauchen den Moment. Ja, es ist gut, dass unser Leben irgendwann
endet. Es ist sinnvoll. Es ist nur gerecht. Wir können nicht alles
tun und das sollten wir auch nicht können.
Doch
im gleichen Moment ist es so unfair, so furchtbar! Warum müssen wir
wählen? Warum müssen wir Entscheidungen treffen? Warum können wir
nicht einfach alles? Denn wie sollen wir denn wissen, was wir bereuen
werden und was nicht? Wie sollen wir wissen, was das Richtige für
uns ist? Wie sollen wir schaffen, nicht auf einer Insel zu stranden,
in einem Meer aus Möglichkeiten, in dem sich jeden Meter eine Insel
befindet, die natürlich so bewachsen ist, dass man sie erst
erforschen muss, um festzustellen, dass man dort nicht ganz richtig
ist?
Warum
könnten wir uns nicht stattdessen in dem Meer aus Möglichkeiten
verlieren, darin ertrinken? Wäre das zu viel, Reizüberflutung? Ja,
wahrscheinlich.
Wir
können eben nicht alles tun. Wir können es einfach nicht.
Und
doch würde ich so gerne! Ich würde mich so gerne in so vielen
Dingen verlieren, aber es ist einfach keine Zeit dafür! Die Zeit
vergeht viel zu schnell. Alles ist viel zu kurz, viel zu vergänglich.
Nichts ist von Dauer.
Und
ja, selbst in einem endlosen Leben wäre nichts von Dauer, zumindest
nicht, wenn ich die einzige Person mit einem endlosen Leben wäre.
Die Dinge würden einfach an mir vorbeiziehen und ich wäre leblos,
starr, hilflos. Ich wäre dennoch der Zeit ausgeliefert. Es gibt kein
Entkommen. Der Zeit kann man nicht entfliehen.
Aber
dem Zeitdruck, dem könnte ich entfliehen, auf gewisse Weise. Manche
Dinge sind beständig. An manchen Dingen könnte ich mich
festklammern. Ich könnte vieles schaffen. Es gibt so vieles zu
entdecken. Ich könnte mich mit Wissen, mit Geschichten und Welten
anfüllen, bis ich platze. Ich könnte alles tun. Alles.
Allein
die Vorstellung dieser Möglichkeit, finde ich so faszinierend, dass
ich nicht anders kann, es zu wollen. Wie schrecklich es auch in
vielerlei Hinsicht wäre, aber es wäre einfach so unglaublich cool!
All
die Möglichkeiten. All die Zeit. All die Zufriedenheit, die man sich
selbst endlich verschaffen könnte.
Es
wäre ein trauriges Leben, sicher. Aber man könnte es irgendwie
schaffen, sich die Schönheit zu bewahren. Man könnte es irgendwie
schaffen, es nicht trist werden zu lassen. Es gibt so vieles in
dieser Welt. Ich bin mir sicher, dass diese Welt sich genauso endlos
mit Dingen füllt, dass man sich selbst in einem endlosen Leben nie
langweilen müsste, wenn man es richtig anstellt.
Und
ganz ehrlich, selbst diese traurige Seite, dieses Leid, das mit
Unsterblichkeit, einem endlosen Leben einhergehen würde, fasziniert
mich irgendwie.
Ich
weiß nicht, vielleicht bin ich einfach zu jung. Vielleicht sehe ich
einfach zu viel und dennoch nie genug. Vielleicht ist es für mich so
faszinierend, weil mein Leben gerade erst anfängt und ich in
gewisser Weise nicht so recht weiß, wohin oder was genau mich
dorthin bringen könnte und ob ich dort überhaupt wirklich hin will.
Manchmal
habe ich das Gefühl, alles viel zu klar zu sehen, die Größe, die
Möglichkeiten und dann überwältigt es mich einfach, stürzt mich
eine Klippe runter in einen verschlingenden Ozean, zieht mich mit
sich und ich kann mich nicht wehren, bin hilflos dagegen und ich
liebe es, alles davon.
Wie
seltsam das auch klingen mag, aber in gewisser Weise liebe ich sogar
die Verzweiflung, die mit all dem kommt.
Das
ist das Leben.
Ich
spüre es so deutlich, dieses Leben und ich will es so sehr, alles
davon, alles! Es macht mich manchmal irre! Ich will einfach alles,
aber es geht nicht. Ich kann nicht alles haben. Ich kann nicht alles
lesen, nicht alles schauen, werde ich auch nie können und das ist
okay. Das ist okay.
Leben.
Ich will leben.
Ich
muss noch lernen, wie genau das funktioniert und ich werde es wohl
nie wirklich können, niemand. Keiner kann Meister darin werden, zu
leben. Das geht nicht. Man kann nur glücklich sein, irgendwie, hin
und wieder. Man muss auch traurig sein. Leben eben.
Also
ich möchte unsterblich sein und ich möchte es nicht sein. Ich
möchte wissen, wie man lebt und ich möchte es nicht wissen. Ich
will meinen eigenen Weg finden, aber ich will auch Hilfe. Ich will
nicht alleine sein und doch will ich es die meiste Zeit. Ich will
verschwinden und gleichzeitig will ich gesehen, gehört und
verstanden werden.
Am
liebsten würde ich explodieren!
Ich
will leben. Einfach nur leben. Bloß eben ohne ''nur'' und ohne
''einfach''. Oder doch mit? Beides. Mit und ohne.
Alles.
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