Dear Words.
Seit
über einem Monat inzwischen schreibe ich wieder Tagebuch. Ich
glaube, selber wäre ich nie auf diese Idee gekommen, obwohl ich als
Kind hin und wieder Tagebuch geschrieben habe und es auch später
noch ein paar Mal versucht habe und dann habe ich mal versucht, mein
Leben und meine Ansichten in irgendeiner lustigen Form
niederzuschreiben, aber ich hab alles mehr oder weniger schnell
wieder aufgegeben und danach auch nicht mehr ganz so viel dran
gedacht.
Dann
hat mir meine Freundin von diesem einen Seminar an der Uni erzählt,
bei dem es um das Schreiben von Tagebüchern geht – um die
veröffentlichten Tagebücher einiger Personen, um die verschiedenen
Formen von Tagebüchern und so weiter und so fort.
Und
woah, bin ich froh, mit ihr dorthin gegangen zu sein und nach wie vor
hinzugehen.
Allein
schon die Tatsache, dass es von einem Lektor geleitet wird und in
einem Verlag stattfindet, sagt schon alles. Zusätzlich ist der
Lektor unheimlich nett und offen und wir sind eine kleine, süße
Runde und reden die ganze Zeit übers Schreiben und ach, einfach
wundervoll.
Wir
haben tatsächlich die Aufgabe, selbst Tagebuch zu führen, was uns
am Ende des Seminars auch diese Art Schein einbringen kann (auch wenn
ich bei diesem Seminar momentan wirklich nicht weiß, für was genau
von den Studien-Sachen, die ich tun muss, ich diesen Schein dann
bekomme). Also, ja, deswegen schreibe ich wieder Tagebuch, was ich
relativ gut hinbekomme und auch ziemlich cool ist. Ich liebe es,
Bilder für mein Tagebuch zu machen und auch einfach rückblickend zu
sehen, was passiert ist, Erinnerungen festzuhalten und zu sammeln,
ein Erinnerungsbuch.
Gestern
war es dann soweit, dass jeder einen Part zum Vorlesen und Kopieren
in der Runde mitbringen sollte und ahhhhhhhhhhh!
Das
hat mich echt nervös gemacht. Ich habe auch das Raussuchen des
Teils, den ich vorlesen möchte, ewig aufgeschoben und es eine
Stunde, bevor ich zu dem Seminar losgefahren bin, gemacht.
Und
dann war der erste Text, der vorgelesen wurde, so unheimlich toll und
ich sollte natürlich gleich danach und wollte zuerst nicht
wirklich...
Wie
überrascht und erleichtert ich war, als ich fertig war und mein
Tagebuchausschnitt tatsächlich gut angekommen ist.
Mit
Fanfiktions ist es eine Sache, mit eigenen Geschichten nochmal eine
andere, mit Blogposts ebenso und auch mit meinem Gefasel in Youtube
Videos – doch Tagebuch, diese persönlichen, vor dem Bett gehen
quasi ungefiltert geschriebenen Gedanken ohne irgendeinen konkreten
Hintergrund und wie trivial und unbedeutend und stumpf formuliert sie
mir selbst vorkamen, dafür dann Komplimente zu bekommen, das ist
echt ein unglaubliches Gefühl.
Ich
kann es jetzt immer noch nicht glauben und denke die ganze Zeit, dass
die Leute nur nett sein wollten.
Mit
der Zeit habe ich mir aus irgendeinem Grund angewöhnt, mein
Geschriebenes ziemlich runterzuspielen. Ich gebe mir so gut wie immer
große Mühe und mir bedeutet mein Geschreibsel sehr viel, es macht
so viel von mir selbst aus und verdammt, ich bin sehr sehr stolz auf
all den Kram, den ich schon geschrieben habe und wo mich das alles
persönlich hingebracht hat und ich freue mich jedes Mal riesig, wenn
ich andere Menschen mit meinen Worten berühren kann und sie damit
glücklich machen kann.
Aber
ich habe kein überragendes Talent. Ich habe zur Zeit ja nicht einmal
wirklich Disziplin. Ich schreibe momentan kaum! Oder zumindest fühlt
es sich so für mich an.
Vor
allem hat es mich echt geflasht, das genau das, was mich etwas
gestört hat an meinem Tagebuch-Zeug, das war, was der Lektor als gut
empfinden hat – die Tatsache, dass ich sehr unkonkret geblieben bin
und nicht direkt benannt habe, worüber genau ich eigentlich
geschrieben habe, worum es eigentlich ging.
Das
ist irgendwie eine Angewohnheit. Ich tue das auch sehr oft in meinen
Blogposts, wenn ich so vor mir hin philosophiere. Es ist ein gewisser
Selbstschutz und manchmal auch der Schutz anderer Personen und ich
denke, zumindest beim Schreiben solcher Blogposts, oft an die Leute,
die es lesen werden und möchte, dass sie sich damit genauso
identifizieren können und es nicht nur auf mich persönlich und
meine Situation bezogen ist.
Die
andere Sache war, dass mir durch dieses Besprechen meines
Tagebuchausschnitts und diese Sichtweise anderer Menschen darauf,
Dinge klar geworden sind, die ich vorher gar nicht gesehen und nicht
wahrgenommen habe.
Dieses
Unkonkretsein, was ja doch eigentlich durchaus seine Berechtigung
hat, wo ich zuvor aber dachte, es könnte etwas sehr negatives sein,
ist nur eines davon.
Mir
ist zum Beispiel auch aufgefallen, dass die vier Tage, deren Einträge
ich vorgelesen habe, doch irgendwie ein gemeinsames Thema hatten,
sogar sehr deutlich erkennbar, was mir selber vorher gar nicht klar
war. Jetzt weiß ich, dass es etwas ist, worüber ich wirklich oft
nachdenke und das mich viel beschäftigt und das war wie eine Art
Erkenntnis. Es beruhigt mich auf gewisse Weise, gibt mir das Gefühl,
als könne ich jetzt klarer sehen.
Zuletzt
war da noch etwas, das mich wirklich berührt.
Das
Mädchen, das ihren Text zuerst vorgelesen hatte, von dem ich so
beeindruckt war, dass ich selbst eigentlich nicht gleich danach lesen
wollte, meinte, dass mein Text sie sehr beruhigt und motiviert hat,
weil ich viel davon geschrieben hatte, einfach mit Dingen anzufangen
und dass es nicht darum geht, Dinge zu tun, sondern dass das Beste zu
geben, genug ist. Sie hat gesagt, dass sie es sich anschauen und
nochmal lesen würde, wenn es ihr schlecht geht und sie sich dadurch
besser fühlen würde.
Sicherlich
kann das auch nur so daher gesagt sein, aber wie auch mit diesen
Komplimenten in Bezug auf meinen Text, sind es schon Leute, die sich
in gewisser Weise auskennen, die selber schreiben und viel lesen und
na ja, der eine ist eben sogar ein Lektor. Und ich glaube nicht, dass
diese Leute lügen und einem bloß schmeicheln würden. Das kann ich
mir nicht richtig vorstellen.
Diese
Art von Feedback ist wirklich faszinierend. Ich hatte so etwas noch
nie. Klar habe ich mich mit einigen Schreibfreunden ausgetauscht und
Feedback von Freunden bekommen, Leute über meine Geschichten
kennengelernt und all sowas, aber ich habe mich nie mit anderen, vor
allem fremden und auch ''erfahrenen'' Leuten hingesetzt und in dieser
Form übers Schreiben und über unsere Texte geredet.
Es
war auch total spannend, wie die anderen Tagebuchausschnitte aussahen
und wie unterschiedlich sie alle waren und was für Dinge diese
anderen Leute erleben und wie sie damit umgehen und es verarbeiten.
So viel Inspiration. Und auch so viel Erleichterung, wenn dann
gemeinsam über alles gesprochen wird und ach, wirklich schön.
Leider
ist dieses Semester ja so kurz und es sind nur noch vier Treffen. :/
Aber
ich werde auf jeden Fall eine ganze Menge aus diesem Seminar
mitnehmen, habe ich jetzt schon!
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